Von Klaus-Dieter Oettrich
Michael (45 Jahre alt, 180 cm groß, schlank, sportlicher Typ, blonde Haare) lebt mit seiner Freundin Ute (40 Jahre alt, 175 cm groß, gute Figur, gutmütiger Gesichtsausdruck, dunkelbraune lange Haare) in einer bürgerlichen Kleinstadt. Kinder hatten sie keine, obwohl sie den Zeugungsvorgang schon tausende Male realisiert hatten. Dafür leben die Pudel Mischungen Tom und Tim seit 10 Jahren bei ihnen. Ute hatte die Namen den beiden gegeben. Michael wollte eigentlich, dass sie Black und White heißen sollten, da er so gerne Whisky trank. Aber Ute setzte sich durch.
„Mit diesen chemischen Düngermittel bringen sie uns noch um,“ rief erbost Michael.
„Jeden Tag schimpfst du auf irgendetwas. Ist es nicht die Politik, dann ist es die Wirtschaft, der Fußball usw… Bei dir gehen die Themen nie aus. Es ist fast nicht mehr auszuhalten. Du, der eigentlich brave Bürger hast wohl nur Wut im Bauch. So bereitet das Leben doch keinen Spaß. Das einzige was du wohl gerne tust ist, am Morgen die Kinder mit dem Bus zur Schule zu fahren. Aber wahrscheinlich schimpfst du beim Fahren auch noch,“ entgegnete Ute.
„Mir gefällt mein Leben. Man muß eben die Wut rauslassen,“ meinte Michael.
„Aber doch nicht immer bei mir,“ erwiderte Ute verbittert.
„Ich kann ja nicht auf die Straße gehen um meine Wut herausbrüllen. Die Polizei würde mich gleich festnehmen und in eine psychiatrische Klinik einweisen.“
„Vielleicht gehörst du auch dorthin.“
„Nein, nein, mir ist es lieber hier meine Wut rauszulassen.“
„Aber das mache ich nicht mehr lange mit.“
„Dann verlasse doch das Haus und gehe mit Tim und Tom spazieren.“
„Ja, das werde ich gleich tun, aber sage mal vorher, was war denn gestern Abend los als du auf dem Heimweg von der Gaststätte – Zum Ochsen – warst?“
„Nach der Bürgerversammlung, wo es Freibier gab, habe ich wohl einige Bierchen zu viel getrunken.“
„Das heißt, du warst betrunken.“
„Ich war nicht besoffen nur leicht angeheitert. Aber unser Bürgermeister war voll in Fahrt. Bei seiner Rede schimpfte er gegen die Landesregierung. Danach beleidigte er die Bundesregierung. Bei seiner Rede trank er mindestens zwei Maß Bier. Es kam eine ausgelassene Stimmung auf. Jeder Besucher im Saal wollte seine Meinung sagen. Das Geschrei war so laut, dass die Wände anfingen zu wackeln.“
„Jetzt übertreibst du aber.“
„Was das schönste bei der Veranstaltung war, dass man den Bürgermeister nach zwei Stunden aus dem Saal tragen mußte, da er nicht mehr laufen konnte.“
„Das findest du lustig? Schämen sollte man sich für den Bürgermeister.“
„Warum denn? Er hat ja nur seine Wut rausgelassen im Bezug auf die Fehler der Regierung.“
„Da muss man sich aber nicht betrunken ans Rednerpult stellen.“
„Recht aber hat er schon. Wir alle sind seiner Meinung und konnten unserer Wut freien Lauf lassen.“
„Nun aber zurück zu deinem gestrigen nachhause Weg,“ sagte Ute. „Von weitem hörte ich dich schon schimpfen: Warum können diese idiotischen Straßenbaufirmen keine geraden Straßen bauen?“
„Aber Michael, die Straße vom Ochsen bis zu unserem Haus ist doch kerzengerade.“
„Mir schien es aber gestern nicht so, da ich zweimal gegen eine Wand lief.“
„Und du nennst deinen gestrigen Zustand als angeheitert? Oh, Michael wo soll das alles noch hinführen. Du kannst froh sein, dass ich so gutmütig bin.“
„Wolltest du nicht mit den Hunden spazieren gehen?“ Fragte Michael.
