Von Heinz Helm-Karrock

Die Reiseutensilien hat Paul gut verstaut, das Gepäck ist verschnürt, und er ist sich sicher, dass dieses Mal alles gut gehen wird. 

Es ist 04:30 Uhr. Der Flug startet um 06:10 Uhr. Paul spürt seine Müdigkeit. Das Taxi hupt zum dritten Mal. 

Mit spürbarem Reisefieber nimmt Paul sein Reisegepäck, die Papiere, seine geliebten Ingwer-Bonbons und eine Thermosflasche. Die Nachricht für Lisa, seine Mutter, liegt gut sichtbar auf dem Tisch neben dem Blumenstrauß. 

Er zieht die Tür ins Schloss, ohne abzuschließen, drückt den Schalter für das Hoflicht, schließt hinter sich das Tor und begrüßt den Fahrer. Dieser öffnet die Heckklappe, und beide verladen das Gepäck und den Reiseproviant. 

Paul ist nicht sehr gesprächig und denkt über die bevorstehende Reise nach, die Stationen und Länder, die er kennenlernen wird. Die Fahrt dauert etwa 40 Minuten, und der Fahrer entlässt Paul am Flughafenterminal in die Zukunft.

Einchecken und Papiere klären sind nervenaufreibende Vorgänge, und Paul ist erleichtert, als er nach dem Passieren des Gateways und der Kontrollen im Wartebereich steht. Gerade erfolgt der Aufruf, sich zum Einstieg am Flugzeug zu begeben. Mit leichtem Gedränge bildet sich eine Schlange, die langsam in Richtung Flugzeugtür verschwindet, kleiner wird und schließlich den leeren Raum hinterlässt. Die Stewardess an der Treppe begrüßt die Fluggäste und weist ihnen ihre Sitzplätze zu. Paul nimmt Platz, nachdem er sein Handgepäck verstaut hat. Nach der Instruktion durch das Personal für die Verhaltensweisen im Flugzeug, begrüßt der Pilot alle Fluggäste und wünscht einen guten Flug. 

Die Maschine rollt zur Startposition, nimmt Fahrt auf und steigt in die Lüfte. Paul kann aus einem der Fenster sehen, wie Häuser, Straßen, Gelände und Wald kleiner werden. Auf den Wasserflächen von Seen und am Meer erkennt er weiße Schaumkronen und die glitzernden, Sonnenlicht reflektierenden Oberflächen. Er fliegt seinem Ziel entgegen, träumt im aufsteigenden Morgen von seinen Vorstellungen und seinem Auftrag am Zielort.

Endlich, nach zehnstunden Flugzeit bereitet der Pilot die Landung vor. Paul möchte sich bewegen und sitzt eingepfercht zwischen den Mitreisenden. Er wird unruhig und kann kaum abwarten, bis das Flugzeug landet und ausrollt. 

Das obligatorische Klatschen zur Bestätigung eines sicheren Fluges und der bewundernswerten Leistung des Piloten löst die Spannung etwas. Die Fluggäste erheben sich, sobald die Maschine steht, entnehmen Gepäckstücke und persönliche Dinge, um das Flugzeug zu verlassen. Am Ausstieg verabschiedet sich die Crew, und Paul ist froh, endlich frische Luft zu atmen. Er spürt die veränderte Temperatur. Am Gepäckband holt er sein Reisegepäck und wundert sich nun doch über das Volumen. Im Gebäude hält er Ausschau nach einem Restaurant. Er möchte sich etwas frisch machen und hat Hunger. Hier bemerkt er, dass er nicht mehr in Europa ist, und bestellt sich etwas mit Nudeln und frischem Gemüse, dazu eine große Maracuja-Schorle. Er weiß, dass er von Claudia erwartet wird und freut sich auf das Wiedersehen nach so langer Zeit. Als er das Gebäude verlässt, empfindet er für einen kurzen Moment den Wunsch, Claudia möge hier auf ihn warten und ihn begrüßen. Paul ruft ein Taxi und teilt dem Fahrer die Adresse mit. Die Fahrt dauert über eine Stunde, und Paul erkennt die Straße und das Gebäude. Hier wohnt Claudia.

Man bemerkt bei der Wissenschaftlerin eine gewisse Distanz, die auch für Paul gilt. Sie begrüßt ihn, erkundigt sich nach seinem Befinden und zeigt ihm, wo er heute Nacht schlafen kann. Claudia hat Getränke vorbereitet und es gibt noch einiges zu besprechen, wie diese Expedition organisiert ist und wann am Morgen gestartet wird. Sie lädt Paul zu einem Rundgang in die Stadt ein, da sie noch Besorgungen machen muss. In einem Bekleidungshaus kaufen sie diverse Dinge ein, nehmen in einem Café Platz für einen gemütlichen Moment und besprechen die Verteilung von Aufgaben und Aktionen am Zielort. Paul wird die meiste Zeit in den Laboren verbringen, während Claudia ihre Außenaufenthalte mit ihm durchspricht und gemeinsam überlegen sie, was sie unbedingt mitnehmen müssen. Aber die Expedition ist gut vorbereitet und sie finden alles Nötige im Lager.

 

Gegen 05:00 Uhr am Morgen frühstücken beide mit heißem Kaffee, getoasteten Brötchen, Rührei, Lachsstreifen und viel frischem Obst. Um 07:30 Uhr fahren beide zum Hafen, um einzuchecken. Hier treffen sich alle Expeditionsteilnehmer – acht an der Zahl –, um mit dem Schiff auf die andere Seite des Kanals zu fahren.

Es sind 55 Kilometer und etwa sieben Stunden Fahrzeit, bis das Schiff erneut anlegt. Mit drei Kettenfahrzeugen werden die Wissenschaftler zu ihrer Unterkunft gebracht. Es ist später Nachmittag, und die Dämmerung setzt ein. Zwischen Dämmerung und Dunkelheit liegen hier etwa fünfzehn Minuten. Paul ist froh, die Unterkunft erreicht zu haben, bevor es völlig dunkel ist.

 

Er verbringt die ersten Nächte alleine und schaut zunächst im Materiallager nach den Essensvorräten. Sein Gepäck legt er griffbereit für den nächsten Tag zurecht. Plötzlich hört er laute Geräusche. Er kann sich das nicht erklären und geht zu den kleinen Sichtluken an der Außenseite. Er sieht hellen Feuerschein und eine starke Explosion. Seine Unterkunft erzittert unter der Druckwelle, und Paul gerät in hellen Schrecken.

 

Was ist da los? Schnell zieht er sich seinen Mantel an und rennt nach draußen. Es sind hier -45°C, obwohl der Winter gerade erst beginnt. Paul irrt umher und stellt fest, dass er weder helfen noch etwas retten kann. Der Feuerschein beleuchtet die Szenerie und taucht alles in ein unwirkliches Licht. Paul ist entsetzt, verwirrt und hilflos. Er muss zusehen, wie das gesamte Areal abbrennt und wohl alle Teilnehmer umgekommen sind.

 

Er dreht sich um und schaut in die Nacht. Seine leeren Augen registrieren nicht, was um ihn herum geschieht. Er blickt in zwei fixierende und leuchtende Augen…

 

Als man ihn am nächsten Tag findet, trägt er einen weißen Mantel. Er ist in der Nacht erfroren. 

Um seine Leiche sind deutlich Fußspuren von Tieren zu sehen.