Von Marco A. Rauch

»Die Sache mit Heinz, ja, haha, hm, das war was, manoman. Erinnerst du dich noch daran, Beate?«

»Natürlich, wie könnte ich das vergessen? Ich hatte gedacht, es wäre das Ende von allem. Wie kommst du jetzt darauf, Liebling?«

»Ich lese gerade das Monatsthema, du weißt schon, dieses Forum, bei dem ich immer mal wieder reinschaue und mir überlege, was mir zu den Themen einfällt.«

»Ach ja, Schreib-Frust oder Buch-Lust, wie heißt das?«

»Schreib-Lust.«

»Genau. Und was fällt dir dazu ein? Ich meine, Heinz fällt dir ein? Ausgerechnet der?«

»Ja, das war doch wirklich ein Ding. Du hast recht, wir hatten wohl ein paar Schutzengel.«

»Wir können froh sein, dass wir heil aus der Sache rausgekommen sind. Wie kommst du ausgerechnet auf Heinz?«

»So lautet das Monatsthema.«

»Was? Lass mich mal sehen. Die Sache mit Heinz, hm, ja, da steht es. Unglaublich.«

»Nicht wahr?«

»Was willst du jetzt machen? Du willst doch nicht darüber schreiben?«

»Warum nicht? Ich muss es ja nicht veröffentlichen.«

»Ach Matthias, da gibt es so viele Dinge, die mit Heinz zu tun haben. Ketchup zum Beispiel oder Heinz Erhardt. Über den könntest du schreiben, der hatte einen einmaligen Humor.«

»Hahaha, ja, stimmt. Obgleich die Nase Flügel, zwei Nasenflügel hat, so hält sie doch nicht viel vom Fliegen, nein, das Laufen scheint ihr mehr zu liegen.«*

»Ja, hihihi, das war der Heinz, meine Güte, unvergesslich, der Mann. Und wie er dazu immer seine Augen weit aufgerissen und so unschuldig dabei geschaut hat, wie ein durstiges Baby.«

»Unvergleichlich. Erinnerst du dich, wie wir 1970 im Autokino waren und uns den Film angesehen haben? Der hieß Was ist denn bloß mit Willi los?«

»Das weißt du noch? Och, Liebling, das ist schon so lange her.«

»Klar weiß ich das noch, wir sind zum dritten Mal ausgegangen. Deine Mutter hatte uns die Karten spendiert. Ich hätte lieber einen anderen Film gesehen, aber sie sagte, der wäre ausverkauft.«

»Das waren harte Zeiten damals, ich kann mich gut erinnern. Du hattest lange auf den VW Käfer gespart, mit dem du mich abgeholt hast.«

»Ich war so stolz auf das Auto, in zenitblau, mit 40 PS, das war die höchste Motorisierung, konnte sich nicht jeder leisten.«

»Ja, ich erinnere mich, aber er war ja auch ganz bequem, obwohl man die Sitze mit heutigem Standard nicht vergleichen kann.«

»Da hast du recht, aber damals war es Freiheit und Abenteuer. Vorher waren wir noch schick essen. Ich hatte extra meine feinen Ausgehsachen angezogen, um deinem Vater zu imponieren.«

»Hihihi, oh, ich kann mich gut erinnern, du hattest solche Angst, dass er dich ablehnen würde, Dummerchen. Dabei wusste er doch, dass dein Vater das Bekleidungsgeschäft in der Innenstadt führt. Du hattest nichts zu befürchten.«

»Ich weiß, aber damals war ich trotzdem unsicher. Immerhin war dein Vater Stadtrat, mit so einem will man sichs nicht verderben.«

»Ach du, er hat dich doch gut aufgenommen und du sahst ja auch wirklich fesch aus in deiner Abendgarderobe.«

»Na, und du erst, wie eine süße Frucht auf frischer Sahne, so lieblich hast du in deinem Kleid ausgesehen.«

»Eine süße Frucht auf frischer Sahne? Liebling, da musst du noch ein bisschen üben, das war nicht so doll.«

»Na gut, deswegen schau ich ja immer in das Forum, weil ich schreiben will. Kein Meister ist je vom Himmel gefallen.«

»Ein Meister vielleicht nicht, das Glück allerdings … komm her.«

»Waf meimfst du mib Glüb?«

»Na, du und ich, das war großes Glück, oder nicht?«

»Ach so, wegen Heinz. Hm, ja, na ja, am Anfang nicht, er kam ja erst später. Am Anfang stand Heinz, also Willi, meine ich.«     

»Ja, das war ein schöner Abend. Wir konnten aus dem Auto gleichzeitig den Film und den Sonnenuntergang sehen. Er war so prachtvoll an dem Tag, rote und orangene Schleier, ein sanfter Wind, der den Duft von Blüten und Gras durch die offenen Scheiben unseres Wagens geweht hat.«

