Jochen Ruscheweyh
Ich sitz in unser Küche und nudel ’n paar alte Judas Priest Riffs runter, als ich den Schlüssel im Schloss hör und von Null auf Hundert happy bin, weil das nur die beste Steffi der Welt sein kann, weil SEK oder Mossat Türen ja meist sprengen.
Sie kommt rein, drückt mir ’n Knutscher auf und ich merk, wie heiß ihre Backen, nee Wangen sind. Ich sag: „Ey, alles cool, oder hast du Fieber?“
Steffi streicht sich ‘ne Strähne aus’m Gesicht und grinst grenzdebil bis zum Pluto. „Er kommt nächste Woche.“
Ich sag: „Hey, super“, obwohl ich keinen Plan hab, wer er is’, außer sie meint diesen einen Kunst-Typ, der sich seit ‘nem Jahr in ’nem Glaskäfig einen runterholt und dass der vielleicht nächste Woche endlich fertig wird.
Aber es is’ immer gut, so zu tun, als wenn man im Bilde is’, klappt bloß meist nie. Auch diesmal nich’, weil Steffi ’n maxi Flunsch zieht:
„Ach, komm, Woody, echt jetzt? Ey, das bedeutet mir ziemlich viel und du weißt überhaupt nich’, wovon ich red, oder?“
Da ich eh nich’ lebend aus der Nummer rauskomm, sag ich: „Nee, tut mir leid, aber is’ dir aufgefallen, dass ich aufgeräumt hab und der Müll draußen is’?“
Ich weiß, das ist übelstes role-cliche-shaming, aber in ‘ner Beziehung muss man halt manchmal auch … , ach, keine Ahnung, bin ich Zychologe, oder was?
Sie rammt mir ihren Zeigefinger so fest gegen’s Brustbein, als hätt sie mit Bruce Lee und Samo Hung Vogelhäuschen im Kindergarten gebaut und schreit mir ins Ohr: „BOW DOWN, HERE COMES SURGEANT SUBMARINE!“
Ich reib mir erst Brustbein, dann Lauscher und sag: „Ey, wie jetzt? Der is‘ doch aus Idaho …?“
Und Steffi im Weggehen, maxi überheblich: „Euro Tour. Und … er kommt auch zu uns, ins FZW. Ich ruf jetzt Carola an. “
O.k., nachdem Steffi den dreiviertel Abend mit dieser beschissenen Flachtitten-Carola von ihrem verfickten Surgeant Submarine Fan Club telefoniert hat, liegt sie jetzt neben mir und is’ am Schnurcheln.
Also Steffi, nich’ Carola.
Und träumt jede Wette von Submarines Monster-Pimmel.
Und seinen aufgepumpten Steroid-Muskeln.
Und diesem Scheiß Testosteron-Bart, der so dicht und schwarz is‘, wie der damals bei meiner Action Team Spielfigur von Mattel.
Und ich?
Ich mach Kamerad Eule.
Also, wenn ich eins von mir behaupten kann, dann, dass ich Null eifersüchtig bin.
Jedenfalls, solange die Bedingungen stimmen.
Und logo kann meine Perle ’n halbschwulen U-Boot-Nazi-Navigator anschmachten, solange der seinen Homo-Arsch nich’ aus Idaho rausbewegt. Und klar, ich weiß, dass sie schon immer ‘n U-Boot-Fetisch hatte und ja, ich hab sie ab und zu dadrin bestätigt, dass es cool und total social is‘, Underground-Bands zu unterstützen. Aber wer kann schon damit rechnen, dass der Fucker mit seiner B-Mucke irgendwann mal soviel Kohle macht, um tourmäßig aus’m Quark und positionsmäßig über’n großen Teich zu kommen?
Ich steh auf, hol mir ’n gefrostetes Stifts aus’m Kühli – logo, ich würd nie ’n anderes Pils ansaugen, wenn ich auf Jealousy bin – knall mich wieder in die Heia und glotz beknackt an die Decke, während sich der Himmel draußen blutrot färbt.
Profaner Stahlabstich bei Hoesch oder bizarres Foreshadowing, wie ich dem Nazi-Nemo ’ne rostige Harpune zwischen die Eier meter?
I don’t know.
Am nächsten Tag knall ich mir gut die Rübe beim Proben zu, weil ich immer noch ’n monster Brass wegen der Surgeant Submarine-Kacke hab. Was irgendwie nich’ auffällt, weil wir alle fett wie die Haubitzen sind, außer Teschke.
