Von Franck Sezelli

Heute hatten sich Lukas und Maximilian den Monte Sant’Angelu als Ziel einer Wanderung gewählt. Leider standen sie etwas spät auf, was sich im Gebirge rächte. Der Weg war für die wanderfreudigen Burschen zwar überhaupt nicht weiter beschwerlich, aber die flirrende Mittagshitze machte ihnen auf einigen Streckenabschnitten doch zu schaffen. Auf dem über 1200 m hohen Gipfel entschädigte sie für die Mühen die herrliche Aussicht auf die umliegenden kleinen Dörfer und sogar auf Bastia und die Nordspitze der wunderschönen Insel, auf das Cap Corse. Danach beeilten sich die beiden, schnell wieder in ihr Camp zurückzukehren. Das hatte einen, besser gesagt, zwei Gründe. Die hießen Manon und Julie.

Es war das erste Mal, dass Lukas und Max FKK-Urlaub machten. Die Freunde waren schon des Öfteren gemeinsam in den Urlaub gefahren, meistens zu Klettertouren ins Gebirge. Dieses Mal sollten Meer und Gebirge verbunden werden, so kamen sie auf Korsika. Bei den Recherchen nach einem geeigneten Quartier sind sie auf »Riva Bella« gestoßen und fanden das Abenteuer FKK anziehend. Wobei Vanessa, die Freundin von Lukas, sich die witzige Bemerkung nicht verkneifen konnte: »Wenn ihr die Freikörperkultur anziehend findet, habt ihr deren Hauptmerkmal wohl nicht verstanden.« Dummerweise waren die beiden Freundinnen in der ersten der drei Urlaubswochen verhindert, sodass die jungen Männer allein vorausfuhren.

Nach der Bergwanderung in Riva Bella zurückgekommen, war alles eins: aus der verschwitzten Kleidung heraus und ohne weiteren Halt an den Strand und ins Meer. Dabei stellten sie erfreut fest, dass die Französinnen, die sie in den letzten Tagen beim fröhlichen Spiel im Meer kennengelernt hatten, am Strand lagen.

Nach der Erfrischung im Wasser begrüßten sie ihre Bekannten und erzählten ihnen von der Wanderung. In Pantomine, versteht sich. Denn die Französinnen sprachen kaum Englisch, Deutsch sowieso nicht, und die Burschen beherrschten außer bonjour und merci kaum Französisch, aber mit Händen und gutem Willen und Zeichnungen im Sand gelang die Verständigung erstaunlich gut. Lukas brachte es sogar fertig, den aufmerksamen Zuschauerinnen zu demonstrieren, dass sie während der Gipfelbesteigung auch Ziegen beim Klettern beobachten konnten. Manon schüttete sich bei der Darbietung fast aus vor Lachen.

In den folgenden Tagen wurden die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Strandnachbarn immer enger. Sie verbrachten sehr viel Zeit miteinander, spielten Ball, Strand-Tennis, ja, sie bauten sogar gemeinsam kleine Burgen im Sand. Im Wasser tollten sie ausgelassen herum, machten Wettschwimmen, spritzten sich voll und versuchten, sich gegenseitig unterzutauchen. Bewusst suchten sie die körperliche Nähe, ohne die Berührungen allzu intim werden zu lassen. Die Strandliegen und Sonnenschirme stellten sie zusammen und lagen nun nahe beieinander. Lukas konnte sich an Manons schönem Körper nicht satt sehen. Er erfreute sich an ihren Formen, der glatten bronzenen Haut und ihren vollkommenen Brüsten. Manchmal wurde ihm ganz heiß – und das nicht von der Sonne – sodass er sich wegdrehen musste und andere Gedanken zulassen, weil seine Bewunderung zu offensichtlich und peinlich zu werden drohte. Über Manons Gesicht huschte dann ein Lächeln.

