Von Björn D. Neumann

Er fühlt sich federleicht. Gerade so, als ginge er über Wolken. Vor ihm eine Tür. Wie aus dem Nichts. Es ist ein Fahrstuhl. Die verzierten Gitter des Eingangs strahlen in einem überirdischen Licht. Erwartungsfroh, Trauer und Ängste hinter sich lassend, schiebt er sie auseinander. Betritt den goldenen Käfig. Nur ein einziger Knopf. Hoch oder runter? Ohne weiter darüber nachzudenken, drückt er ihn, und ruckelnd setzt sich das Gefährt in Bewegung. Das Licht wird immer gleißender, und die Kabine strebt den hellen Strahlen entgegen. Es ist, als ob er flöge. Er fühlt sich frei. 

Ein abrupter Stopp. Der Himmel verdunkelt sich. Die Leichtigkeit verschwindet. Er spürt, wie Etwas den Aufzug nach unten bewegt. Ihn nach unten zieht. Alles zu verschlucken droht.

Ihm erscheinen Bilder. Voller Schmerz, voller Selbstvorwürfe, voller Schuld. Die Geister, die nachts über die Bettdecke laufen, belasten sein Herz. Es hämmert. Es wiegt Tonnen. Der Aufzug kann es nicht tragen. Schwärze streckt ihre Tentakel nach ihm aus. Umklammert ihn. Sein Herz. Zieht an ihm. Er scheint verloren. Das Licht unerreichbar.

Eine Stimme. So lange nicht gehört und doch so wohl bekannt. Sie spricht zu ihm. Vertreibt das Dunkel. Die Tentakel lösen sich auf. Der Aufzug gleitet nach oben. Wieder dem Licht entgegen. Die Tür öffnet sich. Er wird umarmt. Die Stimme sagt: „Alles ist gut.“ Er ist leicht. Das Herz befreit. Endlich. Vergebung.

1.425 Zeichen / Version 3