Von Bernd Kleber

So weit entfernt von zuhause, von Heimat. Und diese Wachen vertieften zusätzlich das Gefühl von Einsamkeit. Sehnsüchtig blickte ich ans Firmament. Der Sternenhimmel war klar und tief wie ein eiskalter, grundloser H2O-Speicher. Meine Lieblingssternbilder hatten sich auf den Weg gemacht, den Äther zu durchreisen, um sich in den schönsten Winkeln zu präsentieren. Sie stiegen an und vollzogen bei ihrer Halbkreisbahn eine kleine Verschiebung ihrer Zentralachse. Es war sehr kalt. Auf meiner Haut bildeten sich kleine Kristalle.

Ich hatte Fernweh!

Da schob sich in dieses Bild des ewigen gleichen und friedlichen Kreislaufes ein neuer Himmelskörper.

Mit Schweif.

Er wurde größer und größer und das in kurzer Zeit. Ich beobachtete diesen Kometen. In mir alarmierten alle Nerven den Wunsch nach Flucht, Deckung, Hilfe. Mein Blick tastete die Umgebung ab. Losrennen? Hierbleiben? War ich der Einzige, der das gerade sah? Werde ich Zeuge eines Unglückes? Was, wenn dieser Körper ungebremst hier aufschlägt? Ich stand auf, wollte gehen, konnte meinen Blick aber nicht von diesem Fakt lösen.

Ja, es bestand kein Zweifel, dieser kosmische Körper raste direkt auf mich zu.

Das Geschoss sah für mich aus wie ein riesiges Tier, plump und klobig. Es drehte sich in der Luft um die eigene Querachse. Mit ungeheurem Lärm, Staub aufwirbelnd, senkte es sich langsamer werdend auf die Ebene vor mir. Es muss so etwas wie eine Bremskraftregulierung stattgefunden haben. Eingehüllt war das Ding nun in eine graue Wolke.

Dann war Ruhe, es stand still und breit vor mir. Grinste es? Es hatte seine mindestens vier Gliedmaßen in das Plateau gerammt und federte nach. Genau konnte ich die Gliedmaßen nicht erkennen. Die Partikelwolke senkte sich erst nach und nach. Das Phänomen strahlte souveräne Ruhe aus. Es war riesig. Mir fiel es schwer, seine Höhe zu schätzen. Gigantomanie! Der Körper glänzte silbern. Von mir nie gesehene Schriftzeichen verzierten seinen Rumpf. Doch kein Tier?

Ich fasste mich, schüttelte mich, sprang drei Sätze beiseite und dann in die andere Richtung. Ich sprang noch einige Male ohne Ziel, bis ich mich selbst ermahnte, Ruhe zu bewahren.

Was sollte ich tun? Ich dachte an meine Familie und daran, wie ich eben noch am liebsten nach Hause wollte. Das durfte jetzt durch diese Bedrohung nicht enden, mein erst kurzes Leben. Ich hatte noch so viel vor. Warum war ich ausgerechnet hierher versetzt worden? Und warum hatten alle gemeint, ich würde vor Langeweile die Sinne verlieren. Das dort war keine Langeweile!

In Sichtweite war ein kleiner Felsen, hinten dem ich mich jetzt mit einem Riesensatz verkroch. Ich wollte das Geschehen weiter beobachten. Besser wäre gewesen, sofort Meldung zu machen, jedoch war ich wie hypnotisiert.

Es verging eine lange Zeit, bis ich wieder ganz zu kam. Meldung! Ich stellte das Kommunikations-Gerät auf Senden und berichtete meinem Vorgesetzten, was sich hier gerade abspielte.

Der hatte zurück gebellt, ich solle mich nicht von der Stelle rühren und auf Verstärkung warten. Ja, dachte der denn, ich würde hier den Helden markieren? Ich bin Pazifist! Er forderte mich auf, optische Beweise zu dokumentieren. Ha, die Optik hatte ich gestartet und es surrte leise.

Die Ruhe von gegenüber war magisch.

Mir war klar, dass in jedem Moment diese trügerische Idylle sich in einen historischen Augenblick verwandeln würde, der bedeutete, dass hinterher alles komplett anders sein würde als es bis dahin gewesen war. Und ich war Zuschauer.

Inzwischen hatte ich eine leise Ahnung, was da geschah. Krass! Ich wollte nicht glauben, was nicht sein konnte.

Eine Öffnung im Rumpf öffnete sich knarrend. Ein schwarzes Loch zeigte sich. Ich bewegte mich keinen Staubkorn breit. Was war das?

Ich vernahm ein Rauschen. Etwas steckte in dem Loch. Eine große dicke Kugel. Ebenfalls silbern glänzend, mit einer in der Mitte platzierten, golden schimmernden Kreisform. Der Kopf mit einem Auge? Nur eins? Dieser runde Gegenstand schwang jetzt hin und her. Kurz dachte ich an Waffen und duckte mich sehr flach hinter meinen kleinen Felsen. Schockstarre!

Ich wagte es in Abständen immer wieder über den Rand des Steines zu blicken.

