Von Klaus-Dieter Krahl

Die 65 – jährige, ledige und kinderlose Anna Hubertus, lebt in den Monaten September bis Mai, jedes Jahr, auf dem Bauernhof von Bauer Jakob Gerstel. Dort hilft sie der Bäuerin, Maria, spielt und bastelt Weihnachts- und Osterdekorationen mit der 10-jährigen Johanna, der Tochter der Gerstels.

 

Anna freut sich sehr auf den Almauftrieb im Mai, darf sie dann wieder das soziale Zusammenleben, mit der Familie Gerstel, durchbrechen und einen Sommer lang auf der von ihr so geliebte Tannenwald Alm alleine verbringen. Sie wird ihren 56. Sommer in der Sennhütte auf der Tannenwald Alm leben.

 

Endlich, es ist soweit.

 

Anna treibt, mit Hilfe der Knechte des Dorfes, die Kühe der Bauern auf die Tannenwald Alm. Dort versorgte Anna die Kühe schon als 10 jähriges Mädchen, ganze alleine.

Der Auftrieb der Kühe auf die Alm geht ohne Probleme, die Kühe kennen den Weg genau, waren sie doch schon oft auf der Tannenwald Alm.

Auf die Alm, schauen Anna und die Knechte erst einmal nach dem Stall, ob der Winter Schäden verursacht hat.

Dann kontrollieren Sie alle Zäune, die an den gefährlichen Stellen gezogen waren, ob diese noch sicher genug sind, um die Kühe vor dem Abstürzen zu schützen. Zum Schluss schaut Anna noch nach der Sennhütte. Sie macht Feuer im alten Steinofen, um die Kälte aus der Stube zu vertreiben und Wasser für Kaffee zu kochen.

 

Die Knechte machen noch eine Brotzeit, einige rauchen ihre Pfeife und ratschen noch etwas. Dann machen sie sich wieder auf den Heimweg zu ihren Bauern im Dorf.

 

Anna war nun alleine, sie richtet sich in der Sennhütte ein, holt alle Werkzeuge, die sie zum Butter- und Käsemachen braucht, aus dem Winterlager und macht sie gebrauchsfertig, damit sie wieder buttern kann.

Auch muss Anna in den Stallungen frisches Stroh auslegen, damit sie, die eventuell krank werdenden Kühe und Kälber, dort pflegen kann und diese sich dort erholen können.

 

Als sie das alles erledigt hat, kommt die Müdigkeit in ihr auf.

 

Anna nimmt noch ihr Nachtmahl ein, setzt sich dann mit einer Tasse Kaffee auf die Bank neben der Sennhüttentür. Sie schaut in den klaren Sternenhimmel, lauscht dem Rauschen des Tannenwaldes der Tannenwald Alm, träumt mit offenen Augen von den schönen, kommenden Sommertagen und Abenden alleine hier auf der Tannenwald Alm. Sie genießt Ihren „Ausstieg“ aus dem sozialen Zusammenleben und dass sie ihre eigene Chefin ist.

Sie denkt aber auch daran, dass der Sommer 1890 ihr letzter Sommer als Sennerin auf der Tannenwald Alm ist. Da Anna im  Sommer 66 Jahre alt wird, weiß sie genau, dass die Arbeit auf der Alm für sie in den kommenden Jahren zu schwer sein wird. Sie wird Ihre letzten Jahre auf dem Hof von Bauer Gerstel leben und der Bäuerin helfen müssen.

Die Gedanken an das Ende Ihrer Arbeit auf der Tannenwald Alm sind für sie sehr schmerzlich, denn die Arbeit auf der Alm und das Versorgen der Kühe ist für Anna zur Lebensaufgabe geworden.

 

Anna trinkt Ihren Kaffee aus, geht in die Stube, löscht die Kerzen und legt sich schlafen, sie schläft auch ganz schnell ein.

 

Bis die Kühe im September wieder ins Tal getrieben werden, hat Anna sehr viel zu tun. Schwere Arbeiten an der Sennhütte und dem Stall, mit dem Versorgen der Kühe sowie dem Herstellen von Käse, Butter, Buttermilch und selbstgebackenem Brot.

 

Anna schläft fest durch. Bis sie um 5 Uhr morgens, von den lauten Kuckuck – Kuckuck-Rufen  Ihrer Kuckucksuhr, geweckt wird.

Anna steht schnell auf, holt die Kühe zum Melken zusammen, nach dem Melken gießt Anna die frische Milch in den Bottich, um daraus Butter und Käse herzustellen.

 

Nachdem sie alle Kühe versorgt hat, macht sie Feuer in ihrem Ofen und setzt Kaffeewasser auf. Sie deckt den Tisch, als das Wasser kocht, gießt sie sich einen Kaffee auf, schneidet sich eine Scheibe Brot und Käse ab, um ihr Frühstück ein zu nehmen.

Nach dem Frühstück macht sich Anna daran, den Teig für das Brot, welches sie backen will, zu Kneten. Sie holt zuerst alle Utensilien, die sie für den Teig braucht, zusammen und stellt sie auf den großen Tisch in der Stube.

Zuerst das Mehl auf den Tisch , in die Mitte des Mehlberges macht  Anna eine Kuhle, in die sie nach und nach alle Zutaten hineingibt.

Nun beginnt die harte Arbeit für Anna, sie walkt und knetet den Teig, bis ihr die Arme weh tun. Den fertig gekneteten Teige legt sie in ein Schüssel, bedeckt diese mit einem Tuch und stellt die Schüssel an einen warmen Ort in der Stube damit der Teig, gut aufgehen kann.

In der Zwischenzeit macht sich Anna an die Milch, um daraus Butter zu schlagen. Das ist auch keine leichte Arbeit, das Schlagen ist nur über Muskelkraft zu erreichen. Aber Anna hat da genug Erfahrung um zu schaffen, dass aus der Milch leckere Butter wird. Die Butter schneidet Anna in Stücke und legt sie in den kalten Keller.

Dasselbe gilt für das Herstellen von Käse, nur war die Fertigstellung des Käses aufwendiger wie das Herstellen von Butter.

In einem großen Kessel erwärmt sie langsam die Milch, rührt immer und immer wieder um, bis sie mit der Käseharke flüssige und feste Bestandteile immer mehr trennen kann. Dann seiht sie die festen Bestandteile mit dem Schöpfsieb ab, gibt sie endlich in das Seihtuch, um die überflüssige Molke auszupressen und formt einen Laib daraus um ihn in das Regal im kalte Keller zu legen, damit der Käse reifen kann.

Inzwischen ist der Brotteig aufgegangen, Anna formt zwei Brotlaibe daraus und schiebt sie in den Ofen. Nachdem das Brot fertig gebacken ist, nimmt Anna es aus dem Ofen und lässt es abkühlen.

Am Abend nochmal die Kühe melken, die Milch in den Bottich schütten und bis zum Morgen ruhen lassen.

Diese Arbeiten wiederholen sich täglich. Dazu kommt noch die Pflege der Tiere, wenn sie sich verletzen oder krank werden.

 

Wie jeden Abend, setzt sich Anna auch diesen Abend, nach getaner Arbeit, auf ihre Bank neben der Sennhüttentür und lauscht dem Rauschen des Tannenwaldes  auf der Tannenwald Alm und schaut zufrieden in den klaren Sternenhimmel.

 

Trotz der Schwere der Arbeit genießt Anna das Arbeiten auf der Alm, das Alleinsein, die Ruhe am Abend und das beruhigende Rauschen der Tannen auf der Tannenwald Alm sehr.

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