„Dir ist es wohl peinlich über dieses Thema zu sprechen,“ meinte Ute.
„Nein ich denke nur an deine Gesundheit. Bewegung soll ja so gesund sein.“
„Das ist ja wirklich nett von dir. Auch ich denke an deine Gesundheit und nehme vorsichtshalber den Schlüssel vom Getränkeschrank mit.“
„Aber du kannst mich doch nicht verdursten lassen.“
„Nein, alkoholfreie Getränke stehen reichlich in der Küche.“
„Du meinst wohl, ich wäre Alkoholiker,“ erwiderte Michael.
„Bis jetzt noch nicht, aber du bist auf dem besten Weg dazu. Immer nach deinen Wutanfällen greifst du zur Schnapsflasche.“
„Ja, ich muß meine Nerven beruhigen.“
„An Ausreden fehlt es dir nie.“
Ute zog ihr weißes Kleid an und verließ das Haus mit den angeleinten Hunden.
Tim sagte zu Tom: „Warum streiten sich die beiden?“
„Keine Ahnung. Der Alte spinnt mal wieder,“ meinte Tom.
„Uns kann es recht sein, so bekommen wir einen langen Spaziergang,“ antwortete Tim.
„Trotzdem rege ich mich auf über das Verhalten von dem Alten auf. Das Leben ist doch so schön.“
„Als Hund vielleicht, aber wohl nicht für die Menschen,“ meinte Tim.
„Ja mein Lieber, wir können uns glücklich schätzen Hunde zu sein.“
„Trotzdem wäre ich manchmal gerne ein Mensch.“
„Damit du auch so wirst wie der Alte?“
„Nicht jeder Mensch ist so.“
Der Spaziergang führte zuerst durch wunderschöne Felder.
Da die Hunde nun nicht mehr angeleint waren, konnten sie sich richtig austoben.
Nach einer halben Stunde kamen sie wieder an die Leine, da man sich der Kleinstadt näherte.
Ute steuerte zielbewußt auf das Café Lang zu.
Die Stühle auf der Terrasse waren fast alle besetzt.
„Gestatten sie bitte, ist dieser Stuhl noch frei?“ Fragte Ute höflich einen Gast des Cafés.
„Für sie schon, aber nicht mit den beiden Kötern.“
Ute schaute den Gast entsetzt an. Wollte dann etwas erwidern. Ließ es aber sein. Denn solchen Menschen kann wohl nicht geholfen werden.
Im selben Augenblick wurde ein Nebentisch frei. Ute setzte sich sofort auf einen der beiden frei gewordenen Stühle.
„Tim, hast du gehört, was dieser Typ über uns gesagt hat?“ Fragte Tom.
„Ja,“ antworte Tim. „Warte einen Augenblick, dann wird er vor Wut platzen.“
Ute hielt die Hunde nicht an der kurzen Leine. Da es bisher nicht nötig war, weil die beiden immer ganz brav unter dem Tisch lagen.
Kaum hatte Ute ihren Kaffee erhalten, robbte sich Tim zum Nebentisch und pinkelte dem unfreundlichen Gast ans Bein.
Der Typ bekam einen purpurrotes Gesicht, stand auf und brüllte: „Kann sich ein ganz normaler, braver Bürger nicht auf eine Terrasse setzen, um gemütlich ein Bierchen zu trinken? Nein, das kann er nicht, sondern wird von so einem Mistköter ans Bein gepinkelt.“
Der Gast brüllte wie ein Verrückter und schimpfte bösartig auf die ganze Hundewelt.
Tom konnte sich dieses Geschrei nicht mehr mit anhören. Er schlich sich zu dem Gast hin und zwickte ihn mit seinen spitzigen Zähnen in das andere Bein.
Jetzt rastet der Gast vollkommen aus.
Er schüttete sein Bier Ute direkt ins Gesicht. Dann nahm er von einem Nebentisch zwei Kaffeetassen und bekleckerte mit dem Inhalt Utes weißes Kleid. Danach spritze er noch mit Cola und gelber Limonade in Richtung Ute und brüllte weiter und weiter.
Es entstand ein Tumult vor dem Café.