Ganz besonders anziehend fand der junge Mann den schmalen dunklen Streifen auf dem Venushügel, den bei der Rasur übrig gelassenen Teil der Schambehaarung. Ob ich Vanessa mal bitte, sich auch so einen Landing-Strip stehen zu lassen? Sie sieht ja jetzt blank aus wie Julie. Was Männern eben so durch den Kopf geht!

»Sag mal! Sehe ich das richtig so, Lukas«, fragte Max am Abend, »Manon gefällt dir von den beiden am besten?«

»Nun, wenn ich die Wahl hätte, auf jeden Fall!« Und Lukas ergänzte: »Das passt doch, wie ich gemerkt habe. Du hast doch auf die Blonde mehr als nur ein Auge geworfen.«

»Nicht, dass du deine Vanessa vergisst!«, drohte Max scherzhaft.

»Und du nicht deine Laura!«

»Aber gucken wird man doch wohl dürfen«, schloss der Angesprochene das Männergespräch ab.

 

Nach einem gemeinsamen Abendessen, zu dem die Französinnen ihre deutschen Bewunderer eingeladen hatten, verabredete man sich zu einer gemeinsamen Inselrundfahrt. Die Besucher wurden von den Gastgeberinnen herzlich mit Umarmungen und Wangenküsschen verabschiedet, die – vielleicht absichtlich – nicht ohne die Berührung der männlichen Brüste durch die spitzen Brustnippel der jungen Frauen abgingen. Es ist wohl verständlich, dass die beiden nur mit Mühe einschlafen konnten und von einladenden weiblichen Verheißungen träumten.

Auf der Autotour hielten die vier nach einer knappen Stunde am Hafen von Solenzara. Sie schlenderte an den Kais der Marina entlang und bewunderten die dort vertäuten Segelyachten und Motorboote. Das Eiscafé Glacier du Port verführte sie zum Platznehmen. Sie bestellten je nach Geschmack verschiedene Eisbecher. Manon bot Lukas an, von ihrem Fruchteis zu kosten und hielt ihm einen vollen Löffel hin. Obwohl er Schokolade und Nüsse bevorzugte, schlug er dieses Angebot nicht aus und schleckte von Manons Löffel. Er revanchierte sich mit Schoko-Vanille-Nuss, welches die Französin sich gern von ihm in den Mund schieben ließ. Bald ging der Löffel bei beiden hin und her. Die Blicke, die sie dabei tauschten, hätten das Eis auch ohne die sommerliche Hitze zum Schmelzen gebracht. Auch die beiden anderen taten es Manon und Lukas gleich und fütterte sich gegenseitig mit Eis und Sahne. Maximilian wurde ganz anders, als er immer wieder die Zungenspitze Julies über die süßen eisverschmierten Lippen huschen sah. Wie gern hätte er selbst das Eis von diesen Lippen geschleckt!

Es blieb den ganzen Tag bei dieser pärchenweise Zuordnung. Julie blieb bei Max, und Manon war immer neben Lukas zu finden. So spazierten sie auch zwei und zwei nebeneinander durch die mittelalterliche Altstadt in Bonifacio an der Südspitze der Insel. Sehr viel bekamen die vier von diesem beeindruckenden Touristenziel gar nicht mit, denn sie hatten nur Augen füreinander.

Bei dem Bootsausflug zu den Grotten von Bonifacio saß Manon ganz dicht neben Lukas, der den Arm um ihre Taille legte. Gegenseitig zeigten sie sich diese und jene merkwürdigen Gebilde an der Kalksteinküste und erfreuten sich daran, in die Eingänge der berühmten Höhlen von Bonifacio zu schauen.

Max gefiel ganz besonders der schöne Blick auf die Treppe Escalier du Roi d’Aragon, konnte allerdings mangels Französischkenntnissen den begeisterten Ausführungen seiner Sitznachbarin Julie über die Geschichte der oft belagerten Stadt und dieser Treppe nicht folgen.

Trotz der Sprachbarrieren ließen sich die zwei Paare die Freude an diesem schönen Ausflug nicht nehmen.

