Von Emirhan Kaya

Schon seit meiner Geburt habe ich diese Macht in mir. Fähigkeiten, die mir meine Vorfahren vererbt haben. Nur die wenigen aus meiner Familie hatten das Glück diese zu bekommen. Meine Großmutter nannte diese Kraft das dritte Auge. Sehen und fühlen zu können, was andere nicht können. Ich habe Jahre lang trainiert, damit ich den Menschen helfen kann und habe dies deswegen zu meinem Beruf gemacht. Ich wurde schnell berühmt und manche Leute fingen an mir zu vertrauen und manche auch nicht. Viele sahen mich als einen Betrüger und andere als eine Art Geisterjäger. Ich sehe mich mehr als den Vertreiber des Bösen. Denn schon als kleines Kind sagte meine Großmutter immer zu mir: ,,Vergiss nicht, wofür man uns diese Kraft gegeben hat. Wir müssen den Menschen vor dem Grauen des Jenseits schützen. Vergiss niemals, dass Geister immer die bösen sind. Lass dich niemals von einem täuschen.“ 

Hätte ich doch nur einmal auf mein Bauchgefühl gehört anstatt auf meine Großmutter. Ich hatte schon einige Fälle gelöst, doch eins war anders als alle anderen. Ich werde niemals vergessen was für Abscheulichkeiten ich gesehen habe. 

 

Es begann alles am 17.März 2019 als ich ein Anruf bekam. Ein besorgter Professor namens Hannes Weber bei dem es wohl nicht mit rechten Dingen zuginge. Beim Telefonat wollte ich sicherheitshalber feststellen, ob es vielleicht doch nur der Wind oder das alte Gehäuse war. Er versicherte mir, dass etwas Übernatürliches bei ihm Zuhause ist. Ich sagte ihm, dass ich so schnell kommen würde wie es nur möglich war. Er gab mir seine Adresse und ich beendete das Telefonat. 

 

Bevor ich natürlich zu einem Fremden ins Haus gehe erkundigte ich mich etwas über ihm. Er war ein anerkannter Professor aus der Arcadia High Universität, unterrichtete Philosophie und hatte unzählige Auszeichnungen. Anscheinend ist er ein durchschnittlicher normaler Mann, dachte ich mir.

 

Als ich dann endlich Mittags vor seiner Haustür stand konnte ich direkt starke Präsenzen spüren. Es stimmte also, er wurde wirklich heimgesucht. Ich klopfte drei mal an die Tür und wartete. Er machte die Tür auf und ich sah den 43 Jahre alten Professor vor mir. Er schaute mich verschwitzt und ängstlich an. Als hätte er einen Geist gesehen, was buchstäblich wirklich sein konnte. Hannes begrüßte mich, schüttelte meine Hand und führte mich in sein Wohnzimmer.

 

,,Erzählen sie dann mal. Was genau ist passiert und wieso denken sie, dass sie heimgesucht werden?“, sagte ich. ,,Natürlich. Als ich vor einer Woche nach einem langen Tag nach Hause kam war etwas anders. In meinem Wohnzimmer waren alle Kissen aufgeschlitzt und auf dem Boden. In meiner Küche waren alle Stühle auf dem Tisch aufgestellt. Und schließlich sah mein ganzes Zimmer so aus als wäre ein Tornado dort ausgebrochen. Am Anfang dachte ich ein Einbrecher war in meinem Haus, aber es wurde nichts gestohlen und später dann hab ich selbst mit meinem eigenen Augen gesehen wie Gläser und Stühle sich von selbst bewegt haben. Hören sie ich habe Angst hier draufzugehen. Sie müssen mir helfen!“

,,Machen sie sich keine Sorgen ich werde diese Geister hier raus schaffen. Zunächst muss ich mit ihnen in Kontakt treten.“

 ,,Und wie stellen sie das an?“, fragte Hannes und starrte mich mit großen Augen an. 

,,Ich kann nicht genau sagen wie es funktioniert, aber kurz ausgedrückt öffne ich meine Gedanken frei für die Geister zugänglich. Dadurch können sie mit mir reden und ich so mit ihnen.“

,,Haben sie keine Angst davor besessen zu werden?“

,,Nein, mir können sie nichts anhaben.“, sagte ich mit einem Grinsen im Gesicht.

