Von Wiebke Russ
Wir wanderten im Harz, dunkler Fichtenwald
Regen, nasse Jacken, Hände kalt
kurzes Warten bis wir über Gott und die Welt sprachen, erst beim Mittagshalt
an einer Blockhütte, Spekulatius, Thermoskannen-Glühwein,
Dampf vielen Plastikbechern
wusstest vielleicht, dass ich beim Küssen den Atem anhalt
während sich meine Hand an der Wand festkrallt
später Verabschiedung am Bushalt
Mein Erster war Arzt und nicht so schlau wie ich immer dachte
hatte mir immer vorgestellt, wie er mich zu Grab brachte
doch nie umgekehrt
Mein Zweiter schlug die Ehe vor wie eine Wirtschaftsvertrag
und es machte auch Sinn, weil ich rationale Menschen mag
Doch meine Hoffnung die zehrt
sich all die Jahre nur von ihm
Ob er wohl genau wie ich
wandert, einmal im Jahr, zur Blockhütte hin?
Der Dritte verließ mich schon nach wenigen Wochen
meine apathische Ausstrahlung, die ständigen Ausflüge zum Brocken
fühlte sich einsamer mit mir als allein
und mochte nicht, dass meine Haare nach Kalk rochen
Ich sank, mein Inneres ein schweres Schiffswrack
kündigte meinen Arbeitsvertrag
Wanderte von nun an jeden Tag
immer mit Pfefferkuchen im Rucksack
ihr Duft erinnert mich an seinen Zungenkussgeschmack
Dieses Weihnachten in der Blockhütte war es ausgesprochen kalt
Feuchtigkeit zog in meine Ärmel, Gänsehaut an Nacken und Hals
Es war meine Mittagspause und ich holte die Pfefferkuchen raus
dann nahm ich etwas Kakao und kleisterte die Außenwand des Haus
Seitdem ist es hier warm, die Plätzchen halten wie Lehm,
wenn jetzt irgendwer herein käm
fräße mein hungriges Herz ihn mit Haut und Knochen auf
gebacken im Ofen dieses Pfefferkuchenhaus