Von Eva Fischer 

Freitagabend

„Schatz, ich hatte heute eine unangenehme Unterredung und habe noch etwas Schreibkram zu erledigen, aber ich denke, so in einer Stunde bin ich fertig und komme nach Hause.“

„Fahr vorsichtig, Liebling!“

„Mach dir keine Sorgen! Der Feierabendverkehr ist vorbei.“

„Zu Hause erwartet dich auch eine Überraschung.“

„Ich bin müde, Schatz!“

„Weiß ich doch. Nein, ich denke an morgen. Da habe ich eine Grillparty geplant.“

„Ist das nicht etwas zu früh im April?“

„Nein, nein, der Wetterbericht hat 24 Grad versprochen.“

„Aber doch nicht abends, Schatz.“

„Sollte es zu kühl werden, können wir unsere Wärmepilze anschalten. Der Grill wärmt schließlich auch.“

„Aha. Was soll denn gegrillt werden? Würstchen? Koteletts?“

„Nein, kein Schwein! Ich dachte an Fisch. Gegrillter Aal ist momentan hip.“

„Ist der nicht zu fett?“

„Es gibt auch Lachsforelle, wer will. Dazu habe ich ein paar mediterrane Salate bei unserem Feinkostladen geordert. Megaleicht!“

„Aha. Und wen hast du eingeladen oder ist es ein Grillabend für uns zwei?“

„Nein, ich habe die Hartmänner eingeladen. Du weißt schon. Bei denen waren wir im Februar. Wir schulden ihnen eine Gegeneinladung.“

„Unbedingt, Schatz!“

„Außerdem können wir unsere neue Poolbeleuchtung einweihen.“

„Im Mai hätten sie auch im Pool schwimmen können.“

„Du bist so witzig, Liebling! Das liebe ich an dir. Bis später! Bussi!“

„Ja, bis später, Schatz.“

 

Freitagnachmittag

 

„Du bist schon da? Hat dich dein Chef eher aus den Klauen gelassen?“

„Hmm.“

„Was ist los, Tommi? Was machst du für ein Gesicht! Es ist Wochenende! Freuzeit! Gab’s Ärger?“

„Hmm.“

„Nun sag schon! Du weißt doch. Geteiltes Leid ist halbes Leid.“

„Ach, Susanne, bedränge mich jetzt nicht. Ich brauche einfach etwas Zeit, Dinge neu zu ordnen. Momentan herrscht Chaos in meinem Kopf.“

„So schlimm? Warum redest du nicht mit mir?“

„Ich kann nicht.“ ( Tommi bricht in Tränen aus. Susanne nimmt ihn erschrocken in den Arm.)

 

Freitagvormittag

 

„Herr Teschke, ich will nicht groß um den heißen Brei herumreden, aber die Bank sieht sich leider gezwungen, sich von Ihnen zu trennen.“

„Warum? Sind Sie unzufrieden mit mir?“

„Nein, nein, Sie leisten gute Arbeit.“

„Aber warum werfen Sie mich dann raus? Geht es der Bank schlecht?“

„Aufgrund der Niedrigzinsphase könnte es der Bank besser gehen. Aber nein. Wir machen noch Profit. Das ist nicht der Grund.“

„Was ist dann der Grund?“

„Ach, Sie wissen doch selbst. Um wirklich rentabel auch in der Zukunft  arbeiten zu können, muss das Personal abgespeckt werden.“

„Abgespeckt??“

„In jeder Abteilung müssen zwei Stellen eingespart werden. Weisung von oben. Das läuft nach dem Zufallsprinzip. Nehmen Sie es also nicht persönlich!“

„Aber ich bin eine Person, Herr Gellhorn! Ich habe gerade bei Ihrer Bank einen Kredit aufgenommen, weil ich ein Haus gebaut habe.“

„Auf den haben Sie selbstverständlich weiterhin Anspruch.“

„Und wie soll ich ihn zurückzahlen ohne Job?“

„Herr Teschke, wir bieten Ihnen auch eine Abfindungssumme an. Wie alt sind Sie?“

„Siebenundvierzig.“

„Na, sag ich doch. Blutjung! Sie finden bestimmt woanders etwas Geeignetes. Bei Ihren Fähigkeiten!“

„Sie wissen, dass dies Bullshit ist.“

„Ich verstehe Ihre Emotionen, Herr Teschke. Ich schlage vor, dass Sie erst mal darüber schlafen, ein erholsames Wochenende mit Ihrer netten Ehefrau verbringen. Danach sieht die Welt schon ganz anders aus. Ihre Frau arbeitet doch, oder?“

„Ja, halbe Stelle wegen unseres Sohnes.“

„Wie alt ist Ihr Sohn?“

„Er wird siebzehn.“

„Na, da kann Ihre Frau doch wieder voll arbeiten.“

„Unser Sohn macht bald Abi. Ich wollte ihn studieren lassen.“

„Herr Teschke, man kann nicht alles haben im Leben. Ich rate Ihnen, verkaufen Sie Ihr Haus. Das sollte uns die Bildung unserer Kinder wert sein.“

„Haben Sie auch Kinder, Herr Gellhorn?“

„Oh ja, zwei Mädchen und einen Jungen.“

„Und haben Sie ein Haus?“

„Selbstverständlich.“

„Und arbeitet Ihre Frau?“

„Selbstverständlich nicht.“

„Nein, denn Ihr Job ist sicher. Da können Sie sich jeden Luxus leisten!“

„Ich verstehe durchaus Ihren Frust, Herr Teschke, aber das bringt uns nicht weiter. Oder wollen Sie etwa, dass ich Frau Neumann entlasse? Sie ist alleinerziehende Mutter!“

„Sie sind  doch wirklich aalglatt, Herr Gellhorn!“

„Tut mir sehr leid, Herr Teschke. Ich habe einen wichtigen Termin. Betrachten Sie unser Gespräch hiermit als beendet. Schönes Wochenende noch!“