Von Monika Heil

„Haste noch ´n Bier?“, fragt Max.

„Alle.“                

„Mist!“                 

„Reicht ja wohl auch“, nuschelt Manni.

„Ich denke, du hast ´nen ganzen Kasten heute Morgen mitgebracht. Und der ist alle?“

„Hab ich auch. Sechs Flaschen waren aber schon leer. So kann ich ihn nachher gleich zum Getränkemarkt bringen.“

„Ich hab´ aber noch Durst“, nörgelt Max.

„Hier, kannst ´nen Schnaps haben.“ Manni reicht seinem Freund Max ein kleines Fläschchen.

„Seit wann trinkst du Schnaps?“

„Na ja, ist wohl eine Flaschenpost. Also Post an mich Flasche. Hat mir …“           

„Sei mal still“, unterbricht ihn Max. „Da beißt grad´ einer an.“

„Wurde ja auch Zeit.“    

„Du sollst still sein! Mann ist der schwer. Hilf mir mal. Los, Manni, komm jetzt, halt mich fest. Der zieht! Manni, Hilfe!“

„Was schreist du denn so? Langsam einholen, Leine nachlassen, einholen. Mensch Max, man meint, das sei deine erste Angeltour.“

Mit einem lauten ´Platsch` fällt Max über Bord des kleinen Kahnes und versinkt im trüben Wasser des Baggersees. Manni krampft seine Finger um die Reling und starrt fassungslos nach unten. Das Wasser gurgelt, Wellen bringen das kleine Boot fast zum Kentern. Prustend taucht Max wieder auf, kurz darauf ein zweiter Körper. Manni reibt sich die Augen, kratzt sich am Hinterkopf. Er stiert die beiden Gestalten an.

„Muss wohl doch ein ganz voller Kasten gewesen sein, wenn ich schon doppelt sehe“, denkt er. Er ist so perplex, dass er sich nicht von der Stelle rührt.

„Blödmann, mich so zu erschrecken!“ Max schlägt auf seinen Zwillingsbruder Fred ein, der vor Lachen fast wieder versinkt.

„Manni, hilf uns gefälligst mal an Bord“, ruft Max.

„Habt Ihr Bier an Deck?“, fragt sein Bruder. „Na, dann kann ich ja gleich wieder gehen“, murrt er als die beiden Freunde unisono den Kopf schütteln und bleibt dennoch.

Zum Glück ist es ein warmer Sommertag. Die Brüder entledigen sich ihrer Shorts und T-Shirts.

 

„Was war denn das vorhin mit der Flaschenpost?“, kommt Max auf den abgebrochenen Satz seines Freundes zurück. Manni wird rot, druckst rum und murmelt schließlich:

„Hat mir Lilo, die Mutter von Bennis Freund Sven gestern auf dem Spielplatz heimlich in die Tasche gesteckt.“

„Wie, einfach so?“                                

„Nee, sie hatte mich vorige Woche gefragt, ob wir mal zusammen mit den Kindern in den Zoo gehen.“ 

„Ist die auch alleinerziehend?“, will Max wissen.

„Mm, ja.“                                

„Ist die nett?“                          

„Mm, ja, sehr nett.“                     

„Und da hast du schüchterner Trottel nicht gleich ´ja` gesagt?“

„Nee.“                                   

Max lacht und lacht und kann sich gar nicht wieder einkriegen.

„Die Frau gefällt mir. Wenn das keine Wink mit dem Zaunpfahl ist. Da hast du Flasche wirklich passende Post bekommen. ´Kleiner Feigling`, ich fass´ es nicht! Und nun?“ 

„Keine Ahnung.“                                  

„Aber ich“, meldet sich sein Zwillingsbruder Fred zu Wort.

„Du holst vier Karten für den Zoo, packst sie in ein leeres Glas, malst ein Etikett und schreibst darauf:   

 

Lach mich nicht aus

Ich werde mich bessern

Lass uns in den Zoo gehen

Oder wohin du willst

 

und das gibst du ihr bei nächster Gelegenheit.“ 

„Klasse Idee. Am besten nimmst du ein Senfglas und sagst ihr, du wolltest auch deinen Senf dazu geben. Hihi“, wiehert Max.        

„Ihr seid blöd, alle beide. Ich fahre jetzt heim.“

Beleidigt steht Max auf und zieht sich an.

 

       *****

Eine Woche später

 

„Willst du ´n Bier?“

„Hast du auch Wasser dabei?“

„Bist du krank?“

„Nee, nur verliebt. Und Lilo  mag kein Bier.“

„Aha, Lilo also. Erzähl´. Wie war´s?“

„Wir waren letzte Woche im Zoo. Alle vier.“

„Und?“

„Und gestern im Baumarkt. Lilo brauchte Blumenerde und Grassamen und da habe ich sie gefragt, ob sie mal mit zum angeln kommt.“

„Spinnst du? Das ist unser wöchentlicher Treff. Höchstens Fred ist erlaubt. Und was hat sie geantwortet?“

„Wir waren gerade in der Gartenabteilung und da hat sie nach einer Pflanze in einem Glastopf gegriffen und mir gegeben.“

„Und weiter? Was für eine Pflanze war das?“

„Lonicera caprifolium stand auf dem Etikett. Keine Ahnung, was das soll.“

„Manni, du Trottel, ´je länger je lieber` heißt die Pflanze im Volksmund. Oh Mann, Weiber beim Angeln. Nee, mein Freund. Ohne mich.“

 

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