Von Lenny Santos
Die Sonne scheint. Sie scheint auf eine spießige Art und Weise. Der See ist auch sehr spießig. Und der Wald auch. Die vier Damen sind auch sehr spießig. Sie stehen im Wasser, das ihnen bis zu den Schultern reicht. Wassergymnastik.
„Ich hebe die Hanteln schon bis zur Wasseroberfläche“, sagt die eine.
„Beindruckend, Martha. Als ich noch jung war.“, antwortet die Frau mit der grünen Kappe und den pinken Herzen darauf.
„Herbert sagt ja immer, dass Fitness erarbeitet werden muss. Das tun wir wohl, meine Damen. Denn wir sind lebenslustig und unser Alltag ist geprägt von Abwechslung, oder nicht meine Damen?!“, wirft Helga, sie trägt eine blau-weiß gestreifte Kappe, ein.
„Wohl war. Morgen gibt es für Jürgen wieder Pampelmuse. Das hilft seinem Bauch habe ich gelesen. In der Frauenzeitschrift. Man darf da aber auch nicht alles glauben. Die haben gesagt, dass dieser süße Tennisspieler seiner Frau fremdgegangen ist. Schlimm, aber dabei ist seine Frau sicher sehr hinterlistig. Was die immer trägt, schmutzig und unzüchtig.“, meint Martina.
„Ja Martina, oder dieser Schauspieler. Der sieht doch so garstig aus, der ist doch sicher ein Verbrecher. Mit seinem Nachnamen. Nein, der ist kriminell. Das sagt Herbert auch. Und da hat er recht. Sicher ein krimineller.“, stimm ihr Helga zu.
Dann ist es wieder kurz still. Bis Helga anmerkt, es fehle in der heutigen Zeit an Respekt. Man wird aufgrund seines Aussehens bewertet. Letztens beim Bäcker, da hat ein Jugendlicher mit den Augen gerollt. Dachte sicher es würde lange dauern, bis sie bezahlt hätte. Er sah sehr kriminell aus. Sicher mal Kindersoldat im Kongo gewesen, da ist sie sich sicher.
„Da hast du wohl recht. Diese Kindersoldaten tun mir sehr leid. Aber wir helfen ihnen und sie werden kriminell. Das kannst du an den Augen sehen. Das stand letztens auch in der Zeitung. Unserer Lokalzeitung. Und da haben sie recht. Je dunkler die Augen, desto krimineller die Person.“, findet Martina. Die Damen nicken in stiller aber klarer Zustimmung.
Martha erzählt jetzt von den jugendlichen Kiffern. „Die rauchen alle Gras. Das weiß man mit meiner Lebenserfahrung. Das ist so. Diese Jugendlichen bei uns in der Straße tun das. Ich habe mal die Polizei gerufen. Aber die haben anscheinend keine Ahnung. Ihre Drogentests sind sicher beschädigt. Und mich haben sie geschröpft. Ungerecht. Aber ich weiß ganz genau, dass sie geraucht haben.
„Hast du’s gesehen“, fragt Josephine, die Frau mit der grünen Kappe.
„Nein.“
„Woher weißt du’s dann?“
Jetzt muss Josephine gehen. Sie sei doch auch so eine grüne Kifferlady. Keine Ahnung von irgendwas. Man ist sehr enttäuscht von ihr. Naja, denkt sie sich. Man sagte ihr sie sei doch viel zu reich. Sie habe nie gearbeitet. Jetzt geht sie zu ihrem Twingo. Er ist geparkt zwischen Helgas E-Bike. Ein teures Teil. Fünftausend. Daneben steht Martinas Mercedes und der BMW von Martha. Sie steigt ein und fährt nach Hause. Sie tankt und kauft kurzerhand einen Schlüsselanhänger. Ein schwarzes Schaf aus Blech.
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