»Hehe, welches Gras meinst du?«

»Och du, na DAS nicht, obwohl ich das auch zwischendurch gerochen haben. Nein, ich meinte den blumigen Geruch der Wiese, hast du den nicht gerochen?«

»Nicht so wirklich, das war ja auch schwer genug, neben dir stillzusitzen.«

»Hihi, ja, ich kann mich gut erinnern, ein paarmal musste ich deine Hände wieder an ihren Platz zurückbefördern, mein Lieber. Das war sehr ungehörig von dir.«

»Bei deinem Antlitz stahl mein Auge jeden Lichtstrahl von der Leinwand, um ihn auf dich zu richten.«

»Oh, das war schön, das hast du gut gesagt, komm her, hol dir deine Belohnung ab.«

»Belohnung? Bin ich ein Hund? Wuff-wuff.«

»Küss mich, Dummerchen. *schmatz* Damals im Wagen hast du mich geküsst und ich wusste, du bist mein Mann. Ich wusste es einfach. Es war so romantisch, mit dir im Wagen den Sonnenuntergang sehen, während der Willi vor uns auf der Leinwand seine meisterlichen Wortspielereien zum Besten gab.«

»Eigentlich wollte ich ja den Western mit Clint Eastwood sehen« *grummel*

»Na, wer weiß, ob ich mich da so sehr in dich verschossen hätte?«

»Aber ganz bestimmt, ich war doch so fesch, hast du gesagt!«

»Liebling, Frauen brauchen Atmosphäre, die ihre Gefühle widerspiegelt. Sie mögen es romantisch, auch wenn viele sich das nicht eingestehen. Ein Western mit Toten ist da nicht der richtige Ort. Vertraue mir, meine Mutter wusste schon, warum sie uns Karten für Willi spendiert hat.« *zwinker*

»Das war Zufall, der Western war ausverkauft, hat sie gesagt. Hm, vielleicht sollte ich über Heinz Erhardt schreiben, das scheint mir die bessere Wahl.«

»Sag ich dir doch, schreib über Heinz, den Willi. Da gibts genug zu lachen. Er hat uns immer viel Freude bereitet, auch damals, im Autokino.«

»Du meinst danach, hehe.«

»Hihi, ja, danach auch, aber der Film hat mir auch gefallen, es war ein sehr schöner Abend und ich glaube, wir hatten beide unseren Spaß, mein Guter.«

»Oh, wir hatten öfters unseren Spaß, du und ich. Erinnerst du dich, ein paar Wochen später, abends am See? Es war so schön warm und wir wollten etwas Ungehöriges machen. Nach Einbruch der Dämmerung sind wir nackt in den See. Das war ein Abenteuer.«

»Was du noch alles weißt, Liebling. Ja, ich erinnere mich, es war eines der letzten Male, dass wir so was machen konnten. Kurz darauf kam der Herbst und ich wurde schwanger.«

»Du hast recht, das habe ich wohl verdrängt. Warum haben wir das eigentlich nie wiederholt?«

»Hm? Na, Arbeit, Kinder, der Hausbau, Kredit abbezahlen, irgendwas war immer. Aber du hast recht, es ist schade, ich denke gern daran zurück, es war eine schöne Zeit.«

»Hm, weißt du was? Den Käfer hab ich zwar nicht mehr, aber mit unserem Hybrid könnten wir doch zum See fahren, was meinst du? In einer Stunde wird es dunkel.«

»Sag mal, was ist denn mit dir los? Wir sind doch viel zu alt für so was.«

»Ach komm, nur weil wir Rentner sind, faltig und grau? Ich lass mir mein Leben doch nicht von Falten diktieren. Außerdem kennst du den Spruch: Mit der Weisheit kommen die Falten. Na komm, Liebes, lass es uns tun, noch ein letztes Mal, der alten Zeiten wegen.« 

»Das hast du schön gesagt. Na gut, Liebling, es ist ja warm genug draußen. Aber was ist mit Heinz und der Geschichte?«

»Die kann ich morgen auch noch schreiben. Madam, darf ich um ihre Hand bitten, um sie zum Wagen zu geleiten?«

»Oh, mein Herr, nur zu gerne würde ich ja sagen, aber was wird mein Herr Papaa sagen?«

»Gnädigste, Ihr Herr Papaa führte Sie zum Altar.«

»Ihr habt ja so recht, mein Herr, ich vergaß, hihi.«

»Warte, ich halte dir die Türe auf. Meinst du echt, deine Mutter hat das mit Absicht gemacht?«

 

Die Lieb‘ ist ein empfindlich‘ Pflänzlein, sprießt mal hoch und geht mal ein.

Manch einer gießt sie gar zu Tode, für andere ist sie schlicht in Mode.

Am Ende dann ist allen gemein: Keiner will‘s gewesen sein.

 

(* Original vom Meister)

 

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