Von Regina Gajnanow

Es ist Winter. Draußen, in der Natur. Der Schnee liegt da und wird langsam zu einer grauen, klebrigen Masse. Die Menschen stampfen darüber, als wäre es kein Schnee, sondern- graue Masse, die den Weg versperrt.

Die Menschen sind mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, sie eilen von Gedanke zu Gedanke, von Arbeit zu Arbeit, von Partner zu Partner… Von Liebe zu Gleichgültigkeit.

Gleichgültigkeit ist der Virus, der in der Luft schwebt und infizierend um sich greift. Die Menschen werden krank, doch sie merken es nicht. Das, was viele betrifft, gilt ja letztendlich als gängig und- normal. Wieso sollte der Mensch sich Gedanken machen und in seiner Eile von „“ zu „“ innehalten? Denn dann wird man krank, wenn Mann/Frau diesem Lauf nicht folgt und nicht reinpasst, zu sehr auffällt. Das möchte der Mensch nicht. Er möchte, (oder er meint, zu möchten), funktionieren.

Funktionieren, wie eine Maschine. Das passt, denn sie ist auch kalt. Von Natur aus. Hat die Maschine überhaupt eine Natur? Sie hat zumindest einen Schöpfer, ein eiskalter Mechaniker. Der Kreis schließt sich auf magische Weise.

Dieser eiskalte Mechaniker hat eine warmherzige Freundin- Anna. Anna ist Floristin und spürt die Wärme der Pflanzen. Sie versucht, die Wohnung des Mechanikers mit Pflanzen zu schmücken und auch ihn und seine Wohnung zu erhellen. Der Mechaniker merkt das, ihm wird es jedoch zu seltsam. Das ist doch nicht normal, sagt er. Du passt nicht in das Bild, du gleichst ja der Mimose, die du züchtest. Ich bin zu ausgelastet, um mich mit Gefühlsduselei zu beschäftigen. Such dir Hobbys und laste dich aus. Du nervst, du bist ja fast heiß. So wirst du ja noch krank.

Ja, Anna denkt, krank zu sein. Die Kälte des Mechanikers und seiner Umwelt haben sie infiziert. Sie spürt ihre Wärme nicht mehr und denkt, nicht in die Gesellschaft zu passen. Soll sie sich der Außentemperatur anpassen? Wenn sie das tut, sichert sie sich ihren Erfolg. Denn in einer Welt mit eiskalten Menschen müsste auch sie eiskalt agieren. Zumindest im finanziellen Sektor. In diesem kennt Keiner Mitleid. Das finanzielle System ist autopoietisch. Die Eigenlogik lautet: Zahlen/ Nicht Zahlen. Es scheint ja ganz einfach zu sein. Sie versucht, in diesem Fuß zu fassen. Es scheint, als wäre alles ganz logisch und die Menschen seien tendenziell warm. Warm, bis sie gekündigt wurde. Weil sie der Logik des Systems nicht gerecht werde. Weil sie versuchte, Optimierungsvorschläge im Unternehmen zu geben, die ihr ihre eigene Grube gruben. Sie vertraute darauf, dass Gutmütigkeit erkannt und belohnt wird. Gutmütigkeit? Dazu gibt es im finanziellen Sektor keine Gegenleistung. Es tue ja dem System leid, aber es müsse Anna feuern.

Und wieder landet sie- in der Leere. Nun geht sie auf die Suche nach neuen Wegen. Die tiefe, ursprüngliche Wärme scheint sie zu lenken.