Von Torsten Walther

Wo bin ich? Mara, auf dem Rücken liegend, wirft ihren Kopf nach links und rechts. Alles sieht gleich aus. Herzschlag und Atmung beschleunigen sich. Paul lehnt sich zurück, legt seine Füße hoch und beobachtet.

Mara streckt ihre Arme nach oben, stößt jedoch nach wenigen Zentimetern mit den flachen Händen gegen die Decke. Erneut arbeitet Maras Gehirn an der Rekonstruktion ihres Aufenthaltsortes, erfolglos. Ihr Bauch verkrampft.

»Willkommen Mara«, ertönt eine Stimme.

 

***

 

Schon 08:05 Uhr, musste Mara beim Blick auf die Uhr feststellen. Sie atmete schwer ein und ebenso schwer wieder aus. Mach doch mal hin, schluckte sie hinunter. Endlich an der Reihe bestellte sie, flüchtig von ihrem Smartphone aufschauend, einen Zimt-Latte. Der schmeckte immer so herrlich nach Weihnachten. Der Mitarbeiter, auf dessen Namensschild Paul stand, reichte ihr den Becher, kassierte und sah der aus dem Café eilenden Mara, einen Augenblick zu lange, nach.

 

***

 

Mara erstarrt, hält den Atem an. Ihr Herz wummert.

»Ich halte dich zu meinem Vergnügen in einer Box gefangen«, fuhr die Stimme fort.

Paul betrachtet die Szenerie mit einer Mischung aus Anspannung und Vorfreude. Mara lauscht. Kommt da noch was? Schweigen. Paul vergisst zu blinzeln. Stillstand. Mit einem Mal erfasst Mara ihre Lage. Sie beginnt mit den flachen Händen gegen die Decke zu drücken, geht dazu über mit der flachen Hand gegen die Decke zu schlagen. Jedoch bleibt auch wildes Trommeln mit den Fäusten wirkungslos.

Lit!, schießt es Paul durch den Kopf.

»Es gibt kein Entkommen«, lässt die Stimme verlauten.

Mara beginnt zu schreien. Plötzlich, Dunkelheit. Maras Schrei hallt nach, bevor er verebbt.

 

***

 

Mara betrat, mit Schweißflecken unter dem Arm, die NextGen-Filiale.

„Mara Steiger. Ich habe einen Termin um neun Uhr“, teilte sie der Dame am Empfang mit.

09:10 Uhr, verriet die Uhr.

»Nimm bitte einen Augenblick Platz. Es wird sich gleich jemand um dich kümmern.«

Mara ließ sich in einen Sessel plumpsen, schloss ihre Augen und verspürte zum ersten Mal an diesem Morgen einen Anflug von Entspannung. Da kam bereits eine NextGen-Mitarbeiterin auf sie zu.

 

***

 

Paul ist eingeschlossen, von Dunkelheit. Epische Filmmusik ertönt und ein Schriftzug erscheint vor seinen Augen.

Gefangen, eine VR-Simulation von NextGen Virtual Reality, jetzt mit Brain-Interface und umkehrbarer Amnesie für ein noch intensiveres Erleben.

Paul zieht sich, mit einem Lächeln im Gesicht, die VR-Brille vom Kopf. Dieser Trailer hat ihn überzeugt.

 

 

V1