Von Franck Sezelli

»Meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich freue mich, Sie hier im schönen Lindau am Bodensee so zahlreich begrüßen zu dürfen. Ohne Übertreibung sage ich, dass wir heute gemeinsam eine Zeitenwende einläuten werden.«

Der gutaussehende Mann am Rednerpult schaute in den vollbesetzten Konferenzraum und ließ seinen Blick schweifen. Hunderte Augenpaare hingen an dem vertrauenswürdig wirkenden etwa Vierzigjährigen.

»Bevor ich zu unserem Hauptanliegen komme, möchte ich mich vorstellen. Ich bin Klaus Gerber, Ökonom, arbeite als Unternehmensberater und werde, wenn es bei den Absprachen der großen Mäzene unseres Vorhabens bleibt, den Vorsitz des Stiftungsbeirats übernehmen. Neben mir auf der Bühne haben Platz genommen Herr Dr. Helmut Würzinger, Physiker, Dozent am Institut für Theoretische Physik der Technischen Universität Graz, der Ihnen im Anschluss noch einmal einen fachlichen Überblick geben wird, und Herr Dr. Maximilian Wipfli, wissenschftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Physik und Astronomie der Universität Bern, den die meisten von Ihnen bereits von den detaillierten Vorträgen in Ihren Einrichtungen kennen.

Wir sind hier zusammengekommen, um die Stiftung Marcel Pagès zu gründen, deren Ziel die Erforschung der Antigravitation und deren Nutzbarmachung zum Wohle der Menschheit ist. Der brillante Physiker Dr. Marcel Pagès aus Perpignan hat der Welt bereits am 16. Mai 1957 seine Arbeit über die Prinzipien der Schwerelosigkeit vorgestellt. Seine Forschung war seinerzeit schon weit fortgeschritten und hatte ein lebhaftes Echo in der Öffentlichkeit gefunden. Mit 10 Millionen Dollar hätte Dr. Pagès schon im Jahr 1958 seinem Heimatland Frankreich dank der Beherrschung der Antigravitation ein Flugobjekt geschenkt, das einen Menschen zum Mond und wieder zurück gebracht hätte.

Schon als 16-jähriger Schüler befasste er sich mit Studien zu Scheibensystemen, elektrischen und Zentrifugalkräften, musste diese Studien aber wegen des Krieges unterbrechen. Hauptmann Pagès wurde 1940 gefangengenommen und kam durch Zufall dazu, in einem psychiatrischen Krankenhaus die Wimshurt-Maschine kennenzulernen, die zur Behandlung von psychisch Kranken eingesetzt wurde und statische Elektrizität erzeugt. Hier konnte er seine Studien fortsetzen, für deren Ergebnisse sich bald auch das alliierte Militär interessierte.

›Liefern Sie uns Ihre Formel, sie interessiert die ganze Menschheit‹, rieten ihm die Sowjets. ›Sie bekommen alle Labors, die Sie wollen, und keine Geldsorgen, wenn Sie zu uns kommen‹, wurde ihm von der amerikanischen Botschaft zugesichert. Aber Marcel Pagès verließ sein geliebtes Perpignan nicht und blieb seinem Heimatland treu, das ihm allerdings die nötige finanzielle Unterstützung nicht gab.

Innerhalb von zehn Jahren meldete Marcel Pagès mehr als hundert Patente an, von denen ein Großteil die Raumfahrt betraf. Im Jahr 1946 verbreitete ein amerikanisches Wissenschaftsmagazin die Pläne eines flügellosen Flugzeugs, das auf den Erfindungen dieses Genies basierte.

