Von Max Siegel

Tobys sexloses Leben begann freiwillig. Er war ein Romantiker. Das erste Mal sollte es mit einer Frau geschehen, die er für ihre Schönheit und ihr Wesen schätzte. Sie würde ihn an die Hand nehmen und mit Blümchen im Haar auf eine Wiese am See führen. Dorthin wo nur Sommervögel flattern und Bienen summen. Im Gras liegend, von Sonnenstrahlen die Körper beschienen, würde die Zarte ihn zum Mann machen. So dachte Toby noch mit 21 Jahren. Und mit 23 Jahren. Und auch mit 25 Jahren dachte er so.

Dann kam das Mädchen vom Niederdorf. Sie hiess Adea, „die Süsse“ auf Albanisch. Die Süsse jobbte zur Finanzierung ihres Studiums in einer Multikulti-Kneipe. Toby betrat den Imbiss nach einem gewaltigen Wodka Absturz, um den Salzgehalt in seinem Körper wieder hochregeln zu können. Als Adea mit ihrer Arbeit fertig war, nahm sie ihn mit nach Hause, zu sich. Abreagieren wollte sie sich, den ihr Chef war wieder einmal den ganzen Abend mehr als ein Schwein. Es roch bei Adea schon im Hausflur nach Frittierfett, aber sie selber duftete anders, nach Milch und ein wenig nach Honig. Toby hatte das Gefühl, dass sie sehr fruchtbar sei. Unverhofft schaffte es Toby unter einer Minute in den Himmel. Etwas zu schnell für Adeas Geschmack. Sie kam kaum zum Abreagieren.

Am nächsten Tag wollte sie von ihm nichts mehr wissen. Ein doofer „One night stand“ mehr.

Toby hatte zum Frühstück French Toast gemacht und dieser riecht wie Adea, dachte er immer noch glücklich. Dann aber machte er ihr, für den ersten Tag danach, gleich mehr als eine Liebeserklärung zu viel. Sechs SMS Nachrichten sendete er ihr. Jede blieb unbeantwortet.  Nachricht für Nachricht schaute sie ihn mehr als eine Memme an. Sie schaute auf ihn herab, denn sie wollte einen Mann. In ihren Augen war Toby ein Mädchen.

Heute mit seinen 37 Jahren wäre Toby für sie wohl ein spätes Mädchen. Noch immer hatte er keine richtige Freundin, geschweige denn eine Frau gehabt. Was auch deshalb seltsam ist, weil er als freier Künstler in seinem eigenen Atelier arbeitet. Dieses Milieu ist bekannt, dass Frauen gerne Männer unvermittelt anspringen, steht ihnen der Sinn danach. Aber Toby will mehr, er will Liebe.

Die Frauen riechen es wohl, wenn ein Mann längere Zeit keine Freundin hat. Bei Toby ist dies schon 37 Jahre der Fall. Die Frauen mutmassen wohl, dass er vielleicht zu wenig attraktiv sei, obwohl er gut aussieht, mal abgesehen von den verhaltenen Zügen um seine Mundwinkel. Er ist ordentlich, gut angezogen und wäscht sich. Er ist sicher auch bindungsfähig, schliesslich war er mehr als einmal aus der Ferne verliebt, über Jahre hinweg, in ein und dieselbe Frau. Nur das Dilemma, ihm traut keine.

Toby fragt sich, ob er schon eine Frau gehabt haben müsste, um bei einer landen zu können? Oder braucht es gar ein Kind zum Vorzeigen, damit sie ihm glauben dass er es kann?

Toby beobachtet immer wieder Männer, die Frauen haben, oder auch Kinder und an denen andere Frauen wie Fliegen kleben. Manchmal scheint es ihm, als suchten die Frauen ihr eigenes Unglück. Dabei dachte Toby früher und auch heute, Liebe sei das, wonach sich Frauen sehnten. Von Liebe hätte er eigentlich mehr als genug, nur sehen es die Frauen nicht. So bleibt er zeitlebens ein Single und männliche Jungfrau.