Aber immerhin is’ der so loyal, mir anzubieten, mich nach Hause zu fahren.
„Alles okay, mit dir?“, fragt mein bester Freund und Basser, als er mit 25 durch ’ne 30er Zone brettert.
Ich sag: „Hey, mein größter verfickter Albtraum is’ grad real geworden, aber sonst is’ eigentlich alles Bombe.“
Teschke hält seinen Duftbaum Kirsche fest, während er über die Venus äh nee, Verkehrsberuhigungshügel fährt, nee, fahren wär übertrieben, besser rollt und meint: „Ich denke, deine Sorge ist irrational und vor allem unbegründet.“
Ich sag: „Sagt der Typ, der grad seinen Duftbaum Kirsche festhält. Mach ma’ Hell awaits dran“.
„Ich höre im Auto grundsätzlich keine Musik.“
„Dann lass mich aussteigen.“
„Also, Wuttke, ich weiß nicht, ob das eine gute …“
Aber ich hab mich schon abgeschnallt und bin raus.
Colt Seavers mäßiges Abrollen entfällt heute bei dem Speed.
Ich verdreh mir trotzdem mein linkes Fliegen-Bein.
Beim Türzuwerfen, ruf ich noch: „Sorry, is’ nich’ deine Schuld, liegt an mir!“, bin mir aber nich’ sicher, ob er’s mitkriegt, weil in 200 Metern kommt ’ne Ampel, die seine volle Fokussionierung erfordert.
Ich humpel durch die lonely streets von Hörde, könnte nach Hause, aber da hab ich jetzt grad absolute Minusböcke drauf, und Steffi pennt eh bei Flachtitten-Carola. Scheiße, was bin ich grad im Chauvi-Arsch-Modus, aber ich konnte die Olle noch nie ab.
Bedeutet de fuckto, niemand, der auf mich wartet.
Was liegt daher näher, als die Schwester seines ex-3-Week-Stands zu besuchen?
Ich lande relativ zielsicher vor Rubys Haustür und mein kleines Wuttke-Herzchen blüht voll rosa Kirschblüten auf – was partiell Teschkes Schuld is‘ mit seinem Kack-Duftbaum -, jedenfalls Kirschblühe, als ich ihre rostige Stimme durch die Gegensprechanlage hör.
Sie rekelt sich wie ’ne üppige Katze im Jamaica-Ballonseide-Jogger auf ihrem Söffchen, als ich hochkomm: „Oah, Wuttke, was is‘ denn los? Ich hab schon gepennt.“
„Hast du Pils-Bier da?“
Sie zeigt auf ihren Kühli. Ich mach auf und ernte zwei nierenwarme Heineken aus der Tür. Ich sag: „Dein Frosti hat n’ Kühl-Problem, ey, nee, andersrum …“
Und sie: „Hey, Wuttke, ich glaub nicht, dass du über mein Fridge-Problem sprechen möchtest, oder?“
Ich hock mich zu ihr auf’s Söffchen, fletsch die Kronkorken ab, reich ihr eins rüber und sag: “Surgeant Submarine ist mein verficktes Fridge-Problem.“
Wenn ich irgendwo Chef drin bin, dann Frauen mit verstrahltem Kopp vollzulabern, also, ich mein, dass ich ’n verstrahlten Kopp hab, nich’ Ruby. Ruby is’ außerdem so das verdammte Gegenteil von ihrer Schwester Keisha, dass ich immer Zweifel hab, dass die beiden sich denselben Jamaika-Dad teilen.
Wie auch immer, ich quassel fast zwei Heineken lang, während sich Ruby ’n Gras-Jungen an- und dann abfackelt.
Als ich irgendwann fertig bin, und wir Schulter an Schulter auf’m Söffchen kleben, meint Ruby: „Allrait, als ruuts-uman, die ich bin, und als Frau, sag ich dir, dass Surgeant Submarine Aspartam im Arsch und Wasabi unter der Vorhaut hat.“
Ich sag: „Fuck, was meinste damit?“ Weil, wenn Ruby sich selbst als ruuts-uman, also herkunftsbewusste Rasta bezeichnet, dann ist’s ernst.
