Von Mia Berg

Kalle und Baxter sitzen auf der Bank vor ihrem Stammkiosk. Beide haben schon reichlich dafür gesorgt, dass ihr Alkoholpegel nicht zu sehr sinkt. Ein Auto hält vor dem Kiosk. Ein Mann mit Sonnenbrille steigt aus. Er lässt die Tür offen stehen und der Motor läuft weiter.

Baxter muss rülpsen und kippt leicht nach vorne.

„Du,“ sagt Kalle und stößt Baxter an. „Da!“ Er deutet auf den großen schwarzen BMW.

„Was?“

„Du, hast du Lust auf ne Spritztour?“

„Was!“

„Der Typ hat das Auto angelassen. Los auf! Ich schnapp mir das Auto. Du stellst dich dem Typ in den Weg, damit er mich nicht kriegt. Ich hol dich nachher ab. Dann machen wir einen drauf.“

„Was?!“

„Jetzt!“

Kalle läuft los. Baxter torkelt hinterher. Kalle springt ins Auto. Baxter stolpert und ein Mann im schwarzen Anzug stürzt über ihn drüber.

„Hey, du Arsch!!“ Der Mann rappelt sich auf. „Lass mein Auto hier!!“

Aber Kalle hört ihn schon nicht mehr. Laut lachend ist er um die nächste Ecke verschwunden.
Der Mann zerrt Baxter hoch. 

„Wer war das? Los!!“ Er schüttelt Baxter heftig. So sehr, dass Baxter ihn vollkotzt, auf den schönen schwarzen Anzug. Angewidert lässt der Mann Baxter los. „Madre mio!“ und holt aus.

Als Baxter wieder zu sich kommt, steht Kalle grinsend vor ihm.
„Echt, was hab ich den Typ ausgetrickst. Los verschwinden wir.“ Baxter ist mit einem Schlag hellwach. Nix wie weg.

Der BMW ist mit allem ausgestattet, was das Herz begehrt.
„Ist das eine geile Karre. Davon hab ich schon immer geträumt. Schau mal hier, hier ist ein Fenster im Dach. Und alles mit Leder. Voll krass. Und hier im Handschuhfach.. Geil! GEEIIIL! Jede Menge Kohle.“
Baxter holt fünf Pack gerollte Geldscheine aus dem Handschuhfach.
„Was? Echt? Das wird ne geile Sause, Alter.“  

 

Kalle heizt über die Autobahn.

„Wo fahren wir hin?“

„Ich wollte schon immer mal nach Capri. Tank ist voll.“

„Wie kommt man nach Capri?“ fragt Baxter. „Hey BMW! Wie kommt man nach Capri?“ Baxter wiehert vor Lachen. Ein Display leuchtet auf. Das Navi geht an. Der Weg nach Capri wird angezeigt.

„Was ist das denn? Ist Capri ne Insel?“

„Bist du blöd, Baxter. Klar ist Capri ne Insel. >Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt…< Dieses Scheißlied hat mein Alter immer gesungen, wenn er meine Alte grad gevögelt hat.“

Capri?, denkt Baxter. Sonne?? Sein Hirn versteht Capri Sonne. „Da is‘ aber kein Alc drin. Nur was mit Alc.“

„Besorgen wir uns. Kohle ist genug da. Komm wir gehen zum Macces und fressen was. Und dann fahren wir beim Getränke Fratzge vorbei. Holen uns noch Nachschub. Hab n Brand.“

 

Es ist schließlich abends 8 Uhr, als die beiden die Grenze nach Österreich überfahren. Sie haben sich gut eingedeckt mit viel Bier, Cola und Wodka.

