Von Rike Sauer

Meine eigene kleine Welt scheint von außen verträumt und schillernd. Wirkt luftig leicht, doch treibt sie mich in die Einsamkeit.

Sie gleicht einer erfrorenen Seifenblase, deren Eisschicht dick wie Mauern sind und auch als solche fungieren. Mauern, die schützen sollen. Aber wovor? Die Außenwelt vor mir, aber in erster Linie mich vor der Außenwelt.

Angst findet in meinem Herzen Platz. Wovor? Davor, dass ich es nicht länger schaffe, mich vor mir selbst zu schützen.

Diese Welt ist zu klein, sie engt mich ein. Sie hält mich gefangen.

Während draußen die Sonne lacht, hocke ich draußen und friere. Mein Herz verströmt eine Eiseskälte. Kein Riss lässt Grund zum Hoffen des Entkommens.

Die Mauern waren mir nie ein Schutz. Sie halten die Angst in mir gefangen, halten mich in mir gefangen. Will nur noch entkommen, meinen Gedanken entkommen, die mir Hirnfrost geben.

 

Ich bemerke etwas zu meiner Linken. Ich ertaste es. Ob ich blind bin weiß ich nicht oder ob es meine immerzu dunkler werdende Welt ist, die mir die Sicht stahl. Ohne einen Lichtblick sehe ich keine Perspektive. Der Gegenstand fühlt sich kalt und metallisch an. Ich kann ihn kaum anheben, so schwer ist er. Vielleicht ist es aber auch nur die fehlende Kraft meiner eiskalten, versteiften Glieder.

Vorne läuft der Gegenstand spitz zu. Eine Waffe?

Meine Stirn läuft plötzlich ganz heiß.

 

Lag hier schon immer eine Spitzhacke?

 

Ich beginne rhythmisch in die Eismauer zu hacken, die Mauern meines Gefängnisses einzureißen. Bald schon muss ich Pause machen, aber von Tag zu Tag werde ich stärker, die Ängste weniger und die Eisdecke dünner.
Überhaupt verändert sich gerade vieles. Nach Jahren der Stille höre ich das Eis bersten und das Tauwasser auf den Boden tropfen. Ich höre den Wind an meinem Gefängnis rütteln und das Gezwitscher der Freiheit. Ich sehe Tageslicht durch die feinen Risse eindringen, die die Mauern millionenfach wie ein Adergeflecht durchziehen.

Und zum allerersten Mal fühle ich die Wärme der Hoffnung in meinem Herzen.