Von Winfried Dittrich

Wenn die Zahnfee einen Monat nach dem vierzigsten Geburtstag zu einem kommt, dann ist das nicht unbedingt gut. Könnte teuer werden. Aber für die Zahnfee.

 »Chieh ab!«, rufe ich wohl immer kurz bevor ich aus diesem Traum aufwache. Und damit meine ich mich selbst. Das ist anders als die Situation, wie ich sie in diesem Restaurant vor einigen Wochen erlebte, als ich der Zahnfee persönlich begegnete.

Braun gebrannt war sie und gut gekleidet. Schon ein bisschen älter. So zwischen Sechzig und Siebzig. Kräftige Statur. Wie Bud Spencer in den besten Jahren. Die Zahnfee war mit seiner Frau unterwegs, die auf der Restaurantterrasse bei einem sektbasierten Cocktail saß, der neben einem der Nordseebrise trotzenden Weißbierglas stand. Letzteres war nicht das erste an diesem Abend gewesen.

Die Frau nahm ihren Cocktail in die Hände und nippte etwas irritiert daran, als ich sie ansprach und sie bat, ihren Mann zu fragen, warum er mich gerade ein  »Arschloch« genannt hatte.

Plötzlich traf mich etwas im Gesicht. Die flache Hand der Zahnfee kachelte mit so viel Wumms gegen meine Wange, dass ich mich drehte wie ein Brummkreisel, stürzte und mit dem Gesicht gegen die Armlehne des Stuhls am Nachbartisch prallte. Warum heißen die Zähne auf der Innenseite der Wange eigentlich Backenzähne, ging mir noch durch den Kopf, bevor ich kurz ohnmächtig wurde.

Ja, dieser Backenzahn wird die Zahnfee teuer zu stehen kommen. Zahnersatz, Schmerzensgeld – dieses Zähnchen lasse ich mir vergolden.

Aber, ich glaube, ich bin nun auch von meinem jugendlichen Leichtsinn geheilt, der mich dazu verleitete, auf der Herrentoilette einen zwei Köpfe größeren, stehend in eine Toilettenschüssel pinkelnden Rentner aufzufordern, die Spülung zu benutzen und sich auch gefälligst die Hände zu waschen.

 

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