Etwa zur selben Zeit hat Francesco im schwarzen Anzug einige Probleme. Er befindet sich in einer misslichen Lage. Er bekommt kaum Luft. Nur nichts Falsches sagen, denkt er.
„Wo ist der Wagen, du Depp!“ Nur mit Mühe bringt Francesco die Worte heraus, wohl wissend, dass die Information genauso weh tun würde wie Schweigen. Dann hat er einen Geistesblitz, gerade noch rechtzeitig: „Mein Handy ist noch im Auto. Das können wir orten.“ Der Mann lässt Francesco los: „Noch mal Glück gehabt.“

Es dauert etwas, bis sie es schaffen, dass Handy zu orten. Sie starren auf den Bildschirm und können es kaum glauben. Der BMW fährt in diesem Moment in Innsbruck auf den Parkplatz von einem Puff. „Hol die Karre wieder her!“

 

„Woher kennst du diesen Schuppen? Er ist doch viel zu teuer für uns.“

„Wie viele Rollen Geld haben wir? Los. Rein.“

Kalle und Baxter verbringen die nächsten Stunden im Champagnerrausch. Fünf Frauen gleichzeitig bearbeiten ihr Gemächt oder sich selbst. Wer weiß das schon so genau. Dann haben die beiden genug. Völlig ausgelutscht schlurfen sie zum Auto und fahren weiter. Lange sagen sie nichts.

„Ich hab Hunger,“ sagt Baxter und merkt gleichzeitig, dass die restlichen Geldscheine weg sind.

„Die haben uns beklaut!! Los fahr zurück. Drehe! Denen haue ich in die Fresse!“

Kalle ist genauso betroffen und meint dann: „Machen wir auf dem Rückweg. Dann nehmen wir den Laden auseinander.“

„Ja.“ Baxter nickt dankbar. Im nächsten Macces halten sie an und holen sich sechs Happy Dings. Zur Sicherheit, falls sie doch noch Hunger bekommen und in Italien versteht sie doch keiner. Sie bezahlen mit der nächsten Rolle Geldscheine. Dem Kassierer fällt die Klappe runter, prüft die Scheine doppelt. Der Geschäftsführer beäugt sie misstrauisch.

„Is was?“, raunst Kalle. „Nee, alles gut.“ 

Die beiden fahren weiter.

 

Zur selben Zeit fährt Francesco auf dem Parkplatz vom Macces, sieht die Jungs aus dem Laden kommen und erkennt den zweiten Penner sofort. „Dachte ich’s mir doch. Scheiße!“

Er ruft den Chef an.  „Verfolge sie. Einschreiten in Österreich ist heikel. Weiß der Henker, was sie vorhaben.“  Also hängt sich Francesco an den BMW dran und staunt nicht schlecht, als sie sich der italienischen Grenze nähern.
„Dran bleiben,“ sagt sein Chef. „Erst recht nix machen!“, sagt sein Chef.  „Warte!“

Und so fahren sie immer tiefer nach Italien hinein. Kalle und Baxter grölen laut zur Musik aus dem Radio. Francesco wird es immer ungemütlicher. Verona, Bologna, alles lassen sie hinter sich. Sie werden doch nicht…?

Kalle und Baxter fahren an Rom vorbei. „Aber das Kollusarium!“ protestiert Baxter. „Auf dem Rückweg.“ „Okay.“
Es ist schon später Nachmittag, als sie an Neapel vorbeifahren.

 

Gleichzeitig wird ihre Fahrt von anderer Stelle aus beobachtet. Der BMW gehört M. und der ist nicht Francescos Chef. Eine heikle Situation für Francesco. Die anderen beobachten den BMW über das GPS im Auto. Sie verfolgen seine Fahrt bis tief nach Italien hinein und wundern sich. Langsam merken sie, dass nicht ihr Freund das Auto fährt.

Kalle und Baxter stehen in der Schlange vor der Fähre nach Capri, als die anderen zu handeln beginnen. Sie lassen die Fähre stoppen. Maschinenschaden, offiziell. Das wird ihnen zu heikel. Was ist da los? Das wollen sie jetzt endlich wissen.

