Von Claudia Grothus

Warum ist es eigentlich so etwas Wunderbares, auf Stufen zu sitzen? Auf Verandastufen.

Angelehnt an den massiven Balken, der das Vordach stützt, genieße ich das Gefühl von altem Holz, das immer warm zu sein scheint, immer bereit, einen zu umarmen. Die kleinste Bewegung verursacht einen tiefen, erdigen Klang. Besonders jetzt, in der Nacht, wo die ausgelassenen Feriengeräusche in ihren Hütten unter leichten Baumwolllaken schlafen, während die Haut noch von der Sonne glüht.

Der zunehmende Mond spiegelt sich weit draußen auf dem Meer. Tausende Zikaden zirpen in dem Duft von hohen Pinien und hier und da einer süßen Blüte. Ich ziehe den Saum meines Kleides über die Knie hinauf und wedle das Oberteil an den dünnen Trägern, um meine Haut ein wenig zu kühlen. Dann strecke ich ein Bein aus und lasse meine verstaubten Zehen vor der unteren Verandastufe durch den Sand streichen. Er ist immer noch warm. Und auch ohne das Brennen der Sonne liegt die tropische Nacht heiß und feucht auf meiner Haut.

Endlich tauchen hinter den Sträuchern und Bäumen an der Uferstraße Scheinwerfer auf. Unruhig bewegen sie sich mit den Kurven, kommen näher, werden heller. Ich stehe auf, schlüpfe in meine Flipflops und stelle mich auf die oberste Stufe.

Der Wagen fährt hinter dem Hibiskusdickicht in den kleinen, mit Bambus gedeckten Carport. Die Scheinwerfer gehen aus und der Motor verstummt. Ich lausche – es schlägt nur eine Autotür zu. Unwillkürlich öffnen sich meine Lungen zu einem tiefen Atemzug.

Sie ist allein zurückgekommen!

Valerie kommt mit bedächtigen Schritten über den Sandweg zum Haus hinauf. Ich halte mich an dem hölzernen Geländer fest, wiege mich ein bisschen am langen Arm und lächle ihr zu.

„Sie ist weg,“ sage ich.

„Ja, es hat geklappt.“

Ich lasse das Geländer los und gehe ihr die zwei Stufen entgegen. Wir umarmen uns. Vertraut fühle ich den dünnen Stoff zwischen unseren weichen Körpern. Wir beide lieben Musselinkleider. Sie sind das Einzige, was bei dieser Hitze Luft an die Haut lässt.

Ausatmend lässt sich Valerie in der Mitte der Stufen nieder, legt die Ellenbogen und Hände auf ihre Knie und den Kopf seitlich auf die Unterarme. Verschmitzt lächelt sie mich von dort aus an.

„Magst du noch einen Drink?“, fragte ich.

„Unbedingt“, antwortet sie und es klingt wie ein Seufzer.

Ich gehe hinein, finde im Dunkeln den Kühlschrank und nehme den silbernen Shaker aus dem Türfach. Schnell sperre ich die grelle Helligkeit wieder ein, obwohl die kalte Luft, die mir aus dem Inneren entgegenströmt, herrlich ist.

Ich nehme zwei hohe, schmale Gläser aus dem Regal, taste nach dem Eiseimer, greife in die halb geschmolzenen Würfel und lasse eine Handvoll in jedes Glas klirren. Erst als ich wieder neben Valerie auf den Verandastufen sitze, schenke ich uns aus dem Shaker ein.

„Cheers!“, sagen wir leise und stoßen die dicken Glasböden mit einem satten Geräusch aneinander. Bei jedem Schluck klickern die Eiswürfel freundlich und verheißungsvoll in der süßen, starken Flüssigkeit.

Der Nachthimmel leuchtet jetzt in tiefstem Saphirblau. Wenn der Gesang der Zikaden abschwillt, können wir das leise, langgezogene Anbranden der Wellen unten am Strand hören.

„Und? Hat sie noch irgendetwas gesagt?“, frage ich.

„Nee.“ Valerie lässt die Reste ihrer Eisstückchen in ihrem Glas kreisen.

Sie lehnt sich zurück und stützt die Unterarme auf die Stufe in ihrem Rücken.

„Ich bin echt erledigt. Die Fahrt in der Hitze und dann dieses Schweigen im Auto!“

„Tut mir leid, dass du das aushalten musstest.“

„Ach ja, eine musste ja fahren. Alles ist besser, als wenn wir noch zu dritt wären.“

Eine Weile sitzen wir in erschöpftem Schweigen, während sich die leeren Gläser in unseren Händen langsam aufwärmen.

„Komm, wir gehen noch eine Runde schwimmen!“

„Gute Idee!“

Wir stellen die Gläser auf den Stufen ab, stehen auf und folgen dem Sandweg hinunter zum Meer.

Die Wellen scheinen nachts leiser über den Strand zu spülen. Ihr spielerisches Gluckern, wenn sie sich wieder zurückziehen, ist wie eine geduldig wiederholte, unwiderstehliche Einladung.

Wir schütteln die Flipflops von den Füßen, ziehen uns die Musselinkleider über die Köpfe und gehen langsam schlendernd auf das Wasser zu, bis es unsere Zehen mit kühlen, schmeichelnden Küssen empfängt.

Das Leuchten der Nacht schimmert auf unserer Haut. Es reflektiert sich auf glatten Hüften, spiegelt sich auf hellen, wiegenden Brüsten und lässt schließlich unsere nassen, braungebrannten Schultern glänzen, nachdem wir uns ganz in das seidig warme Meerwasser haben gleiten lassen.

V2