Von Marti Stegmann

Ein Hämmern im Schädel riss sie aus ihrem Schlaf. Ein Dröhnen, so stark, dass es Emilys Gedanken zerschmetterte. Schwindelig erhob sie sich, wie sie es schon seit einigen Jahren kannte und hielt sich den Kopf. Wieder blutete ihre Nase und im Kopf hämmerte es unaufhörlich. Und wie so häufig befanden sich ihr Schlafanzug und ihre Unterhose an ihren Knöcheln. Vermutlich hatte sie wieder geschlafwandelt. Was genau Emily dann tat, konnte sie nicht sagen, manchmal war ihr Schlafanzug schmutzig oder sie war völlig nackt, wenn sie aufwachte.

Doch das war ihr in diesem Moment egal. Noch immer prallte in ihrem Kopf ein Hammer mit voller Kraft auf einen Amboss. Die Schmerztabletten in ihrem Nachtschränkchen halfen kaum, doch besser kaum als gar nicht.

Ein kurzer Anruf und ihre Kollegen wussten, dass sie wieder nicht zur Arbeit käme. Emilys Chef hatte sie sogar schon zu einem Amtsarzt geschickt, weil ihre Fehlstunden ins Unermessliche stiegen. Aber natürlich fand auch er keine Lösung für ihre Kopfschmerzen.

Viel Schlafen und Stress reduzieren, das war die Antwort aller Mediziner, die sie untersuchten. Einer hatte ihr Schlaftabletten verschrieben. Vielleicht bekam sie so wenigstens für ein paar Momente die Augen zu.

Mit etwas Wasser und wenig Hoffnung schluckte sie die Tabletten und merkte fast augenblicklich einen Effekt. Ihre Augen schlossen sich von allein und langsam fiel sie in ihr Kissen.

Doch so schnell wie es anfing, so schnell hörte es auch wieder auf. Emily hatte nicht mal für ein paar Sekunden die Augen geschlossen, da spürte sie, wie die Wirkung des Medikaments nachließ. Frustriert öffnete sie ihre Augen und hob ihren Kopf, doch gab es ein Problem. Es blieb schwarz.

Hastig riss sie ihre Arme hoch, aber auch dies blieb ihr verwehrt. Gurte schlangen sich darum und sie konnte sich kaum bewegen. Voller Panik warf Emily ihren Körper umher und stemmte sich gegen die Fesseln, jedoch ohne Erfolg.

Einzig ihre Hände hatten ein wenig Luft. Wie wild schüttelte, zerrte und zog sie an den Gurten und tatsächlich gaben sie langsam nach. Mühevoll befreite sie ihre Hand und tastete hektisch nach ihrem Gesicht. Sie fand eine technische Vorrichtung, etwas wie eine Brille, die ihren Kopf umfasste. Sie schob sie von sich und helles Licht strahlte in ihre Augen.

Unendlich viele Farben flimmerten durch den Raum. So viele Farben, die sie nicht kannte, die ihr seltsamerweise aber trotzdem vertraut waren. Und langsam nahm auch der Rest des Raumes klare Formen an. Er war groß, ein bisschen wie ein Versammlungssaal, doch waren keine anderen Menschen hier. Überall standen Geräte. Schläuche verbanden sie miteinander und schlängelten sich durch den Raum.

Emily drehte ihren Kopf zur Seite und ein ruckartiger Schreck durchfuhr sie in Mark und Bein. Wild schüttelte sie sich und versuchte zu schreien, doch entfuhr ihr kein Ton. Auf einer Liege neben ihr befand sich ein Wesen, das Emilys Verstand nicht begreifen wollte. Wo Haut hätte sein sollen, glänzte ein harter amethystfarbener Panzer, wo ein Rumpf sein sollte, wuchsen schleimige Tentakeln und am oberen Ende zeigte sich eine weiche violette Masse, aus der so etwas wie Augen hervorzustechen schienen.

Emilys wildes Zappeln bewirkte, dass sich weitere Gurte und Striemen lösten, sodass sie auf den Boden fiel. Sofort wich sie vor dem Wesen zurück.

Das konnte nicht sein. Wo war sie? Was war das für ein Wesen? Schutzsuchend zog sie ihre Beine an sich heran und das nächste Grauen nahm von ihr Besitz. Wieder zuckte sie völlig unkontrolliert. Purer Ekel vor sich selbst breitete sich in ihr aus. Sie schaute an sich herab und sah einen violetten Amethystpanzer und widerliche, schleimige Tentakel, die aus ihrem Rumpf wuchsen. Erst jetzt wurde ihr klar, dass es ihre Arme waren, mit denen sie die Maske von ihrem Gesicht gerissen hatte. Emily wollte sich übergeben, doch wusste sie nicht wie. Je genauer sie sich untersuchte, desto deutlicher merkte sie, dass sie so etwas wie einen Mund gar nicht hatte.

Langsam erhob Emily sich, doch hatte sie Probleme, sich auf ihren Lauftentakeln zu halten. Immer noch voller Abscheu sah sie das Wesen an und erblickte dahinter weitere Liegen mit denselben Monstern. Sie trugen auch Masken und waren mit Gurten an den Liegen befestigt. Es musste eine Art Forschungsstation sein, in der an diesen Wesen experimentiert wurde.

Sie ließ ihren Blick durch den Raum schweifen. Ein Labor stellte sie sich anders vor. Dieser Raum schien seltsam einladend gestaltet. Neben einer Art Tür war sogar ein Plakat. Darauf standen Symbole, die sie nicht kannte, aber aus irgendeinem Grund lesen konnte.

Dort standen Worte wie „Bewusstseinsreisen“, „Abenteuer in anderen Welten“ und „Urlaub von Ihrem eigenen Körper“. War das hier wirklich ein Labor? Oder diente es nur der Unterhaltung? Kalte Schrecken durchfuhren sie und ihre Augen funkelten zu den Wesen auf den Liegen herüber.

Ein erneutes Gefühl der Übelkeit überkam sie, als sie daran dachte, was geschah, wenn sie schlief und wie sie am Morgen danach aufwachte. Doch wieder schaffte sie es nicht, sich zu übergeben.

Ihr widerlichen Monster! Emily schaute umher und wusste genau, was zu tun war. Die Schläuche, die in die Maschinen gingen, sahen weich und leicht zerbrechlich aus. Neben ihrer Liege befand sich so etwas wie ein Tischchen. Emily hob ihn hoch und warf ihn blindlings in das Schlauchgewirr. Wo eigentlich ein lautes Poltern hätte erklingen sollen, blieb es still. Sofort nahm sie den Tisch wieder hoch und sah bereits, dass ihre Attacke Wirkung zeigte. Farbiges Gas strömte aus den Schläuchen und blinkendes Licht erfüllte den Raum.

Emily drehte sich um und zielte auf die nächste Maschine. Ein Wurf sorgte für noch mehr umherzischende Schläuche und farblose Flüssigkeit benetzte den Boden. Weiter und weiter und weiter warf sie den Tisch. Immer mehr Zerstörung füllte den Raum, bevor sich plötzlich die Tür an einem Ende des Raumes öffnete.

Mehrere dieser Wesen wackelten in den Raum auf Emily zu. Doch für sie war es bereits zu spät. Ein weiterer Schlag auf eine Maschine sorgte für einen Funken. Dieser Funken schlug eine Flamme. Und diese Flamme erfüllte den Raum.