Von Tabatha Schubert
TW: RECHTSCHREIBFEHLER MÖGLICH, kann „Gewaltverherrlichend“ wirken, Kraftausdrücke 🡪 Genre: Psychothriller!!!
Sie würde erst aufhören, wenn sie bluteten.
Bluten sollten sie für das, was sie getan hatten.
Sie sollten den bitteren Beigeschmack erfahren, den Vergeltung für die eigenen Taten mit sich brachte.
Und jeder sollte es sehen, jeder sollte erfahren, was sie getan hatten.
Und jeder sollte sehen, welche Folgen ihre Taten hatten.
Niemand würde ihre Vergeltung verhindern können.
Dafür hatte sie zu lange gelitten.
Mit höchster Konzentration richtete sie ihr Handy mit dem Stativ aus und startete mit einer flinken Geste die Live-Übertragung auf Instagram.
Mit Schwung verpasste sie ihren Gästen einen ordentlichen Schlag auf den Hinterkopf und nahm auf dem Stuhl in der Mitte des Halbkreises Platz, den Blick direkt zur Kamera gerichtet.
Alles war bis ins allerkleinste Detail durchgeplant. Es war gar nicht so einfach gewesen, einen passenden Ort zu finden, der nicht absolut heruntergekommen und fernab von der Stadt oder größeren Wohngebieten lag. Der Preis und die möglichen, rechtlichen Folgen waren ihr völlig egal.
Am leichtesten war es gewesen, ihre „alten Freunde“ ausfindig zu machen. Das Ehemaligen-Abiturtreffen, zehn Jahre nach ihrem Abschluss, hatte ihr den Zugriff sehr einfach gemacht. Es hatte sie unglaubliche Überwindung gekostet, dieses Treffen wahrzunehmen. Doch mit ihrem Ziel klar vor Augen und der Rückendeckung ihres Papas hatte sie sich dorthin gequält. Es war widerlich gewesen. Wie sich alle gegenseitig hochgestachelt hatten. Wer denn nicht am erfolgreichsten und wohlhabendsten geworden war. Wer den perfektesten Partner an seiner Seite hatte oder sich dem Alter entsprechend gut gehalten hatte. Als wäre es ein verfickter Wettbewerb von Fünftklässlern, wer denn die meisten, seltenen Pokémon-Karten in seinem Deck hatte. Lächerlich und bemitleidenswert. Am schlimmsten war die absolute Scheinheiligkeit aller.
Niemand von ihnen hatte sich verändert.
Nachdem sich alle zur Begrüßung gegenseitig gedisst hatten, begutachtete sie das Spektakel vorerst vom Rande aus. Es war neben dem unangenehmen Smalltalk ein Leichtes gewesen, ihren vier sehr angetrunkenen Opfern eine ausreichende Menge K.o.-Tropfen zu verpassen. Auf ein gemeinsames Kommando hatte ihr Papa alle nacheinander in den gemieteten Lieferwagen verfrachtet. Sorgfältig hatte er sie daraufhin an den Stühlen festgebunden und geknebelt. Genauso, wie sie es damals mit ihr gemacht hatten. Im Wald, an einem großen Baum. Nur der Gedanke daran löste ein unangenehmes Schaudern in ihrem Inneren aus.
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Ihr Blick glitt langsam durch die Runde, während ihre Opfer sich Orientierung zu verschaffen schienen. Sie spürte ihre ungläubigen Blicke auf sich. Breit Lächelnd wandte sie sich der Kamera zu.
>>Sehr gut. Herzlich Willkommen alle miteinander.<< sagte sie laut, mit einer einladenden Handbewegung durch die Runde und an die Kamera gerichtet. Sie holte einmal tief Luft und nutzte diesen kurzen Moment, um einen Blick auf die Anzahl ihrer Zuschauer zu erhaschen. 253. Es würden mit Sicherheit bald mehr werden, da war sie sich mehr als sicher. Die Menschen waren ganz heiß auf skandalöse Vorkommnisse, vor allem wenn diese auch noch frei verfügbar im Internet zu haben waren. Erfreut klatschte sie in die Hände. >>Na dann lasst uns endlich beginnen!<< Ihre Stimme zitterte voll Vorfreude.