„Na, dass er ’ne super scharfe Schnitte is‘.“
„Arrrgghhhh, Ruby!, Das is’ jetzt nich’ grad das, was ich gern hören tun würd … und außerdem total oberflächlich.“
Ich fang mir ’n Rasta-Ellbogen-Check ein und frag: „Ey, wofür war der denn jetzt?“
Ruby bläst ihren Grasrauch hoch in Richtung Decke und erklärt durch die Nase: „Weil du auf meiner Couch liegst und mich ruuts-uman oberflächlich nennst.“
Ich drück ihr ’n Freundschaftsknutscher auf die Wange und stöhn: „Ey, jetzt ohne Scheiß, Ruby das is’ ernst. Warum steht ihr Mädels auf solche Übermann-Typen?“
Ruby feedbackt mit ’nem Gegen-Freundschaftsknutscher: „Wir stehen drauf und hoffen, nicht verarscht zu werden, und dann entpuppt sich der Typ als Bull-Backa und wir sagen never again, bis der nächste mit geilem Body auf unserm Radar auftaucht.“
Ich ex den Rest Heineken: „Echt jetzt?“
„No, aber das ist doch das Klischee, was du grad im Kopf hast.“
Ich klau ihr den Joe und saug mir ’ne Ladung Jamaica Relaxe zwischen die Kiemen. „Ey, Rub, das is’ doch nich’ fair, ich versuch die ganze Zeit, nich’ so’n verficktes Rockstar-Arschloch zu sein, aber meine Perle steht anscheinend auf Rockstar-Arschlöcher. Also, was soll ich machen? Mir die Prostata mit Jalapenos pimpen?“
Sie wuschelt mir durch meine Wuttke-Mähne und sagt: „Relax doch mal, Wuttke! Steffi ist ganz sicher nicht weich in ihrem head und auch kein doghart, sie weiß, dass du ‘n klasse Typ bist und wird dich sicherlich nicht gegen ‘n Groupie-Fuck mit Surgeant Submarine eintauschen. Und außerdem, willst du sie zu Hause anbinden? Oder bei jedem Gig, den sie sich anguckt, Paranoia schieben, dass sie den Sänger geiler als dich findet?“
Ich will drüber nachdenken, geht aber nicht, weil das THC meine Birne weich wie Moosgummi macht und meine Denke wie ’n Flummi auf Speed gegen meine Hirnwände knallt. Und das einzige, was ich rausbring, is’: „Ey, Ruby, vielleicht hab ich ja ‘ne Schlacht um Midway, nee, Midway-Krise, nee, Midlife, aber ich fühl mich echt so … so … bedroht von den ganzen Kerlen dieser Welt, o.k. außer vielleicht von Teschke. Weil alle Kerle Arschlöcher sind und ich der Oberarsch, weil ich immer noch fast jeden Tag an deine Schwester denk.“
Sie zieht eine Augenbraue hoch, so wie es nur die Fisher-Sisters können.
„Hey, glatter Kingman, du bist erst kurz über 20.“
„Aber ich fühl mich wie 120.“
„Und was meine Sis angeht …“
„Ja?“
„Sie macht sich nur all die Mühe, weil es sie nicht damit klarkommt, dass sie dich nicht um den Finger wickeln kann. Was du aus der Info machst, ist deine Sache. Ich würd dir aber raten, lass sie weiter abblitzen, dann kapiert sie‘s hoffentlich mal. Und dein Submarine-Mistah? Keine Ahnung, ich denke, der ist ein selbstverliebtes Asshole. Ob er in irgendeiner Weise an Steffi interessiert ist? Wohl kaum. Aber du kannst nichts anderes tun, als abwarten und cool bleiben. Das ist, was dir das Ruby-Orakel rät.“
Ich nick. Und versuch, ‘n Moment nachzudenken. „Ey, Rub, mal was anderes, kannst du mir bitte sagen, dass ich auch scharf bin? Ich mein nur so.“
„Du bist scharf, Wuttke.“
„Danke. Kann ich bei dir pennen?“
„Wenn ich Steffi wär, würd, ich’s nich‘ ganz so geil finden.“
Ich versuch, drüber nachzudenken, ob ich genug drüber nachgedacht hab, bevor ich Ruby gefragt hab, ob ich bei ihr pennen kann und beantworte mir die Frage selbst, indem ich mir von zwei Meter über mir beim Einratzen zuguck. Ich mag diese Außerkörper-Erfahrungen vom Paffen nich‘, aber hey, Ruby is‘ mir ‘ne echte Freundin und deckt mich zu.