Von Luca Leone

Wie die meisten Tragödien meines Lebens, fing auch diese am Montagmorgen an. Ich war im Aufzug mit noch einige arme Seelen, die mit aller Kraft in ihre Kaffeebecher oder Ihre Handys schauten. Alle in der Hoffnung, das Unvermeidliche noch etwas aufzuschieben.

Dort merkte ich es zum ersten Mal. Meine Schuhe lagen , oder besser gesagt schwebten über den Boden. Es waren vielleicht nur ein paar Millimeter, aber trotzdem bemerkbar. Ich versuchte nicht in Panik zu verfallen. Wieso musste mir das passieren, und ausgerechnet jetzt, wo meine Mitarbeiter zugegen waren. Mit aller ruhe die ich noch besaß, versuchte ich ganz leicht meine Beine zu bewegen und den Boden wieder zu erreichen. Diese Paar Sekunden zogen sich wie Kaugummi, aber ich schaffte es endlich. Pünktlich zum Klingeln der Tür, die sich jetzt vor mir auf tat.

Bis zum Mittagessen war das ganze vergessen. Ich saß neben einer Kollegin und unterhielt mich, als ich langsam merkte, dass ich immer weiter nach unten schauen musste, um ihr in die Augen zu schauen. Schwitzend schaute ich nach unten. Schon wieder schwebten meine Füße über den Boden, diesmal ein oder zwei Zentimeter. Und egal wie diskret ich mich zu richten versuchte, meine Kollegin merkte sofort mein Unbehagen und entfernte sich bald. Gedemütigt und Nervös machte ich mich auf dem Weg ins Bad.

Als ich mich endlich einschließen konnte, wusch ich mir das Gesicht mit kaltem Wasser, machte meine Atemübungen. Wenn ich jetzt nach unten schaute, sah ich einen merklichen Abstand zwischen mir und der Boden. Es hatte keinen Sinn mehr es zu verheimlichen. Ich flog. Und ich wusste nicht, wie ich herunter kam.

Jede Bewegung ließ mich höher steigen, also musste ich ruhig bleiben. Was sollte ich nun tun? Mich krank schreiben lassen? Nein, ich musste dann heraus aus dem Gebäude und wer weiß, was an der frischen Luft passieren würde. Wieder an meinem platz gehen? Unsinn, ich war am Fliegen und ich konnte nicht damit aufhören. Ich würde sofort raus fliegen. Hahaha. Na ja, zumindest hatte ich noch meinen Humor. Obwohl der mir jetzt nicht weiter helfen würde.

Vielleicht sollte ich professionelle Hilfe anfordern. Aber wen ruft man in solcher Situation an? Die Polizei, den Arzt, die Feuerwehr? Dann hatte ich die Idee. Hilfe, ich fliege! gab ich ein. Leider hatte Google nur Antworten über Träume und Esoterik. Nicht hilfreich in meiner Lage. Und jede Sekunde schwebte ich höher.

Irgendwann, wäre der Druckunterschied so groß, dass mein Herz explodieren würde. Oder ich würde so hoch steigen, dass die unerbittliche Kälte der Höhe mich umbringen würde. Ich gab auf. Aber sogar als meine Beine mich nicht mehr halten konnten, flog mein ganzer Körper herum. Fliegen. Mein Fluch. Jetzt ist es zu spät. Ich höre die Klopfen, die Schreie nach mir und trotzdem kann ich mich vor Angst nicht bewegen. Obwohl, ich fliege. Das ist es eben.