Bald hatte sich der gesamte Körper aus dem Loch geschoben. Langsam bewegte er sich mit zwei riesigen zylindrischen Gliedmaßen das trittähnliche Gebilde hinunter auf die Ebene. Die Bewegungen waren extrem zäh wie in dickflüssigem Magma. Ungeschickt! Zwei weitere Extremitäten tasteten sich ebenfalls an dem Gerüst entlang. Das Ganze sah ungelenk aus, als hätte es Mühe sich überhaupt zu bewegen.

Nach einer dramatisch langen Zeit war das Lebewesen oder die Moduleinheit endlich auf der Ebene angekommen. Unten bewegte es sich in alle Richtungen, als erwarte es ein Empfangskomitee. Ich verhielt mich weiterhin unauffällig, zeichnete alles auf. Inzwischen erwartete ich mehr als sehnsüchtig die angekündigte Verstärkung. Ich gestehe, ich hatte Angst.

Das Wesen stapfte nun mit riesigen Schritten, und irgendwie sehr phlegmatisch wirkend, vorwärts. Es sprang sogar einige Abschnitte. Dann tat sich an dem schwarzen Loch wieder etwas und ein zweiter Körper schob sich in das Szenario. Auch der war nicht gelenkig, sondern sehr träge. Die gleiche lahme Prozedur des gemächlichen Nacheinanders von verschiedenen Handlungen, um aus dem Gefährt zu kommen.

Die Verstärkung war immer noch nicht anwesend. Sollte sie aber allmählich. Wer ahnte, wie viele da noch aus dem Silberkörper kriechen würden.

Die beiden monströsen Wesen wendeten sich hin und wieder einander zu. Vielleicht kommunizierten sie telepathisch, denn es war nichts zu hören. Dann rammte das eine Gebilde etwas in den Untergrund. Es klang hohl und wie ein großer Gong. Neben ihm stand nun ein abgewinkeltes Gerät, ähnlich einer Scanzentrine und wackelte steif hin und her. Die Bewegung verursachte ein widerliches Rauschen auf sehr hoher Frequenz.

Endlich rollte am Horizont die erste Einheit heran, gefolgt von einer zweiten. Sie kamen. Ich war so erleichtert, dass ich am liebsten hinter meinem Felsen hervorgesprungen wäre, um ihnen die Stelle der Landung zu zeigen. Aber ich war klug genug, zu bleiben, wo ich war.

Die beiden Einheiten hatten sich mit riesigem Getöse aufgeblasen und waren nun gigantisch. Aus ihnen schallte, in deutlicher britischer Diktion, die Aufforderung, sofort den Mantel unseres Raumschiffes zu verlassen. Es wurde darauf aufmerksam gemacht, dass es verboten ist, etwas in die Außenhülle zu stecken. Man würde keinerlei Beschädigungen dulden. Die beiden Lebewesen erschraken sichtlich, denn sie bemühten sich, so flink sie vermochten, ihre Mobileinheit zu erklimmen. Trieben sich gegenseitig zur Eile. Der zweite schubste den ersten sogar. Ich war sehr amüsiert und ein bisschen schadenfroh.

Meine Vorgesetzten fischten im All noch altterrestrische Kommunikationssignale auf:

Astronaut 1: „Aber… was ist das??“

Astronaut 2: „Habt ihr eine Erklärung dafür?“

Houston: „Macht euch darüber keine Gedanken, macht mit eurem Programm weiter.“

Astronaut 1: „Mein Gott, es ist atemberaubend! Diese Größe! Das kann man sich einfach nicht vorstellen!“

Houston: „Wir wissen Bescheid. Geht auf die andere Seite!“

Astronaut 1: „Was zum Teufel ist das? Es ist erstaunlich… Gott… was ist das nur? Könnt ihr mir das erklären?“

Houston: „Bitte die Frequenz wechseln, benutzt Tango Tango!“

Astronaut 1: „Dann ist dies eine Lebensform…?“

Houston: „Wechselt die Frequenz! Benutzt Tango Bravo Tango Bravo und wählt Jezebel, Jezebel!“

Astronaut 1: „Ja! Matutto, das ist unglaublich!“

Houston: „Wechselt zu Bravo Tango, Tango Bravo!“

 

An diesem Punkt wurde die Kommunikation unterbrochen. *

 

 

Diese Wesen waren von der Blauen Perle, wie wir den Planeten nannten, an den wir uns mit unserem Raumschiff angedockt hatten, gekommen. Erstaunlich, wie sie sich nach Tausenden von Sonnenzyklen so weit entwickelt hatten. Wir beobachten sie schon seit vielen Lebensgenerationen. Durch die Masse unseres Raumschiffes, das sie terrestrisch Mond nennen, hatte sich ihr Planet in eine vorteilhafte Achse neigen lassen und eine Atmosphäre mit Jahreszeiten erhalten. Für uns ist dieses blaue Fluidum zwar ungenießbar, für diese Wesen aber lebensnotwendig.

Nach 1969 verboten wir dann nachdrücklich die Landung auf unserem Mutterschiff. Es folgten trotzdem fünf schrecklich neugierige Wiederholungen. Irgendwie aufdringlich diese Menschen, aber launige Lebensformen. Ich mag die.

 

* Zitat aus dem Internet

http://www.matrixblogger.de/astronaut-neil-armstrong-wurde-von-aliens-gewarnt/

 

Version 2

 

 

http://www.matrixblogger.de/astronaut-neil-armstrong-wurde-von-aliens-gewarnt/