Von Paul Pietsch

Heute ist einer von den Tagen, an denen man auf gar nichts Bock hat. Und das hat sogar einen Grund.

Heute morgen bin ich noch voller Elan aufgestanden und habe meiner Freundin Frühstück gemacht. Heute sollte mein großer Tag werden. Heute wollte ich ihr einen Antrag machen. Also legte ich einen wunderschönen Ring, den ich mir eigentlich gar nicht hätte leisten können, mit dem Essen auf ein Tablett. Leise, um sie nicht zu wecken, stellte ich das Tablett auf ihren Nachttisch und wollte das Zimmer wieder verlassen. Gerade in diesem Moment wachte sie auf.

„Warum bist du denn schon wach?“, murmelte sie verschlafen und rieb sich die Augen.

„Ich wollte dich überraschen.“

„Womit?“, fragte sie verwundert. Da erblickte sie ihr Frühstück. „Oh. Das ist aber nett. Aber du hast da scheinbar was verloren“, sagte sie und hielt mir den Ring hin.

„Nein. Der ist für dich“, erklärte ich.

Lange Rede kurzer Sinn. Sie hat nein gesagt und mit mir Schluss gemacht. Jetzt bin ich richtig verzweifelt. Der Ring, den ich ihr gekauft habe, war viel zu teuer. Ich habe den Ring in der Hoffnung gekauft später bei ihr vielleicht etwas Geld erbetteln zu können. Das kann ich jetzt wohl vergessen. Dann muss ich das Geld irgendwie anders beschaffen. Ich verdiene zu wenig, als dass ich einfach meinen Lohn sparen könnte. Das würde zu lange dauern. Meine Freunde und Verwandte werden mir wahrscheinlich auch kein Geld mehr leihen. Bleibt als einzige Option, irgendwas illegales. Ich weiß, ich kann den Ring auch einfach zurückgeben, aber dafür ist er mir zu schade. Also muss ich das Geld auftreiben. Am einfachsten wäre ein Banküberfall. Aber ich bin eigentlich ein ehrlicher Mensch. Ich begehe keine Verbrechen. Aber in diesem Fall kann ich mal eine Ausnahme machen. Also gehe ich alles durch, was ich brauche. Eine Sporttasche für das Geld habe ich schon. Handschuhe und eine Maske auch. Dann fehlt nur noch eine Waffe und ein Fluchtfahrzeug. Als Waffe kann ich eine von den Spielzeugwaffen meines Neffen nehmen. Die sollte ich vielleicht nur etwas schwarz färben, weil meiner Meinung nach relativ wenig Waffen neongrün sind. Fehlt nur noch das Fluchtauto. Wenn ich mein Auto nehme, bin ich sofort der Hauptverdächtige. Wenn ich ein Auto klaue wahrscheinlich auch, weil ich mich so dämlich anstellen werde. Also brauche ich irgendein anderes Auto. Aber welches? Da kommt mir ein perfekter Gedanke. Schnell färbe ich meine Spielzeugwaffe schwarz und rufe bei einer beliebigen Bank an.

„Sie sind hier bei der Bank“, meldet sich jemand sehr begeistert.

„Das dachte ich mir fast. Können Sie mir vielleicht weiterhelfen? Ich will ein Bankkonto eröffnen und versuche herauszufinden welche Bank dafür am besten ist.“

„Ja natürlich“, antwortet die Bankangestellte und erzählt irgendwas von Zinsen und Renditen, was mich aber alles nicht interessiert.

„Das ist ja alles schön und gut. Aber ist ihre Bank denn einbruchsicher?“, lenke ich das Gespräch auf den springenden Punkt.

„Ja natürlich. Das ganze Haus ist alarmgesichert und die Polizei ist innerhalb weniger Minuten vor Ort.“

„Sehr gut. Und wann ist das meiste Geld auf der Bank? Dass ich dann am Tag davor, mein ganzes Geld abhebe. Nur zur Sicherheit.“

„Hmmm. Eigentlich donnerstags. Am besten Sie kommen mal vorbei und wir besprechen das mit ihrem Konto persönlich, Herr?“, sagt die Angestellte.

„Natürlich“, antworte ich und lege auf ohne einen Termin vereinbart zu haben und ohne mich vorgestellt zu haben.

Am nächsten Tag, ein Donnerstag, schnappe ich mir meine Sache für den Banküberfall und die Autoschlüssel meiner Exfreundin, die sie bei mir liegen lassen hat. Dann gehe ich in mein Badezimmer in dem noch einige Haare von ihr liegen und verlasse meine Wohnung. Gestern habe ich extra nochmal nachgesehen, dass sie heute noch frei hat und wie ich sie so kenne, wird dann wahrscheinlich ihre Wohnung saubermachen oder sonst irgendwelche Sachen machen, bei denen sie kein Alibi bekommt. Das ist die einfachste Methode für einen Bankraub nicht verhaftet zu werden und sich gleichzeitig an der Exfreundin zu rächen.

Ich fahre zur Bank, setze meine Maske auf, ziehe die Handschuhe an, schnappe mir meine „Waffe“ und stürme in die Bank.

„Runter auf den! Alle!“, brülle ich.

„Sie nicht!“, rufe ich und zeige auf einen Bankangestellten.

„Sie packen mir hier in diese Sporttasche unmarkierte Geldscheine. Drücken Sie ruhig den Alarmknopf. Bis die Polizei kommt, bin ich schon lange weg!“, fordere ich ihn auf. Perplex packt er große Bündel Geldscheine in die Tasche, während ich unauffällig die Haare meiner Exfreundin verteile. Als der Banker fertig mit befüllen ist, schnappe ich mir meine Tasche und stürme aus der Bank ohne irgendwelche Sirenen zu hören. Erleichtert steige ich in das Auto und fahre es bis vor die Haustür meiner Exfreundin. Dann steige ich aus, werfe den Autoschlüssel in ihren Briefkasten und laufe nach Hause.

Am nächsten Abend sitze ich auf meiner Couch und gucke die Nachrichten. Es wird gerade berichtet, dass nach einem Banküberfall gestern die Hauptverdächtige verhaftet wurde, die natürlich alles abstreitet, was natürlich keiner glaubt. Etwas schlecht fühle ich mich nach ihrer Verhaftung schon, aber mal ehrlich. Sie hat es verdient, oder?