Von Anne Pytlik

Wenn die Sonne hinter dem grünen Bergkamm verschwindet und es dunkel wird, greife ich zu den Waffen und trete vor die Tür. Da kommen sie schon, sie wollen hinein mit ihren Reißzähnen und Klauen, sich durch Stahl und Holz fräsen und töten und fressen. Doch ich kann kämpfen und werde ich sie wieder treffen, heute Nacht, wie gestern und morgen, in der Dunkelheit. Die Angst ist ein flatterndes Hemd, dass der Wind von der Leine reißt. Doch meine Rüstung ist das Glück, ein Panzer, der müde jedem Angriff trotzt. Ihre Quelle, ihr Stoff schläft verborgen und gut versteckt:  eingekuschelt, mit Träumen beschäftigt, in Sicherheit.  

Ich steche und haue, ich metzle und schreie, drehe mich, springe hoch und lande, renne, blute, atme noch. Die Zähe Haut der Gegner, schuppt sich über riesige Leiber, aus deren Mäulern Messer im Mondlicht blitzen. Viele, heute, noch mehr, die sich dazu schnell bewegen. Ihre Krallen kratzen durchs Gras, scharren auf dem Pflaster der Einfahrt. Ich muss mich konzentrieren. Ich darf sie nicht vorbeilassen. Das Haus ist keine Festung.  

So mache ich das. Nacht für Nacht. Und wenn die Dämmerung die ersten Strahlen des Tages über die Wiese schiebt, verschwinden sie hinter den Bergkamm, die noch leben, die, die wie ich am Leben sind. 

Dann gehe ich hinein, ins Haus und wische das Blut vom Schwert ab und das Blut von meinem Körper und der Mann ist schon da. Hat bereits einen dampfenden Kaffee für mich hingestellt und liest aus der Zeitung vor: Hör an, das ist interessant, die Chance geboren zu werden liegt bei 1 zu.. das höre ich nicht deutlich. Ich frage nochmal nach, zu wie viel hundert Billarden genau und befestige Mull und Klebband an seiner zerfetzten Hand. Gut hat es der Zufall gemeint, denke ich, und es prickelt immer noch schön, wenn ich in seine grünen Augen blicke und er in meine und ich lächle und küsse und nippe am Kaffee und wir trumpfen uns, wer hat die fiesesten Viecher erstochen, heute Nacht. Für mehr ist keine Zeit. Ich schleiche zur Falltür und sie quietscht ein bisschen, als ich sie hochziehe. Die Morgensonne äugt neugierig durchs Fenster und ich mahne sie, nicht so grell zu sein, denn hier schlafen noch welche, mit kleinen Ohren und zuckenden Ärmchen und ihre Augen blinzeln aber schon und dann drehen sie sich nochmal zur Seite und ich ziehe einen Schlafanzug zurecht und decke zwei zu, die sich freigestrampelt haben, mit ihren kurzen Beinchen, in der Wärme der Höhle, versteckt unter der Falltür, heil und unversehrt. Ich fege den Boden und koche das Essen, bügle das Hemd. Der Tag beginnt mit dem Aufwachen des Glücks. Zwei kleine Köpfe, die schläfrig aus der Bodenkuhle luken, die barfuß nach draußen tappeln, um noch die verstreuten Kadaver zu zählen, um die Schlösser und Barrikaden zu lösen, die Tiere zu füttern, im See zu schwimmen, zu planschen, zu kreischen.  Und wieder werden wir eine Taube bestücken, heute, wie an jedem Tag und eine Botschaft in den blauen Himmel schicken und hoffen und warten und ausharren und essen und schlafen und kämpfen und lernen und üben und lachen und weinen und wieder lachen. Wir verbrennen die Leichen der Nachtmonster, jeden Tag.  

Heute Nacht, kann ich vielleicht eines fangen. Wir wollen es zähmen und vor einen Karren spannen und vor einen Pflug spannen und nachts wird es draußen das Haus bewachen und dann ist das Haus eine Festung und ich kann endlich schlafen, mit abgelegter Rüstung, in einem Verschlag im Boden, versteckt und sicher, geschützt durch eine Falltür und neben mir, tief im Dickicht eines Traums unterwegs, schnauft und strampelt das Glück. 

 

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