Von Barbara Maahs

Sie sagen, dass ich vielleicht sterben werde. Aber das ist mir egal. Ich sterbe als Mann, der zu seiner Meinung und Einstellung steht. Nun liege ich hier auf der Intensivstation. Ok, das Atmen fällt mir schwer. Aber ich habe schon Schlimmeres mitgemacht. Hektisches Treiben im Nebenraum. Drei Krankenschwestern und ein Arzt versuchen den Patienten zu intubieren. Dauert aber lange! Wieso haben die so Schwierigkeiten?  

Impfen! Von wegen, Ich lasse mir doch vom Staat nicht vorschreiben, was ich zu tun habe.

Der will doch nur Geld machen! Ohne mich!

1968 haben wir ganz andere Dinge verweigert. Meine Kinder verstehen mich nicht. Meine Tochter ist in Kurzarbeit und mein Sohn hat seine Stelle verloren, weil es für ihn als Vertriebler nichts zu tun gibt. Er darf ja keine Kunden besuchen. Die stellen sich auch an! Der Staat ist schuld, dass mein Sohn arbeitslos ist. Mein Sohn sagt, dass ich und viele andere es mit unserer Sturheit sind. Unverschämt! 

Ich rede nicht mehr mit meinem Sohn. 

Im Nebenraum stöhnt der Patient vor Schmerzen.

Auch meine Enkelin hat auf mich eingeredet, dass ich mich doch impfen lassen solle. Sie WILL keinen Distanzunterricht mehr haben, denn das Lernen ist dann viel schwieriger. Ich sagte zu ihr: „Zu dieser Sache, Schätzchen, sage ich, dass ich keinen Impfstoff WILL, der meine DNA manipuliert!“ Dann lies doch mal die richtigen Berichte. Die mRNA Impfstoffe sind Botenstoffe, die gehen nicht ins Erbgut. Muss ich mir von einer Göre so was sagen lassen? 

Ich rede nicht mehr mit meiner Enkelin. 

Wie gut, dass meine Frau Elli das Ganze nicht mehr miterleben muss. Die sind ja alle bekloppt. Ich sage nur: Panikmache!

Die Intubation des Patienten im Nebenraum ist gesetzt. 

Eine Schwester verlässt das Krankenzimmer nebenan und durch die gestreift satinierten Glasscheiben der Intensivstation sehe ich, wie sie sich auf dem Flur übergibt. Sie weint schluchzend auf. Eine andere Schwester hält sie fest.

 „Ich kann das nicht mehr! Ich habe keine Kraft mehr zu zusehen, wie diese Leute elendig verrecken.“ 

„Psst“, sagt die andere Schwester und führt die weinende Kollegin fort. Die zweite Schwester kommt kurz danach zurück und ich nehme Wischgeräusche auf dem Flur wahr.

Wieso sollte der sterben? Nur wegen ein paar Atemproblemen? 

Plötzlich fängt meine Lunge an zu brennen. Mein Herz schlägt schneller. Und nun spielen meine Geräte verrückt, an denen ich angeschlossen bin. 

Mir bricht der Schweiß aus. Das Brennen in der Lunge wird schlimmer. Und je schneller mein Herz schlägt, desto schlechter bekomme ich Luft. Panik macht sich in mir breit.

Die Krankenschwester, welche sich übergeben hat, betritt den Raum und kontrolliert die Geräte. Bevor mein Blick trübe wird, nehme ich noch wahr, wie die ältere Chefärztin den Raum betritt. Die hat immer einen lockeren Spruch drauf, geht mir irrsinnigerweise durch den Kopf.   

„Geht es ihnen besser, Schwester Karin? Gut, denn wir brauchen sie hier an der Front. Leider hat sich die gesundheitliche Situation des Patienten verschlechtert. Das geht ja leider oft sehr schnell, aber dieser hat zusätzlich noch manch erforderliche Medikation verweigert. Homöopathie hilft hier nicht. Wahrscheinlich fällt der ins Koma.“

Ich höre Schwester Karin leise weinen und bevor mir schwarz vor Augen wird, denke ich noch: 

Ich will nicht sterben … 

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