Von Anne Zeisig

„Es wurde schon wieder angerufen und einfach aufgelegt.“

Sie stellt das Telefon auf die Basisstation und schaut zu ihrem Mann, der Geschirr in den Hängeschrank einsortiert.

„Wenn ich in den letzen Tagen ran gegangen bin, wurde auch einfach weggeklickt“, antwortet Klaus.

Marlene wischt sich die Hände an der Küchenschürze ab.

„Habe Dein Lieblingsessen gekocht.“

Klar, liebt sie ihren Mann immer noch. Aber seit die Kinder das Haus verlassen haben, ist es hier still geworden. Sie legt den Schweinsbraten mit Beilagen auf die Teller.

„Guten Appetit!“, wünscht sie provozierend laut, weil ihr Mann das schon lange nicht mehr gesagt hat, wenn er sich zu ihr an den Tisch gesetzt hat.

Er nickt kurz und schaufelt das Essen in sich hinein.

„Schmeckt es dir?“, fragt Marlene leise und kaut lustlos, spürt den Druck in ihrem Magen.

Er schiebt den Teller von sich. „Leer gegessen! Also hat es mir geschmeckt!“

‘Ihre Fragerei nervt.’, denkt ihr Ehemann.

„Aber du hast keine Ahnung, wie aufwändig das Kochen ist“, jammert sie. „Nie lobst du mich dafür.“ 

„Dann bereite uns doch was Schnelles zu.“ Er geht in die Küche. „Mir reicht auch ein Omelett oder ein Pfannkuchen mit Apfelmus.“

Marlene stellt auch seinen Teller in den Geschirrspüler. „Seit wann magst du Eierspeisen!“

Sein Gesicht läuft rot an. „Ich will nur sagen, dass du mit dem Kochen nicht immer so einen Aufwand betreiben musst.“

Das Telefon schrillt!

„Wieder zur Mittagszeit!“ Klaus schaut seine Frau vorwurfsvoll an. Er zieht seine Augenbrauen über der Nasenwurzel zusammen.

„Es könnte doch auch eines der Kinder anrufen“, sagt sie entschuldigend. „Entspanne dich mal.“

Ihre Wangen nehmen eine rosige Farbe an. Marlene huscht hinüber, betätigt den Taster. Hört nur ein Schweigen am anderen Ende. Dann wird aufgelegt.

Sie kehrt zurück zum Esstisch, setzt sich und fragt ruhig. „Erwartest du vielleicht einen Anruf und man will mir nicht sagen, dass du gewünscht bist?“ 

Die Ehefrau fühlt sich schlecht bei dieser misstrauischen Frage.

Ihr Mann gießt sich den letzten Schluck Bier ins Glas, lehnt sich rücklings an die Spülmaschine. „Wenn mich einer sprechen will, dann sagt der das auch. Alles andere macht keinen Sinn.“

Sie steht auf, schiebt ihn zur Seite und räumt das Besteck in den Geschirrspüler.

Das erneute Klingeln des Telefons schmerzt in Marlenes Ohren. Sie starrt ihren Mann an.

Klaus stellt sein Trinkglas hart auf den Tisch, so dass das Bier überschwappt, stürzt hinüber und hält sich den Höhrer an seine Ohren. Blickt hinüber zu Marlene, legt auf. „Keiner meldet sich.“ Er zuckt mit den Schultern.

Marlene startet das Schonprogramm, weil die Teller mit Goldrand besetzt sind.

Er leert sein Glas.

„Das könnte auch deine junge Geliebte sein“, haucht sie und wischt mit dem Lappen über das Ceranfeld.

„Oder dein Geliebter?“, sagt er mit harter Stimme und geht in den Garten.

„Wie bitte?!“, ruft sie ihm hinterher, „mein Geliebter würde mich über mein Handy kontaktieren!“

„Und meine blutjunge Freundin würde anrufen, wenn du morgens zum Einkaufen unterwegs bist!“

Er bückt sich und reißt den Löwenzahn aus einer Terrassenfuge heraus.

 

Letzte Version