Von Miklos Muhi

Gerhard bestand darauf, an seinem letzten Tag bei der Firma, eine Abschiedsfeier auszurichten. Er ließ sich nicht lumpen. Etliche Liter Schnaps, Wein und Bier mussten daran glauben, genauso wie Unmengen an Krapfen mit Marmeladenfüllung, die er selbst zubereitet hatte. Alle aus der Abteilung waren gekommen und langten ordentlich zu.

 

Die feucht-fröhliche Zusammenkunft wurde erst im Morgengrauen vom Reinigungspersonal gesprengt.

 

Nach so einer Nacht wollte Gerhard nicht selbst fahren. Er rief, wie vereinbart, Johannes seinen Nachbarn und Freund an, und er holte ihn ab.

»Wie ist es gelaufen?«, fragte Johannes.

»Ganz gut, würde ich sagen«, antwortete Gerhard.

»Warum hast du das gemacht? Ich meine …«

»Ja?«, fragte Gerhard.

»Mann, ich verstehe dich nicht! Seit du Alizée geheiratet hast, beschwerst du dich, dass man dich mobbt und aus der Firma ekeln will. Dann nimmst du freiwillig Abschied und verköstigst die Arschlöcher auch noch!«

»Lass es gut sein.«

»Nein, ich lasse es nicht gut sein! Sonst bist du nicht so.«

»Sie haben diese Abschiedsfeier verdient.«

»Womit? Mit Mobbing? Damit, dass sie dich Negerinnenficker genannt haben, weil dein Schwiegervater aus Kamerun stammt? Aber wenn es etwas zu Trinken gibt, vergessen sie das ganz schnell. Du hast sogar deine Mooshammer-Krawatte ruiniert.«

»Kann mal passieren. Nichts hält ewig.«

»Haben die Krapfen geschmeckt?«, fragte Johannes etwas ruhiger.

»Alles weg«, antwortete Gerhard und lachte.

»Was ist daran so witzig?«

»Mit dem Mobbing konnte ich umgehen. Die Geschäftsleitung hat jedoch vor zwei Monaten angekündigt, dass alle Arbeiter und Angestellte regelmäßig auf Drogen getestet werden sollen. Alle, die sich weigern oder bei denen der Test positiv ausfällt, sollen fristlos entlassen werden. Da war für mich definitiv Schluss mit lustig. Ich lasse mir nicht vorschreiben, was ich in meiner Freizeit tun und lassen soll.«

Johannes nickte.

»Erinnerst du dich, dass ich in der letzten Zeit etwas knapp beim Grass war?«, fragte Gerhard.

»Ja.«

»Ich habe alles aufgespart.«

»Bleibt mehr für uns übrig.«

»Nein. Es ist alles weg.«

»Du hast gerade eben gesagt, dass …«

»Ich habe alles in den Krapfen getan. Heute ist Freitag … eigentlich schon Samstag. Spüren werden die Kollegen nichts, dafür reicht die Menge nicht aus. Montag früh findet der erste Drogentest statt. Für ein positives Ergebnis wird es auf jeden Fall reichen.«

 

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