Von Miklos Muhi

 

»Endlich«, murmelte Robert. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht im blassen Licht des Bildschirms aus. Es beleuchtete nur einen kleinen Teil des miefigen und vermüllten Zimmers. Eine andere Lichtquelle gab es nicht. Alle Rollläden waren heruntergelassen.

Robert tippte konzentriert. So eine Gelegenheit kam nicht jeden Tag. Er hatte lange genug darauf zugearbeitet und schätzte, dass es fünf bis sechs zusätzliche Jahre dauern würde, um alles perfekt zu gestalten.

Sein Bürostuhl, eine Sonderanfertigung, ächzte unter seinem Gewicht.

Hin und wieder liefen Bilder vor seinen geistigen Augen ab. Er malte sich eine Zukunft aus, in der er zusammen mit Vera das Glück fand. Manchmal war die Rückkehr in die Wirklichkeit fast schon schmerzhaft.

Seine Teenagerjahre verbrachte er einsam, genauso, wie das Studium.

Er entdeckte, sobald er sich dazu durchrang, seine Fragen den Suchmaschinen zu stellen, dass er mit seinen Problemen nicht allein war. Begeistert watete er durch zahllose Foren mit Ratschlägen von Betroffenen. So formte sich ein Bild in seinem Kopf über die gegenwärtigen Zustände.

Man brachte Mädchen früh bei, dass Geld, Einfluss und Aussehen den Wert einer Person ausmachen. Boybands und das ganze Gerede über Gleichberechtigung, Selbstbestimmung, Freiheit und Feminismus verwirrten sie.

Sich darüber zu ärgern brachte nichts. Man war gezwungen, einen eigenen Weg einzuschlagen, sich eine kleine, heile Welt zu schaffen, eine, in der nicht nur Aussehen und Reichtum Selektionskriterien waren.

Er bat sie um ein Treffen, wenn ihre Eltern nicht zu Hause waren. Sie willigte ein. So ein gescheites Mädel war ein Geschenk des Universums und jung genug, um nicht von dem ganzen Müll infiziert zu sein. Robert hatte es vor, dafür zu sorgen, dass das so blieb. Der vierstündige Flug schreckte ihn nicht ab.

*

Vor dem Ausgang des Flughafens stieg er ins erste Taxi in der Reihe und gab die Adresse an. Die 20-minütige Fahrt verbrachte er mit Kopfkino.

Er war aufgeregt und gleichzeitig so voller Hoffnung und selbstsicher wie nie.

Das Taxi hielt vor einem kleinen, hellgrün gestrichenen Haus mit einem Holzzaun, der braun bemalt war. Auf der Einfahrt vor dem weißen Garagentor blies der Wind Piniennadeln hin und her.

Er klingelte.

Ein Mann öffnete die Tür. Bevor Robert zu Wort kam, schubste jemand ihn von hinten. Er stolperte und fiel in die Diele. Das Haus stand leer. Man drückte ihm einen Gewehrlauf in den Rücken.

»Hinlegen! Schneller, sonst knallt es, du Schwein!«, brüllte der Mann am anderen Ende der Waffe.

»Was soll denn das? Ich bin ein freier Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika!«, schrie Robert und bemühte sich, aufzustehen. Ein Tritt gegen sein Kreuz setzte dem Versuch ein Ende.

»Wir rufen jetzt die Bullen. Bete, dass sie hier sind, bevor ich meine Geduld verliere und mein Zeigefinger anfängt zu zucken«, sagte der Bewaffnete. Der andere holte sein Handy aus der Tasche und tätigte den Anruf.

»Hier spricht Dennis Farell. Ich bin in Spokane, 2040 S Lincoln Street und ich habe einen Verbrecher gefangen. Bitte kommen Sie und transportieren Sie ihn ab«, sagte der Mann und legte auf.

»Wer seid ihr? Warum habt ihr die Bullen gerufen? Ich habe nichts getan!«, murmelte Robert.

»Wir sind die Predator Hunters von Washington. Du hast versucht, ein Date mit einem zehnjährigen Mädchen zu bekommen. Vera gibt es aber nicht. Das wird dich vorm Knast aber nicht bewahren. Dumm gelaufen.«

***

Predator Hunters: Eine Organisation, die Pädofile (meist online) in die Falle lockt und sie der Polizei übergibt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Grooming_(P%C3%A4dokriminalit%C3%A4t)

 

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