Um sie herum war es still geworden und ängstliche, wie wütende Blicke durchbohrten sie von beiden Seiten. >>Bevor wir jedoch beginnen,…<< Sie erhob sich von ihrem Stuhl und wandte sich der Tür am anderen Ende des Raumes zu. >>…möchte ich euch einen ganz besonderen Gast vorstellen. Du kannst jetzt reinkommen!<< Gedämpftes, mit Angst erfülltes Stöhnen ertönte, während eine Person ganz in Schwarz gekleidet in den Raum trat und sich schnellen Schrittes zu ihr begab. Der Mann lächelte erfreut und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Grinsend wandte sie sich wieder ihren Opfern zu. >>Darf ich vorstellen. Mein Papa, Harald. Er wird mich heute etwas unterstützen.<< Sagte sie stolz und setzte sich wieder. Harald hantierte hinter ihr herum und bereitete die später benötigten Werkzeuge vor.
>>So, nun ist es aber an der Zeit, dass ich uns auch einmal vorstelle. Die Zuschauer sollen ja wissen wer wir sind und warum wir uns heute hier versammelt haben.<< richtete sie sich an die Kamera und deutete mit einer sanften Handbewegung auf die Ladys zu ihrer Linken. >>Ladys First, Anastasia und Larissa, langjährige „Freundinnen“.<< Sie bildete, mit ihren Mittel- und Zeigefingern, Gänsefüßchen in der Luft. Sie lächelte die beiden voll Ironie an und wandte sich dann den Gentleman, zu ihrer Rechten, zu. >>Und die beiden Gentleman, Leon, mein ex, und Anton.<< Sie sah die Herren mit ernster, verachtungsvoller Mine an. Aller Aufmerksamkeit lag auf ihr.
Abrupt erhob sie sich wieder von ihrem Stuhl und stellte sich hinter diesen, bevor sie einen flüchtigen Blick über ihre Schulter warf. Ihr Papa stand, allzeit bereit, neben einem Silbernen Rollwagen, der alle nötigen Utensilien bereit hielt. Unauffällig warf sie ihm einen fragenden Blick zu, den er mit einem Daumen hoch beantwortete. Alles war bereit.
>>Nun mögt ihr euch alle Fragen wer ich bin und warum zur Hölle ich 4 Personen in meiner Gewalt habe. Liebend gerne erkläre ich es euch.<< sprach sie an die Kamera gewandt. Ihre Hände umklammerten die kühle Stuhllehne. Hinter sich vernahm sie das leise, stählerne Geräusch, der Rollen des Wagens und die dumpfen, langsamen Schritte von Harald, der sich links neben sie Stellte. Die vier Deppen wanden sich schreiend auf ihren Stühlen.
>>Ich bin Lena. Ich war während meiner Schulzeit jahrelang Gegenstand zur Belustigung dieser Herrschaften. Ich habe alles ertragen müssen, von Beleidigungen, Demütigung, vermeintlichen „Pranks“ und letztendlich geplanter, vorsätzlicher Folter.<< ein verletztes und verbittertes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, während sie zum Rollwagen ging und sich eine Astschere nahm. Mit langsamen Schritten lief sie zielsicher auf Leon zu, in dessen Augen purer Hass aufblitzte.