,,Dann wünsche ich ihnen mal viel Glück. Ich will sie bei ihren äh Gespräch mit den Geistern nicht stören. Ich begehe mich für eine Weile lieber in mein Büro.“ 

,,Danke. Wenn ich fertig bin, werde ich sie schon rufen.“ 

,,Viel Glück, ich vertraue mein Leben auf sie.“, antwortete Hannes und ging lächelnd die Treppen hoch in sein Büro.

 

Also fing ich an zu meditieren. Ich zündete eine Kerze vor mir an und begann mein Geist und meine Seele zu konzentrieren. Ich spürte wie die Geister immer näher kamen. Ich hatte schon einige Fälle mit mehr als nur ein Geist. Aber in diesem Haus waren es hunderte. Ich wusste nicht einmal, dass so viele an einem Ort sein können. So etwas hatte ich weder jemals gesehen noch gespürt. Dieser Hass der von jedem einzelnen heraus strömte war so stark, dass ich schon heftige Kopfschmerzen bekam. Ich musste also schnell eine Lösung finden. 

 

,,Verschwindet Geister ihr seid hier nicht willkommen. Entweder ihr geht selbst oder ich werde euch solange mit meinen Kräften schmerzen zufügen bis ihr doch noch geht!“, schrie ich in meinen Gedanken. Sie alle fingen an durchzudrehen. 

,,DU DARFST IHN NICHT VERTRAUEN! ER VERSUCHT ETWAS UNVORSTELLBARES ZU TUN! DU MUSST IHN AUFHALTEN!“

,,Wovon spricht ihr? Wer ist er?“ ,,HANNES! HANNES! HANNES!“ Immer wieder schrien sie diesen Namen. Meine Ohren fingen an zu bluten. Ich hielt den Schmerz fast nicht mehr aus. 

,,Hört damit auf. Er ist hier nicht das Böse, sondern ihr. Ihr könnt mich nicht täuschen. ALSO VERSCHWINDET JETZT.“ Ich fing an mit meinem dritten Auge den Geistern Schmerz zuzufügen und zu verbannen.

,,NEIN HÖR AUF! DU MUSST IHN STOPPEN! ER VERSUCHT EIN TOR ZU ÖF…“, brüllten sie und stoppten plötzlich. 

 

Stille. Ich konnte die Geister aus diesem Haus verbannen. Ich konnte kein einziges mehr hier spüren. Es war so als wäre noch nie ein Geist jemals hier gewesen. Doch dennoch hatte ich ein schlechtes Gefühl. Über was für ein Tor haben sie geredet und was hat Hannes damit zu tun, dachte ich mir.

 

,,Ist alles okay?“, hörte ich Hannes sagen als er die Treppe runter kam.

,,Ja, ich äh hab es geschafft die Geister zu verbannen.“

,,Ich bin ihnen so dankbar.“, sagte er und hörte nicht auf meine Hand zu schütteln. 

,,Es ist nicht der Rede wert. Wie meine Großmutter immer sagte: Ich muss den Menschen vor dem Grauen des Jenseits schützen.“. Hannes fing an wütend zu werden. 

,,Das hat ihre Großmutter gesagt?! Wie können sie sowas nur denken?! Und ich dachte sie verehren sie genau wie ich!“ ,,Was?“. Doch bevor ich realisieren konnte, was er gesagt hat, holte er einen Hammer aus seinem Rücken und erschlug mich. 

 

Als ich langsam wieder zu mir kam saß ich gefesselt auf einem Stuhl. Ich konnte sehen, dass ich anscheinend in seinem Keller war. Der Gestank war unmenschlich und auf dem Boden waren komische Symbole aufgemalt. Ich versuchte mich los zu machen, aber schaffte es nicht. 

,,Na sind wir schon wach?“, sagte Hannes als er mit einem Eisbeutel nach unten kam. 

,,Den können sie sich gleich gegen ihren Kopf halten“. Er stellte den Eisbeutel auf einen Tisch und sah mich direkt an. ,,Wieso haben sie mich gefesselt?!“, brüllte ich. Er fing an zu lächeln.

