Von Isa Bellini
Das war der Sommer des versiebten Klassenziels,
des verächtlichen Blicks des Vaters,
mit Hausarrest, sogar für den Hund
und der erlösenden Fahrt auf’s Land.
Dieses bis dahin so stirnrunzelig bergrückige Onkeltal,
mit einem See so kalt,
wie Langnese-Eis aus dem Tiefkühlfach.
Der Tanten-Sommer schmeckte nach
Dampfnudeln mit Obstkompott.
Für mich aber blieb der Geschmack von
feinherbem Judenstrick und Bubbelgum-Himbeer,
dem ersten Kuss.
ANNA vier Buchstaben, oder zwei gedoppelt,
sie hingen auf ein Seil gespannt zwischen den Gipfeln,
sie überfielen mich, wie Sommergewitter auf der Alm,
gingen nieder auf mich wie sahnige Schneelawinen.
Ich harrte aus in ihnen, hielt den Atem an,
war angefüllt mit – A-N-N-A.
Ihr türkises T-Shirt blitzte in Fetzchen auf,
morgens durch geschlossene Fensterläden,
im Kramerladen durchs Bonbonglas,
durch Fahrradspeichen und Fußballtor.
Türkis – ist gleich Herzklopfen
wie im rasenden Riesenrad.
Ihre Augen, smaragtgrün,
lagen auf dem Grund des Sees,
ein sommerlanges Tauchen, Entdecken,
Finden und wieder Verlieren
ließ mir Schwimmhäute wachsen
ums ANNA-Organ, das mich trug.
Noch heute leuchten die geheiligten Orte.
Der unten am Bach, mit dem Echo
unseres knöcheltief-kalten Kicherns
unter dem Brückenbogen.
Das angelehnte Atmen
an der hinteren Kirchturmwand,
zweimalzwei Lippen,
schüchterne Zungen mit Himbeergeschmack.
Am Löschweiher,
der Platz unserer nicht aufgegangenen Pflaumenkerne.
Der See, – smaragtgrüner Spiegel – , AN-NA.
©isa bellini