>>Wir springen direkt zu der ereignisreichen Nacht, die mich seit ganzen 10 Jahren jeden einzelnen, verfickten Tag verfolgt.<< Sie bückte sich etwas herunter und sah direkt in Leons Augen, während sie mit der Astschere, spielerisch vor seinem Gesicht herumwedelte. >>Du warst es, der mich von der Party weg, in den Wald gelockt hat, um mit mir allein zu sein.<< Leon Wand sich wütend auf dem Stuhl, dass die Stuhlbeine teilweise vom Boden abhoben. Sie drehte sich zu Anton. >>Und du, du hast mich lachend an meinen Haaren zu dem Baum geschleift und mich festgehalten, während…<< Sie drehte sich zu den Ladys. >>…während die beiden Ladys, meine „besten Freundinnen“…<< Sie lachte schrill und gehässig auf. >>…mich an dem scheiß Baum festgebunden haben, dass ich kaum noch atmen konnte.<< Wie auf Kommando stand Harald plötzlich hinter Larissa, band ein Stahlseil um ihren Hals und zog es so fest zu, dass es sich tief in ihren Hals schnürte. Panisch schnappte sie nach Luft und wandte sich auf ihrem Stuhl, mit dem kläglichen Versuch ihre festgeschnürten Arme hoch zu reißen. Lena sah mit einem befriedigten Lächeln dabei zu, wie ihr Kopf hochrot anlief und sich ihre Lippen bereits blau färbten, während Larissa vor sich hin röchelte.
>>Und du.<< Sie drehte sich zu Anastasia. >>Du hattest nichts besseres zu tun, als mir mein Gesicht zu verkrüppeln.<< zischte sie wütend. Langsam Strich sie sich den Pony aus der Stirn und offenbarte feine, helle Narben, in Form von vier Großbuchstaben, die sich vom Haaransatz, bis zu den Augenbrauen über ihre gesamte Stirn erstreckten. SLUT. In Lena kroch der ganze, über die Jahre aufgestaute Hass hoch. Der Ausdruck in ihrem Gesicht wurde ernst und eiskalt, ohne jegliche Emotionen. Anastasia gab bitterlich weinend flehende Töne von sich.
Sie ließ von Anastasia ab und drehte sich theatralisch zu Leon um.
>>Bevor ich mich mit deiner Ehefrau beschäftige,…<< Sie Schritt langsam auf Leon zu und setzte sich auf seinen Schoss. >>…habe ich auch mit euch noch ein äußerst großes Huhn zu rupfen.<<, sagte sie beinahe flüsternd, mit gespielt trauriger Mine in sein Ohr. >>Ihr beide wart es, die mich die ganze Zeit über festhielten, während ich festgebunden wurde und mir mein Gesicht ruiniert wurde. Und damit das nicht wieder passiert…<< Ohne zu zögern setzte sie die Astschere an Leons Rechten Zeigefinger an und drückte sie mit aller Kraft zusammen. Mit einem beherzten knirschen trennte die Schere den Finger von Leons Hand und viel dumpf zu Boden, gefolgt von einem gequälten, schmerzerfüllten Schrei. Leon wand sich auf seinem Stuhl und röchelte gegen das Klebeband an, dass seinen Mund geschlossen hielt. Blut tropfte in einem kleinen Rinnsal auf den mit einer Plane ausgelegten Boden. Angelina schrie noch immer heulend gegen das Klebeband an und fing an mit aller Kraft den Stuhl zu Fall zu bringen. Lena nahm keine Notiz von ihr. Sie setzte die Astschere an Leons Mittelfinger an, doch bevor sie auch diesen abtrennen konnte, wurde sie unterbrochen.
In das Geheule und Winseln mischte sich gewaltsames Klopfen.
Es kam von der Eingangstür. Mit dem Taschenmesser in der Hand lief sie mit bedachten Schritten zur Tür. Harald ließ sich nicht stören und bereitete das nächste Werkzeug vor. Nachdem sie einen Moment verharrt hatte, drückte sie langsam die Klinke runter. Sobald die Tür gerade mal einen Finger breit geöffnet war, wurde diese mit voller Wucht aufgetreten. Lena wurde von der Tür, hinter welcher sie noch immer stand, erfasst und gegen die Wand rechts neben ihr geschleudert. Sie kam mit dem Kopf voran auf dem Steinboden auf. Ihr wurde schwarz vor Augen und der Geschmack von Eisen lag ihr auf der Zunge. Sie hatte sich auf die Zunge gebissen. Ihr Hinterkopf pochte und fühlte sich nass an. Das einzige was sie noch vernahm waren Bruchstücke. Polizei…, Hände hoch…, hektisches schreien.
Es fielen Schüsse.
9975 Z+Lz, V2
26.07.25, Trastevere, Rom