,,Mein lieber. Beruhigen Sie sich erstmal. Ich erkläre es ihnen in aller Ruhe. Ich bin schon seit kleines Kind interessiert an das Jenseits. Mein Traum war es, es irgendwann mal zu sehen, natürlich ohne dabei Tot zu sein. Also forschte ich. Jahrelang. Doch zwecklos keines der Rituale hatte jemals geklappt. Ich betete zu Gott, tötete Tiere, ich versuchte sogar Rituale aus schon längst verstorbenen Kulturen. Aber zwecklos. Ich war am Boden zerstört. Hatte kein Sinn mehr im Leben. Also konnte ich nur noch eins tun. Etwas was ich noch nicht versucht hatte. Ein Ritual mit Menschen Opfer.“

Es fühlte sich an als ob mein Herz still stehen blieb. Ich hatte Angst die nächsten Worte aus meinem Mund zu sagen. 

,,Sie wollen mich umbringen?“

,,Was? Nein sie verstehen mich falsch. Ich respektiere sie. Ich verfolge ihre Arbeit schon so lange. Ich hätte so gerne ihre Kräfte, aber das ist kein Grund sie umzubringen. Außerdem will ich, dass sie Zeuge werden wie ich ein Tor zum Jenseits öffne!“

,,Ein Tor zum Jenseits?! Das ist doch unmöglich!“ 

,,Da mein lieber haben sie leider Unrecht. Ich habe ein Ritual gefunden, welches es kann. Ich musste dafür nur 6 Menschen umbringen. Sehen sie da in der Ecke? Das waren meine 6 besten Schüler. Jetzt werden sie für etwas bedeutsames benutzt!“

Ich sah in die Ecke. Da waren wirklich 6 Mülltüten, gefüllt mit 6 Leichen. Ich fing an schwer zu atmen. Ich konnte es einfach nicht glauben. 

,,Wieso wollten sie dann, dass ich die Geister verbanne?! Ich dachte sie verehren sie!“ 

,,Ach die? Die versuchen schon die ganze Woche lang mein Vorhaben zu ruinieren. Deswegen brauchte ich sie um die Geister los zu werden.“

Ich konnte es nicht glauben. Die Geister hatten wirklich versucht ihn aufzuhalten und ich habe sie verbannt. Ich bin das Monster nicht die Geister.

Ich konnte nichts tun. Ich musste zu sehen, wie Hannes ein Ritual mit den Leichen durchführte. Bis plötzlich stille im ganzen Raum war. Hannes hörte einfach auf.

 

,,Ich verstehe das nicht. Es hätte öffnen sollen! DAS TOR HÄTTE SICH ÖFFNEN SOLLEN!“, fing er an zu brüllen. Ich war erleichtert. Er hatte es nicht geschafft. Doch dann bemerkte er wie ich lächelte. 

,,Wieso klappt es nicht?! SAG ES MIR!“

,,Ich weiß es nicht. Ich habe sowas noch nie probiert. Geben sie es einfach auf.“, sagte ich ruhig um ihn zu beruhigen. Er aber wurde nur wütender. 

,,Es ist alles deine Schuld! DU BIST SCHULD!“ Er nahm aus seiner Hosentasche ein Messer. Kam immer näher zu mir. Bis er endlich vor mir war und mehrfach auf mich hinein stich. Er hörte nicht auf und stach immer wieder rein. 

,,Grüß die Geister von mir!“

 

Dies waren die letzten Worte die ich jemals als lebender gehört habe. Wieso dieser Fall anders als alle anderen war? Weil ich bei diesem gestorben bin. In diesem Moment sehe ich Hannes dabei zu wie er meine Leiche mit den anderen in seinem Keller vergräbt. Meine Großmutter hatte Unrecht. Nicht alle Geister waren böse. Ich will gar nicht wissen wie viele ich schon zu Unrecht verbannt habe. Deswegen werde ich nun das tun was ich tun muss. Ich weiß, dass Hannes nicht aufhören wird bis er das Jenseits gesehen hat. Ich muss ihn aufhalten. Wie fragt ihr euch? Ganz einfach. Denn es gibt eine Sache die wusste meine Großmutter nicht über das dritte Auge. Das dritte Auge ist im Jenseits noch viel stärker!