Enttäuscht stehen Kalle und Baxter vor der Fähre. Ein deutsches Pärchen gibt in ihnen Tipp, nach Sorrent zu fahren. Dort könne man die Sonne über Capri untergehen sehen. Kalle zwinkert Baxter zu: „Na, was sage ich!?“

Francesco schwitzt inzwischen schon Blut und Wasser. Hier dürfte er nicht sein. Wenn sie ihn erwischen?? Sein Chef lacht am Telefon: „Was besseres kann uns gar nicht passieren. Versau es nicht.“

Als Kalle und Baxter an der Steilküste stehen und auf die Sonne schauen, fährt Francesco auf den gleichen Parkplatz. Er versteckt sich hinter Gebüsch. Gerade rechtzeitig, denn in diesem Moment fährt ein weiterer schwarzer BMW auf dem Parkplatz und hält in einigem Abstand hinter Kalle und Baxter. Niemand steigt aus. 

Kalle und Baxter bemerken von all dem nichts. Sie sind schon zu sehr zugedröhnt. Dann muss Baxter mal. Er torkelt zur Steilküste und verteilt seinen Urin mit großer Freude in einem großen Radius über den Rand. Zurück im Auto wird das nächste Bier aufgemacht.

Francesco schaut dem ganzen mit zunehmenden Unbehagen zu. Das dauert ihm viel zu lange.
„Aufscheuchen!“, denkt Francesco und ruft sein Handy an.

Plötzlich brummt irgendwo ein Handy im Auto. 

„Ist es dein Handy?“ „Nö, deins?“

Die beiden suchen das Auto ab und finden ein Handy unter dem Beifahrersitz. Es brummt noch immer. „Wer ist das?“ „Das weiß doch ich nicht. Geh ran.“  Baxter hebt ab. „Ja?“ „Ihr verdammten Schweine, ihr habt mein Auto geklaut.  Ich finde euch, ich kann mein Handy orten.“

„Was? Nein!“ Baxter springt aus dem Auto. Er wirft das Handy im großen Bogen über die Steilküste. Das war knapp. Beinahe wären sie erwischt worden. Kalle steht neben ihm: „Jetzt ist das Handy weg. Das hätten wir verkaufen können.“ Baxter zuckt mit den Schultern. 

„Du, schau mal, ist das ein Vulkan?“

„Questo è il Vesuvio. Cosa volete qui?“ Drei Männer stehen hinter ihnen. Sehen aus wie ne Bodygard, denkt Baxter belustigt. 

„Hä?“ sagt Kalle. Der dritte Mann tritt hervor. „IL VESUVIOOOO, idiota!“ 

„Idiota“ haben sie verstanden. „He!! Nicht so frech, ja!“ Was der Mann dann sagt, verstehen sie überhaupt nicht mehr. Einer der beiden anderen geht zum Wagen und schaut rein. Sein Blick verrät nichts Gutes. Er öffnet den Kofferraum.

Dann geht alles sehr schnell. Er ruft etwas auf Italienisch und die anderen beiden zücken sofort ihre Waffen und richten sie auf Kalle und Baxter.

„Was?? Nein!!“ Sie zerren die beiden zum Kofferraum.

Im Kofferraum liegt eine Leiche. Es ist der Cousin von einem der drei Männer. Dieser rastet total aus und schlägt auf Kalle und Baxter ein. Sie können sich losreißen und versuchen wegzurennen. Baxter stolpert und will sich an Kalle festhalten, dabei reißt er Kalle mit sich, mit über den Rand der Steilküste. 

 

Francesco sitzt im Gebüsch und kann gerade noch verhindern, laut aufzulachen. Er sieht nicht mehr zu, wie die anderen das Auto wegfahren. Es interessiert ihn auch nicht. 

Er ruft in Deutschland an. „Sie haben die Leiche gefunden.“

„Und die beiden Deppen?“

„Tot!“ 

„Gut!“

 

V2