Wir wissen heute, dass mächtige Geheimdienste in Ost und West die erfolgreiche Weiterarbeit an diesen Ideen und Projekten verhinderten. Denn trotz des kalten Krieges waren sich die Mächtigen immer einig. Ihre Interessen lagen in der Entwicklung von Raketentreibstoffen und dem Bau von Atomwaffen. So konnten die fulminanten Ideen des Marcel Pagès nicht zur Reife kommen und blieben unter anderem bei einem kosmischen linsenförmigen Fluggerät stehen, für das er das französische Patent Nr. 1253 902 erhalten hat. Auf die Grundlagen der Theorie von Dr. Pagès wird im Anschluss Herr Dr. Würzinger in seinem Vortrag noch eingehen.

Für sehr bemerkenswert gerade hier in diesem Kreis vorurteilsfreier Forscher und Förderer der Wissenschaft halte ich den Umstand, dass ein anderes großes Genie dieser Zeit den Physiker Pagès hoch verehrt hat. Es handelt sich dabei um keinen Geringeren als Salvador Dalì. Nun werden Sie vielleicht sagen, dass dieser spanische Künstler doch kein Wissenschaftler war. Das stimmt zwar im engeren Sinne, spielt aber insoweit keine Rolle, dass Dalì neben Maler auch Grafiker, Schriftsteller, Bildhauer und Bühnenbildner und darüberhinaus an der modernen Wissenschaft stark interessiert war und sich intensiv mit ihr beschäftigte. Ich halte die Verehrung durch dieses Universalgenie für ein weiteres gutes Argument, unserer Stiftung den Namen Marcel Pagès zu geben.

Wie wird es weitergehen? Ein großer Schweizer Förderer der Wissenschaft, der nicht genannt werden möchte, hat als Grundstock unserer Stiftung eine hohe Summe gespendet, über die ich zum Schweigen verpflichtet bin. Darüberhinaus hat er uns in einem abgelegenen Tal im Tessin unweit von Bellinzona ein hervorragend geeignetes Gebäude geschenkt, in dem wir unser Forschungsinstitut einrichten werden.«

Auf Knopfdruck des Redners hin erschien an der Wand hinter ihm das Bild eines großen modernen Bauwerks umgeben von grünen Bergen. Durch das Publikum ging ein staunendes Raunen.

»Das wird in Kürze das Marcel-Pagès-Institut sein, in dem unter Leitung von Herrn Dr. Helmut Würzinger unser Forschungsprojekt zum Erfolg geführt werden wird. Sie werden verstehen, dass ich den genauen Standort nicht publik machen kann. Die hier versammelten Vertreter verschiedener universitärer und nicht-universitärer Forschungseinrichtungen, Verbände und Organisationen wissen, welche Hindernisse von gewissen Kräften aufgebaut werden, wenn man sich der Antigravitation oder auch nur den Gravitonen widmet. Dass es diese nicht gibt und die Einrichtungen und Wissenschaftler nicht seriös seien, sind nur die harmlosesten der Vorwürfe. Wir wissen inzwischen, welche Rolle dabei solche Leute wie Elon Musk, Bill Gates, Jeff Bezos, Mark Zuckerberg und Warren Buffett spielen, ohne die zu nennen, die im Hintergrund und Geheimen wirken.

Spätestens in einem Jahr werden wir den von der GÖDE-Stiftung in Waldaschaff ausgelobten Preis von einer Million Euro kassieren. Denn die dafür zu erfüllende Aufgabe, ein Objekt mit einem Gewicht von mindestens 20 g für die Dauer von 1 Minute etwa 10 cm über einer Auflage schweben zu lassen, der war ja schon Marcel Pagès recht nahe gekommen.

Mit den der Stiftung zufließenden Geldern werden wir eines der letzten Geheimnisse der Natur aufdecken, die Schwerkraft mittels der Antigravitation beherrschen und damit der Menschheit ungeahnte Transportmöglichkeiten auf der Erde und im Kosmos eröffnen. Das Energieproblem wird es nicht mehr geben!

