Von Simone Tröger

Der Tag für die zwei „Mittagskinder“ des Kindergartens „Fröhlichkeit“ ging zu Ende. Die Sprösslinge konnten heute 11.30 Uhr ihr Spiel daheim fortsetzen. Die beiden Mütter erwarteten ihre Kleinen bereits. Zu Hause war das Essen schon gekocht, und die Spielmäuse hatten einiges vor.

„Hallo, Mama! Darf Nelly heute mit zu mir? Mit dem Puppenhaus spielen?“

„Jetzt zieh erst mal deine Jacke und die Stiefel an! Lass nicht wieder den Schal liegen, sonst ist dir morgen kalt!“

„Mama! Darf Nelly mitkommen? Sie kann doch auch bei uns mit Essen, und wir spielen ganz leise. Wir zanken uns nie!“

Die Mutti hatte zwar geplant, für ihre Tochter und mit ihrer Tochter endlich einen neuen Anorak kaufen zu gehen, aber da es ohnehin regnerisch, kalt und nahe am Schneien war, willigte sie ein, denn das Kind hätte sowieso rumgenörgelt bei dem Wetter.

„Meinetwegen. Aber frage vorher ihre Mama!“

„Hallo, Mama von Nelly! Darf Nelly jetzt bitte mit zu mir nach Hause? Ich will ihr mein Puppenhaus zeigen, und wir wollen damit spielen. Wir streiten auch nicht! Bitte! Bitte! Bitte!“

Beide Mütter schauten sich an. Nellys Mama wirkte etwas ratlos, ob dieser spontanen Einladung und fürchtete, es könnte nicht recht sein. Lenis Mama dagegen nickte ihr zu, und im nu waren die Mädels angezogen und Hand in Hand zur Tür gegangen, so dass Nellys Mama nur noch hinterherrufen konnte.

„Danke, Leni, sehr gern! – Und Frau Hendel, ich hole Nelly gegen 18 Uhr ab, Sie müssen mir nur die Adresse sagen!“

„Ich kann sie auch bringen, dann muss ich aber wissen, wo Sie wohnen!“

„Nein, nein, Sie haben schon genug Umstände. Ich hole Nelly ab!“

„Juhu Nelly. Das wird ein Fest!“

„Juhu Leni. Ich wollte schon immer dein Puppenhaus sehen!“

*

„OOOhhh – toll! Eine Küche, hier geht sogar das Licht, und eine Klingel, und im Bad kann man den Wasserhahn aufdrehen, und den Fernseher kann man echt einschalten, und ein Balkon mit pinken Blumen ist da, und das Sofa geht zum Verstellen… Und wo ist das verbotene Zimmer?“

„Häää?“

„Na, wo nur die Mama hineindarf, wenn ich schlafen muss. Manchmal tue ich nur so, als ob ich schlafe. Dann schleiche ich mich aus dem Kinderzimmer. Aus dem verbotenen Zimmer höre ich dann Geräusche. Aber ich rufe nie nach meiner Mama, weil es so klingt, als unterhält sie sich mit einem Mann. Dann habe ich Angst. Ich habe auch Angst, dass er meiner Mama weh tut. Schnell mache ich die Kinderzimmertür wieder zu, lege mich hin und ziehe die Bettdecke über den Kopf. Öfter höre ich trotzdem noch etwas. Dann schlafe ich lieber ein. Das Zimmer ist immer abgeschlossen. Durch das Schlüsselloch sieht man auch nichts. Einmal habe ich da schon jemand hineingehen sehen. Die Mama ist dann hinterher und hat so dünnes Zeug angehabt, obwohl es kalt war. Die hat sich da bestimmt was Wärmeres angezogen, ehe sie mit dem Mann geredet hat. So eine Unterhaltung dauert lange. Mama ist am nächsten Tag immer sehr zufrieden.“

„Komm, Nelly, wir wollten doch spielen! Außerdem erzählst du so komische Sachen!“

 *

 „Hallo. Ich möchte meine Tochter abholen.“

„Tschüss, Leni!“

„Bis bald, Nelly! Vielleicht mache ich auch ein verbotenes Zimmer, wo wir unsere Schätze verstecken. Wenn es verboten ist, dürfen auch keine Einbrecher rein.“

 

 

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