Bei der Verabschiedung am Abend vor den Bungalows versuchte Lukas, Manon auf den Mund zu küssen. Sie jedoch drehte den Kopf zur Seite und machte mit dem Zeigefinger verneinende Bewegungen: »Non, non! It’s not the time for that …« Max war bei Julie auch nicht erfolgreicher.

 

Am vorletzten Abend gingen Manon und Lukas auf dem Weg zwischen dem Campingplatz des Ferienresorts und dem dahinter gelegenen Salzsee spazieren, brav immer einen halben Meter Abstand haltend. Auf einem Baumstamm ließen sie sich nieder und genossen den Blick über den Étang auf die Berge. Sie machten sich flüsternd auf die vielen Vogelstimmen aus dem umliegenden Gebüsch aufmerksam und erfreuten sich ihrer schon vertraut wirkenden Nähe. Die untergehende Sonne färbte die Umgebung in ein warmes Licht und den Himmel rötlich. Als die Sonnenscheibe den Bergkamm berührte, fasste Lukas um die nackte Taille seiner Angebeteten und streichelte die weiche Haut ihrer Hüfte. Manon lehnte ihren Oberkörper zurück gegen seinen. So verharrte das Paar, bis die Sonne hinter den Bergen verschwunden war.

 

Auch der nächste Abend wurde wunderschön, wenn auch die Tatsache, dass für Manon und Julie der Urlaub zu Ende ging, die Stimmung ein wenig trübte. Die vier trafen sich zum Tanzabend bei Fanny und Benoît, dem Restaurant des Camps. Die Musik entsprach ihrem Geschmack, die warme Abendluft vermittelte ein sommerliches Gefühl der Unbeschwertheit.

Es war Manon, die das Zeichen zum Aufbruch gab. Die Paare liefen am Strand in Richtung ihrer Bungalows zurück, blieben immer mal wieder stehen und schauten sich im Mondschein tief in die Augen. An dem Bungalow der Französinnen angekommen, liefen Julie und Max einfach weiter.

Schweren Herzens wollte sich Lukas von seiner Angebeteten verabschieden, als sie seinen Kopf zu sich herunterzog und ihn leidenschaftlich auf den Mund küsste. Ihre Zunge forderte Einlass zwischen seine Lippen, den er ihr gern gewährte. Im Atemholen hauchte Manon: »Je pense, c’est la nuit pour nous.« Sie zog den Verblüfften in ihre Unterkunft. Sehr schnell rissen sich die aufeinander Begierigen die wenige Kleidung vom Leib und fanden sich auf dem breiten Bett wieder. Endlich durften die Hände, Lippen und Zunge das erkunden, was bisher nur den Augen vorbehalten war. Gegenseitig trieb das Paar das Verlangen und die Lust aufeinander immer höher. In dieser Nacht taten sie endlich das, was sie sich schon lange gewünscht, aber bewusst nicht gegönnt hatten. Bis beide in inniger Umarmung befriedigt ihren Schlaf fanden.

 

Als die Freunde am Morgen erwachten, waren die Frauen weg. In der Frühe hatte Julie Lukas leise geweckt und aus Manons Bett in seins geschickt. Erschrocken brachen die Männer auf und fuhren so schnell es ging zum Hafen. Aber die Fähre war bereits am Auslaufen. Sie konnten ihren nächtlichen Geliebten, die an der Reling standen, nur noch traurig nachwinken.

»Das war wirklich sehr geschickt von den Mädchen«, äußerte sich auf einmal Maximilian, »uns erst lange hinhalten und dann schnell verschwinden, wo die Beziehung von Anfang an keine echte Perspektive hatte.«

»Da hast du recht! Frauen sind wirklich intelligenter in solchen Dingen.«

 

In der Ferne war inzwischen ein herannahendes Schiff zu erkennen. Das musste die Fähre aus Nizza sein, mit der Vanessa und Laura kommen wollten. Alles hat seine Zeit!

 

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