Mit dem Zitat von B. Fuller ›Es gibt keine Energiekrise, sondern nur eine Krise der Ignoranz‹ möchte ich schließen.«

Die Zuhörer klopften Beifall auf ihre Tische, während sich der Redner höflich verbeugte, um dann auf der Bühne Platz zu nehmen. An seiner Stelle trat wie angekündigt Dr. Würzinger ans Pult. Der Physiker hielt sich nicht lange mit der Vorrede auf, sondern stieg sogleich ins Thema ein.

»Meine Damen und Herren, eines der größten Rätsel der Natur ist die Gravitation. Das hängt damit zusammen, dass sämtliche Naturkräfte – starke, schwache und elektromagnetische Wechselwirkung – durch Teilchen bestimmt werden, allein für die Schwerkraft fehlt ein Äquivalent. Sie wird nur durch eine Feldtheorie beschrieben. Die Grundlage unserer Theorie, die die Ansätze von Marcel Pagès weiterdenkt, ist die Existenz von Schwerkraftteilchen, den Gravitonen. Ähnlich wie Photonen zur elektromagnetischen Wechelwirkung gehören, sind die Gravitonen die Bosonen des Gravitationsfeldes. Marcel Pagès ging von der Existenz eines Gravitongases aus, das den gesamten Raum durchdringt. In dieser Theorie entsteht das Elektron durch eine Expansion des Raums und das Proton durch eine Kontraktion dieses Raums. 1972 erklärt dieser geniale Physiker: ›Da das Elektron letztlich ein Loch im Raum ist und das Proton ein Kondensat, das tausendmal schwerer ist als das Elektron und von der Gravitation angezogen wird, ist es möglich, Fluggeräte zu entwickeln, die das Elektron als Mittel zur Entfesselung nutzen, wobei diese Fluggeräte schwindelerregende Geschwindigkeiten erreichen können‹, und weiter: ›Durch den Einsatz von Degravitation kann die Geschwindigkeit eines Raumfahrzeugs im Vakuum gegen unendlich gehen und auf jeden Fall viel größer sein als die Lichtgeschwindigkeit.‹ Dies widerspricht der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein. Das ist auch der Hauptvorwurf, der den Anhängern unserer Theorie von den Vertretern der Mainstream-Physik gemacht wird. Wir aber sagen, dass man bei Einstein, dessen Theorien bereits ein Jahrhundert alt sind, nicht stehenbleiben kann. Seine Theorien müssen neu durchdacht und mindestens zum Teil verworfen werden. Das Standardmodell der Kosmologie behilft sich heute mit der Existenz von Dunkler Materie und Dunkler Energie. Hier sehen wir, dass die Allgemeine Relativitätstheorie an ihre Grenzen gestoßen ist. Die mysteriösen dunklen Komponenten des Universums sind doch wohl ein Hinweis darauf, dass die Schulphysik im Verständnis der Welt irgendwo falsch abgebogen ist.

Wir sind uns sicher, dass wir mit den Gravitonen die Antigravitation in der Hand haben und der Menschheit die unbeschränkte Nutzung von Energie ermöglichen können, ohne die Umwelt zu zerstören.«

 

Im Anschluss der Vorträge kam es zur feierlichen Unterzeichnung des Statuts der Stiftung Marcel Pagès. Auf der Gründungsurkunde der Stiftung finden wir die Unterschriften von 14  Organisationen und Institutionen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

 

Zwei Jahre später am Playa Manzanillo in Costa Rica.

»Ich muss dir immer wieder danken für deine clevere Idee mit der Stiftung und dem damit verbundenen Fundraising, lieber Klaus. Ohne dich würde ich immer noch in Graz versauern.«

»Den Dank kann ich nur zurückgeben, lieber Helmut. Du hast doch diesen Besessenen aus Perpignan ausgegraben und sein Potential entdeckt. Ebenso wie du Wipfli aus Bern überzeugen konntest, ohne dessen unermüdliches Herumreisen mit seinen Vorträgen wir wohl niemanden hätten für unseren Zweck gewinnen können.«

»Lass uns darauf und unsere unbeschwerte Zukunft in Reichtum anstoßen!«

 

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