Von Hannes Wille

Von wegen Versager! Jana hat immer gesagt, dass ein Mann sein Leben bis zu seinem dreißigsten Geburtstag geregelt haben muss. Hat er es bis dahin nicht geschafft, gelingt ihm auch später nichts. Jana wollte in einem netten Häuschen wohnen. Ich sollte arbeiten, eine Familienkutsche fahren und Kohle auf dem Konto speichern. Bin ich Spießer? Leg ich mich krumm für Familie oder den Affenstaat?

 

Nicht mit mir. Ich stehe über all den Idioten hier im Land. Jana hat nie begriffen, was ich für ein cooler Typ bin. Neben mir liegt die Million in einer Plastiktüte. Mein Job war kurz und ziemlich hart. Aber ich habe es geschafft. Mit so viel Kohle hatte ich nicht gerechnet. Klar, Onkel Ralf hatte mal erwähnt, dass man einen Teil seines Vermögens im Hause aufbewahren sollte, aber dass er eine volle Million in seinem Safe gebunkert hatte, war für mich eine geile Überraschung.

 

Zur Hölle fahren soll Jana. Bereuen wird sie die Trennung von mir. Das Weiße wird sie sich aus den Augen heulen. Mensch, es ist doch völlig okay, gut drauf zu sein. Dieses Gefasel von Drogen und Entzug hat mich angekotzt. Okay, sie hat es geschafft, ist weg vom Stoff. Meinetwegen, das ist eine Leistung. Aber was hat sie davon? Hartzen wird sie, vielleicht irgendeinen Billigjob machen. Einen neuen Freund soll sie haben. Den Typen mache ich alle, wenn der meinen Weg kreuzt.

 

Ich muss klar denken, setze mich mit einer Flasche von Onkel Ralfs Single Malt in seinen guten Sessel. Ich schiebe einen Affen, nehme mein Besteck, mache mir eine Spritze, die letzte. Ab sofort gibt es nur noch Koks und edle Sachen. Das Crystal Meth ist ganz okay, soll aber auf Dauer das Gehirn schädigen. Auch mit Speed, LSD und Heroin ist Schluss. Und das lasche THC ist sowieso nichts für Typen wie mich. Ich kann mit Drogen umgehen. Das ist lediglich eine Sache des eigenen Willens.

 

Die Spritze knallt. Mensch, das kommt jetzt wie ein Blitz. Ich bin hellwach, denke glasklar, bekomme einen vollen Schub Power. Von wegen Schäden am Gehirn! Nicht bei mir. Der Whisky vom Onkel wärmt meinen Bauch, beruhigt mich. Alles ist gut.

 

Ich bleibe auf dem Sessel, erhoffe die volle Wirkung und freue mich. Lange habe ich auf meine Chance gewartet. Sie kam. Ab heute wird gelebt. Ich bin der Checker und mein Glück ist verdient. Jana wird noch angebettelt kommen. Abfahrt, du Tusse! Mir gehört die Welt. Ich werde Frauen haben, gegen die du ein Stück Dreck bist. Morgen kaufe ich mir den Benz. Damit werde ich an den besonderen Klubs vorfahren. Kein Einlasser wird mich abweisen. Diese Zeiten sind vorbei. Ich kaufe mir gute Klamotten, genauso wie die Stars. Ab sofort bin ich der King. Mit den großen Jungs werde ich in den Klubs an den Tischen für besondere Gäste sitzen. Von nun an kann Jana meinen Benz putzen. Zur Belohnung lasse ich beim Wegfahren einen Hunderter aus dem Fenster fallen.

 

Noch einen Zug aus der Flasche. Ich habe jetzt etwas zu erledigen. Was angefangen ist, muss auch beendet werden. Das hat Onkel Ralf immer gesagt, wenn er mir seine Predigt gehalten hat. Der Vollpfosten konnte sich ein großes Maul leisten. Als Kapitalistenschwein besaß er Geld ohne Ende. Und jetzt? Schluss, Onkel Ralf. Denk mal an deine Frau, die dürre Heike. Sie hat mich immer wie ein widerliches Insekt angestarrt. Ich sage dir was, Onkel, das Dreckstück starrt nicht mehr.

 

Onkel Ralf und Tante Heike habe ich gezeigt, wo der Hammer hängt. Diese Aktion macht mir niemand nach. So richtig verarscht habe ich sie. Die beiden vertrottelten Alten glaubten mir die Sache mit dem neuen Leben. Dabei habe ich ihnen nur eine Anmeldung für eine Entziehungskur gezeigt und auf ehrlich gemimt. Sie haben mir tausend Euro gegeben, damit meine Ausbildung anläuft und ich mir ordentliche Kleidung kaufen kann. Reingefallen! Ihren Hausschlüssel habe ich mitgenommen.
Zwei Uhr in der Nacht bin ich zurückgekommen, leise rein in das Haus. Drei Paar Socken trug ich über meinen Schuhen. Für den klaren Kopf hatte ich mir kurz zuvor eine echt geile Spritze gesetzt. Ohne ein Geräusch bin ich nach oben, wie ein Geist hinein in das Schlafzimmer. Und da habe ich Onkel und Tante gezeigt, was ich kann. Ich war Kämpfer, Samurai. Blitzschnell und berechnend habe ich zugeschlagen. Drei feste Schläge auf den Kopf von Onkel Ralf. Das war es. Als die blöde Heike ihren Mund aufriss, habe ich sie gekonnt und schnell mit dem Baseballschläger alle gemacht. Die Dreckfresse starrt mich nie wieder an.

 

Jetzt fahre ich den Transporter an das Garagentor, nehme die schwarzen Säcke vom Beifahrersitz. Gut eingepackt werde ich Onkel und Tante aus der Stadt fahren und auf der Deponie verbrennen. Da ist kein Schwein. Wenn ich Asche und Restzeug vergrabe, sind alle Spuren weg. Anschließend werde ich das Haus sauber machen, die Kohle bei mir bunkern und dann mit den lieben Verwandten über das Verschwinden vom guten Onkel und seiner Frau rätseln. Später werden die Penner für tot erklärt und dann erbe ich noch was. Als Neffe bekomme ich, was mir zusteht. Das Haus ist eine Menge Schotter wert und wahrscheinlich haben die beiden alten Geizknochen noch andere Werte. Aber da kümmere ich mich nicht drum. Das ist zu heiß, kann Verdacht erregen.

 

Friedlich ist es im Haus, als ich die Treppe nach oben gehe. Jetzt muss ich cool bleiben. Da ist bestimmt viel Blut und Sauerei im Schlafzimmer der Alten. Jetzt bin ich der Cleaner, ein staubtrockener Tatortreiniger. Ich öffne die Tür, checke die Situation. Tante Heike liegt tot im Bett, sieht nicht gut aus. Onkel Ralf muss bei der Aktion auf den Fußboden gefallen sein. Wie das ging weiß ich nicht. Der liegt da und starrt mich an. Es blitzt. Irgendjemand schlägt dumpf auf meine Brust. Mann, das knallt so laut. Wieso hat der Onkel eine Knarre in der Hand? Tote können nicht schießen. Was ist los? Was ist mit meiner Million? Ich will doch nur meine Kohle, meine Chance. Müde bin ich, müde wie noch nie zuvor. Ein Stunde Schlaf brauche ich, gleich hier auf dem Boden.

 

 

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