Der Wirt rief sofort die Polizei, die dann in 3 Minuten da. Die Beamten versuchten beruhigend auf den Gast einzureden. Da dies nicht gelang, nahmen sie ihn mit.
Der Wirt entschuldigte sich bei Ute und den Gästen. Zu Ute gerichtet sagte er: „Bitte geben sie ihr Kleid in die Reinigung. Ich übernehme die Kosten.“
Dann ging er wieder hinter die Theke und sagte zu seinem kleinen Hund, der brav dort lag: „Menschen gibt es, das ist ja unglaublich.“
Zwei Bedienungen räumten die Terrasse wieder auf und teilten den Gästen mit, dass der Wirt bei der nächsten Bestellung die Kosten übernimmt.
Ute und einige andere Gästen hatten aber keine Lust mehr dazubleiben. Bezahlten ihre Rechnungen und verließen das Café.
Ute ging mit den Hunden direkt neben der Hauptstraße in Richtung ihres Hauses.
Kaum war sie 5 Minuten unterwegs, kam eine Menschenmenge auf sie zu.
Es handelte sich wohl um eine Demonstration, dachte Ute.
Die Teilnehmer(innen) riefen: „ Wir fordern die 35 Stunde Woche für die Arbeiter und Arbeiterinnen in der Landwirtschaft“.
– Wir lassen uns nicht mehr ausnehmen -, stand auf einigen der Plakate. Auf anderen stand: – Kein Dieselfahrzeugverbot -. Sowie – Höhere Einfuhrzölle für Lebensmittel -.
Tom und Tim fingen an zu bellen. Sie hatten wohl Angst vor den vielen Menschen.
Plötzlich kam eine Demonstrantin auf Ute und die Hunde zu.
„Hier nehmt ein Stückchen Wurst,“ sagte sie und gab Tim und Tom ein Würstchen.“
„Besten Dank, dies ist aber freundlich von Ihnen,“ bedankte sich Ute. „Ich dachte schon, wir werden beschimpft.“
„Man kann auch demonstrieren, ohne bösartig zu brüllen und braucht keine Gewalt anwenden,“ teilte die Demonstrantin mit.
„Da haben sie aber wirklich recht. Ich wünsche ihnen guten Erfolg nach der Demonstration.“
Als sie wieder daheim war, sagte Michael: „Haben dich die Demonstranten so
zugerichtet? Die sollen richtig arbeiten und nicht unschuldige Bürger beschmutzen. Da bekomme ich gleich wieder einen Wutanfall.“
„Nein, es waren nicht die Demonstranten, sondern ein normaler Bürger unserer Stadt der ausrastete.“
„Das kann ich nicht glauben.“
„Außerdem bekamen Tom und Tim von einer Teilnehmerin der Demo jeder ein Würstchen. Du solltest dir wirklich genau vorher überlegen, warum du deine Wutausbrüche bekommst.“
„Ja wahrscheinlich sollte ich dies wirklich.“
Tim fragte Tom: „Glaubst du, der Alte ändert sich?“
„Warten wir es ab, glauben kann man es ja im Moment.“
Michael setzte sich an seinen Schreibtisch und sortierte Unterlagen.
Nach einer Stunde brüllte ein Mann auf der Straße: „Dieser Lärm, welchen die Mopeds verursachen ist furchtbar. Da bekommt man ja Ohrenschmerzen. Die Mopeds gehören verboten.“
Michael ging zum Fenster und schaute hinaus. Kam dann zurück, schüttelte den Kopf und sagte: „Über was sich die Bürger hier immer so aufregen. Dies ist ja unfassbar.“
Der Mann brüllte auf der Straße weiter und weiter.
Michael ging nochmals zum Fenster, öffnete es und rief:“ Ruhe bitte, wir sind doch nicht in einer Stadt, wo die Bürger ihre Wut auf der Straße rausbrüllen können.“
Der Bürger rief zu Michael: „Das müssen gerade sie sagen, der sich über jede Einzelheit aufregt und immer am Schimpfen ist.“
„Das war einmal,“ entgegnete Michael.
Ute hörte der Konversation zu und sagte zu Tom und Tim: „Katja Ebstein hat mit ihrem Song – Wunder gibt es immer wieder – wohl recht.“