Von Winfried Dittrich

Lesen Sie den nachfolgenden Text laut vor, um Missverständnisse zu vermeiden!

„Tach Erwin!“ – „Tach Rudi!“

„Wat mach’s du denn hier anne Bushaltestelle? Ich dachte, du biss so’n passionierten Autofahrer.“ – „Ja eigentlich schon. Abba ich hab’n Termin beim Orthopäden.“

„Ja, inne Stadt is schlecht mit Parkplätze. Mit dein’n Straßenpanzer hätt ich da auch Probleme.“ – „Du kanns‘ einfach nich‘ fahn. Und mein KFZ is beim Aufbereiter.“

„Man gönnt sich ja sons‘ nix. Wat hasse denn mitte Knochen? Wieder Rücken?“ – „Ne, ich brauch‘ neue Einlagen.“

„Schon widda? Hasse nich ers‘ vor vier Wochen neue gekricht? Hasse mir doch beim Kegeln erzählt.“ – „Ja, abba die hab ich aus Versehen weggeschmissen.“

„Wie geht dat denn?“ – „Ich bin in so‘n Hundehaufen getreten und hab dat nich gemerkt. Ers‘ als ich im Auto war und die Heizung an hatte, da stieg diesa Gestank nach oben.“

„Hahahahaha!“ – „Pass auf, ey! Dat is überhaupt nich lustich! Ich hab mir nich nur die Fußmatte eingesaut, sondern auch den Fahrzeug-Teppich!“

„Kann man doch wieder sauber machen.“ – „Nee, ne Sauerei is dat. Und vor Wut habbich dann die Schuhe zusammen mit der Fußmatte in die Tonne gehauen. Und dabei vergessen, dat da meine Einlagen in den Schuhen drin sind.“

„Bissken übertrieben, da so auszuflippen, oder?“ – „Ey, hömma, dat war dat vierte Mal in drei Tagen, dat ich so einen Haufen mitgenommen hab. Scheiß Köter! Den Tach vorher hab ich dat auch nicht gemerkt und dann bin ich bis zu uns in den vierten Stock die Treppe hochgelaufen. Und auf jeder zweiten Stufe hatte ich so’n Stempelabdruck mit der Scheiße. Scheiße, sach ich dir! Und wer musste die ganze Schweinerei wegmachen?  Helga. Die war sauer! Und ich musste dann ihre schlechte Laune zu Hause aushalten.“

„Seit wann läufst du eigentlich Treppe?“ – „Ach, ich hab neulich von sonner Studie gelesen. Lebenszeitverlängerung, wenn man Treppen hochläuft.“

„Soso. In dein’n Käseblättchen, oder wat?“ – „Nee, ich les‘ getz Literatur. Im Internet.“

„Ach, in’n Internet. Der Herr is jetz‘ online?“ – „Ja, genau. Man geht halt mit der Zeit. Sonst geht man mit der Zeit.“

„Da habbich neulich auch von sonner Studie gelesen. Also eigentlich ne Überschlachsrechnung von so’n bekloppten Ingenieur.“ – „Rudi, wann kommt eigentlich der Bus?“

„Der Bus, keine Ahnung. Der fällt in der letzten Zeit öfta ma aus. Personalmangel, weiße? Abba nomma zu die Studie. Der Typ hat vorgerechnet, dat jeden Tach, auch Samstach, Sonntach und Feiertach, rein rechnerisch, über 200 Müllwagen in Deutschland durch die Gegend fah’n, nur, um Hundescheiße abzutransportieren. Übba 200!“ – „Wie dat denn?“

„Pass auf. Also. In Deutschland leben über 10 Millionen Hunde, schreibt der Typ. Und die scheißen jeden Tach zweimal, im Schnitt jeweils 100 Gramm. Also, rein rechnerisch.“ – „Quatsch.“

„Ja, überlech ma. 20 Millionen Köttel zu je 100 Gramm. Dat sind 2000 Tonnen Scheiße am Tach. Ein Müllwagen kann im Schnitt 10 Tonnen laden, also gibt dat 200 Müllwagen.“ – „Hmm. Abba nur, wenn die Köter nich in die Landschaft scheißen.“

„Na, dafür gibt’s doch die Plastiktüten.“ –„Hundekotbeutel meinsse!“

„Ja, genau. Jeden Tach über 20 Millionen davon, wenn alle Herrchen und Frauchen brav saubermachen und den Beutel in den Müll schmeißen.“ – „ Ach du Scheiße!“

„Ja, genau!“ – „Und getz?“

 „Getz, schreibt der Typ, soll man doch alle Hunde abschaffen. Weil, so’n Müllwagen verbraucht am Tach so ungefähr 50 Liter Diesel, dat sind fast 4 Millionen Liter im Jahr, die man da einsparen könnte.“ – „Und die Müllwagenfahrer könnten dann auf Busfahrer umschulen, oder? Von wegen Personalmangel!“

„Der Typ schreibt, dat man auch mehr Züge auffe Gleise bekäme. Wenne nämlich 20 Millionen Plastikbeutel am Tach einsparn kanns, rein rechnerisch, und ein Beutel so drei Cent kostet, dann sind dat im Jahr weit übba 200 Millionen Euro, die die Leute nich mehr für die Dinger ausgeben. Mit der Asche kannse entweder sieben ICEs oder 33 S-Bahn-Züge kaufen.“ – „Echt? Boah, überlech ma … Ey, abba, rein rechnerisch, wenne die ganzen Tölen loswerden wills, dann musse die doch einschläfern lassen. Mein Nachbar hat da letztet Jahr 500 Euro für bezahlt. Da kommse ja auf übba 5 Milliarden Euro. Wo kommen die denn dann her? Wat schreibt der Typ denn dazu?“

„Tja, der hat an allet gedacht. Für jedes KFZ in Deutschland musse nur 85 Euro einsammeln, dann kommse auf mehr als die 5 Milliarden. Du gibs doch bestimmt jetz mehr als 85 Euro dafür aus, dat deine Karre ausgeleckt wird. Da kannse auch ma’n Herz für’n Hundebesitzer haben. Musse in Relation seh’n und ma ‘n bissken solidarisch sein. Und ich würd‘ die 85 Euro schon in einem Jahr sparen, wenn ich dieset Hundefernhaltemittel nich mehr kaufen müsste, mit dem ich immer den Vorgarten behandel. Ich hab nämlich keine Probleme mit Hundescheiße. Dat wären allet reine Vernunftentscheidungen.“ – „Da kommt der Bus, Rudi.“

Der Linienbus, auf den Rudi und Erwin so lange warten mussten, hatte Verspätung, da er einen Müllwagen nicht überholen konnte, der am Straßenrand hielt, um auf einen Müllwerker zu warten, der sich vor dem Besteigen der Kabine einen Stock und ein Stück Rasen suchen musste, um die grobstollige Sohle seines Sicherheitsschuhs zu reinigen, mit dem er in einen Hundehaufen getreten war. Der Fahrer des Müllwagens war ein ehemaliger Busfahrer, der einfach seine Prinzipien hatte, und im Übrigen war der Müllwagen gerade erst vom Aufbereiter zurückgekommen.

Bei der Entstehung dieses Textes sind keine Tiere zu Schaden gekommen. Es wird empfohlen, nun an frischgerösteten Kaffeebohnen zu riechen oder die Nase mit einem Laubbläser durchzupusten.

 

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