Von Monika Heil

Ich schaffe mir keinen Anrufbeantworter an! Wie oft hatte ich das lautstark verkündet? Wer mit mir sprechen will und mich telefonisch nicht erreicht, kann es später noch einmal versuchen. Ich bin ein privater Mensch. Deshalb bewegen sich meine Telefonate auch überwiegend im privaten Bereich. Ich will mit meiner Freundin plaudern und nicht hören, sie sei zur Zeit nicht zu Hause und melde sich, sobald sie Zeit fände. Umgekehrt gilt natürlich das Gleiche. Vielleicht bin ich gerade nicht daheim, wenn sie anruft und das erkläre ich ihr dann per aufgezeichneter Stimme. Nein, nicht mit mir! Ich bin nicht mehr die Jüngste und diesem ganzen modernem Technikkram lebe ich seit eh und je auf Kriegsfuß.

 

Es war ein Geschenk zum Geburtstag. Nun steht das kleine technische Gerät doch auf meinem privaten Schreibtisch. Nicht zum ersten Mal erklärte mein lieber Mann, er könne meine Aversionen einfach nicht verstehen. Ich dürfe den Anschluss an die moderne Zeit nicht verpassen.

Sehr schnell passierte, wovor ich mich selbst gewarnt hatte. Vierzehn Tage lang kommunizierten mein Anrufbeantworter und der meiner Freundin miteinander, ohne dass wir beide ein persönliches Wort gewechselt hätten. Zufällig traf ich sie eines Tages beim Einkaufen in der Stadt. Wir setzten uns zu einem Cappuccino in ein hübsches Café. Es gab viel zu erzählen. Als wir uns nach einer Stunde von einander verabschiedeten, rief sie mir nach: 

„Das machen wir jetzt öfters. Ich rufe dich an.“ 

„Oder ich dich“, gab ich zurück. Dabei blieb es. Auch in den folgenden Wochen unterhielten sich nur unsere Anrufbeantworter miteinander.

 

Im Frühjahr fuhren wir drei Wochen in Urlaub. Unser Anrufbeantworter erzählte es jedem, der sich in dieser Zeit meldete. Ist doch praktisch so ein Ding, dachte ich flüchtig, während ich den Text aufsprach. Nach unserer Rückkehr aus dem Urlaub fanden wir die Wohnung leergeräumt. Aus Fehlern lernt man. In der Folgezeit ließ ich das Gerät wieder öfter ausgeschaltet.

 

Gestern kam Fred überraschend am Abend vorbei. Er lud mich spontan zum Essen in die Pizzeria am Marktplatz ein. Mein Mann war gerade auf Geschäftsreise. Dass Fred über Nacht blieb, war nicht geplant. Es ergab sich einfach. Hätte ich daran gedacht, nach unserer Rückkehr den Anrufbeantworter abzuhören, hätte ich erfahren, dass mein Mann nun doch früher, als ursprünglich gedacht, nach Hause kommen konnte.

 

Eben habe ich zwei Koffer mit den wichtigsten Klamotten gepackt. Ich ziehe erst mal ins Hotel. Nun muss ich mir wohl doch ein Handy kaufen, das ich bisher so vehement abgelehnt habe. Dann bin ich immer und überall erreichbar, vor allem, weil ich in den nächsten Wochen kein eigenes Telefon und keinen Anrufbeantworter zur Verfügung haben werde. Aber jetzt muss ich erst mal auf Wohnungssuche gehen.

V1