Von Ingo Pietsch

Der heiße Dampf ließ Sabrinas Brille beschlagen.

Das war sehr gefährlich, schnitt sie doch gerade die letzten Zutaten für das Chili Con Carne.

Als gelernte Köchin war sie im Umgang mit scharfen Messern natürlich geschult.

Trotzdem musste man das Schicksal ja nicht herausfordern.

Sie hielt kurz inne und schaltete die Abzugshaube eine Stufe höher und öffnete das Küchenfenster.

Warme Frühlingsluft und das Gelächter von Kindern strömten in die Küche.

Inzwischen konnte sie alles wieder klar erkennen.

Sabrina drehte ihr Radio lauter, damit es das Brummen der Abzugshaube übertönte.

Es lief gerade ein Lied von Ed Sheran, bei dem sie mitsummte.

Das Hack war bereits fertig im Topf angebraten. Sabrina schüttete das abgemessene Wasser hinzu und stellte die Temperatur höher.

Vor ihr auf der Arbeitsplatte standen verschiedene Schüsseln mit Zwiebeln, Mais, Kidneybohnen, Knoblauch und kleingeraspelter Zartbitterschokolade.

Fehlte nur die filetierte Chilischote.

Sie schüttete die Portionen nacheinander in den Topf und verrührte das Ganze.

Während sie umrührte lief ihr Lieblingslied von Aerosmith „I don`t wanna miss a thing“, das sie mitsang und den Kochlöffel als Mikrofon benutzte.

Sie tauschte den Löffel gegen ein Messer, schnitt einen Streifen der Schokolade ab, die auf dem Brettchen lag und steckte es sich in den Mund. Sie liebte diesen natürlichen Geschmack und ließ das Stückchen auf ihrer Zunge zergehen.

Jetzt fehlten nur noch die Chilischote.

Als Sabrina den Stiel abgeschnitten hatte, setzte sie die Spitze des Messers am anderen Ende an und wollte die Schote halbieren.

Doch sie stoppte, als sie zwei kräftige Hände an ihren Hüften spürte.

Jetzt lief „Always“ von Bon Jovi.

Die Hände schoben sich langsam unter ihrem Hemd nach oben. Gleichzeitig fühlte sie Lippen ihren Hals entlangwandern, die schließlich ihr Ohrläppchen anknabberten.

Sabrina ließ es geschehen, bis die Hände ihre Brustansätze erreichten.

„Christoph!“, ermahnte sie ihren Mann, ließ das Messer liegen und drehte sich zu ihm um. „Das ist echt gefährlich, wenn ich mit dem scharfen Messer arbeite.“

„Sicherlich gefährlicher, als auf der Arbeit. Hast du nicht gesagt, dass die Griffe eurer Messer schärfer sind als die Klingen?“, neckte er sie.

Sie grinste, fasste seinen Kopf und gab ihm einen innigen Kuss.

Er strich ihr eine Locke ihres honigblonden Haares aus dem Gesicht.

„Ich habe heute früher frei bekommen und wollte dich überraschen.“

Er schaltete das Radio leiser und die Abzugshaube eine Stufe herunter.

Auf dem gedeckten Küchentisch stand inzwischen ein großer Tulpenstrauß.

„Ich muss nur noch die Chili schneiden. Dann bin ich fertig.“ Sabrina schnitt weiter.

Christoph stand wieder hinter ihr und drückte ihre Pobacken.

Sabrina zuckte zusammen. Ein wohliger Schauer lief über ihren Rücken.

„Ich kann mich nicht konzentrieren“, sagte sie gespielt wütend.

Sie spürte seinen heißen Atem in ihrem Nacken und roch sein herbes Aftershave.

Sabrina schloss die Augen.

„Das sind doch nicht die ganz Scharfen? Davon werde ich doch immer so wuschig!“

Eine Hand rutschte in ihre Hose. Sie winkelte ein Bein an. „Stopp, das reicht jetzt aber wirklich!“, kicherte sie.

Sie steckte sich noch ein Stück Schokolade in den Mund und gab Christoph einen Zungenkuss, den sie beide lange genossen.

„Thank You“ von Dido klang aus dem Radio.

„Ich mag die Chilis gerne.“

„Ich weiß, die sind so scharf wie du!“

„Heute ist unser Hochzeitstag. Den hast du doch hoffentlich nicht vergessen? Oder?“, wollte Sabrina wissen.

„Deswegen bin ich auch schon hier. Ich wollte mit dir nachher noch in den Park und heute Abend dann …“, er flüsterte ihr etwas ins Ohr, das sie erröten ließ. Er drückte sie gegen die Arbeitsplatte und sie ließ vor Schreck ihr Messer fallen.

Das Messer fiel herunter und blieb mit einem leisen „Plopp“ mit der spitze im PVC-Boden stecken.

Beide sahen nach unten.

Das Messer hatte seinen Leinenschuh nur um Millimeter verfehlt.

„Das hätte ins Auge gehen können“, kommentierte er überrascht.

„Oder in deinen Fuß. Das Messer ist wirklich gefährlich!“ Sie drückte ihn sanft weg und hob den Zeigefinger. „Nur noch die Schote, den Rest gibt es zum Nachtisch!“

Sie bückte sich, um das Messer aufzuheben. Und schon wieder spürte sie seine Hände – diesmal an den Innenseiten ihrer Schenkel.

Auch wenn sie seine Berührung genoss, das Essen war ihr auch wichtig. Sie wollte nicht, dass es zerkochte. Dafür hatte sie zu viel Zeit investiert.

Sie schnellte hoch und funkelte Christoph böse an.

Sie zerlegte die Schote und wollte sie gerade in den Topf geben, als Christoph sie hochhob und neben das Schneidebrett auf die Küchenplatte setzte und sie intensiv küsste. Schüsseln klapperten und Gewürzbehälter kippten um.

Er streichelte ihre Wangen, hörte aber plötzlich damit auf.

„Du kleine Hexe!“, stotterte er und stolperte einen Schritt zurück.

Erst blickte er auf das Messer, das sie noch in der Hand hielt und dann auf das Schneidebrett.

Christoph blickte sich panisch um, riss den Blumenstrauß aus der Vase und trank sie leer.

Dann hechelte er nach Luft.

„Ich habe dich gewarnt.“ Sie winkte mit dem Messer. „Erst das Essen, dann das Vergnügen!“

Sie schüttete den Rest der Schote in den Topf und rührte das Chili um.

„Vorsicht mit einer bewaffneten Frau!“ Sie hatte sich heimlich ein Stück Chilischote in den Mund gesteckt und ihm dann beim Küssen untergejubelt.

Christoph saß mit hochrotem Kopf auf einem Küchenstuhl und rang nach Luft.

Sabrina schob das fertige Essen vom Herd.

Sie nahm das letzte Stück Schokolade und ließ es auf ihrer Zunge zergehen. Dann setzte sie sich auf Christophs Schoß und kurze Zeit später waren sie unter dem Tisch verschwunden.