Von Martina Zimmermann

„Heute gönne ich mir einen freien Tag“, erklärte Ambrosius und wandte sich an sein Bett und den Schrank. Nachdem ein Zauber schief gegangen war, konnte er sich mit seinen Möbeln unterhalten.

Er lernte dadurch sie viel mehr zu schätzen, denn sie konnten ihm mitteilen, was ihnen im Alltag zu schaffen machte.

Als er eines Tages bei seiner Tante Agathe zu Besuch war, half diese ihm, den eigentlichen Zauber, nämlich mit allen Tieren sprechen zu können, umzusetzen.

Ambrosius war so in der Lage mit seinen Möbeln als auch mit allen Tieren zu sprechen. Er war überglücklich.

„Ich kann so viel für die Tiere tun und  Gutes bewirken“, erklärte er den Möbeln. Das Bett und der Schrank stimmten zu.

„Du hast uns schließlich auch verstanden und als wir dir unser Leiden geschildert haben, da hast du sofort reagiert“, antwortete der Schrank.

„Genau stimmte das Bett zu. Seitdem habe ich eine neue Matratze und mein Lattenrost drückt nicht mehr, wenn du auf mir liegst.“

Ambrosius nickte.  „ Ich weiß wie sehr ich euch damals ignoriert habe und wie voll ich den Schrank  gemacht habe. Das war eindeutig zu viel für seine Regale. Aber jetzt verstehen wir uns prima.“

 

„Wie wäre es, wenn ihr mich in den Zoo begleitet?“, fragte Ambrosius.

„Oh, das  wäre wunderbar“, rief der Schrank und klapperte vor Freude mit seinen Türen.

„Ja genau, ich würde mich auch sehr darüber freuen“, erklärte das Bett. „Juhu, juhu“, rief es und seine Matratze flog ein kleines Stück in die Luft.

„Ihr wisst, dass ihr nicht auffallen dürft. Was sollen die Leute sonst denken?“, erklärte Ambrosius.

„Das wäre nicht gut. Ich werde euch mit dem Unsichtbarkeitszauber belegen und dann schwebt ihr hinter mir her. Niemand nimmt Notiz von euch und wir können den Zoobesuch genießen.“

 

Ambrosius schwang seinen Zauberstab und sprach den ersten Zauberspruch.

„Krötenschleim und Hexenfuß. Zauber des Lebens, lass die Möbel schweben.“

Es machte puff und die Möbel schwebten in der Luft. Die beiden kicherten.

„Halte deine Türen fest zusammen,“ rief das Bett dem Schrank zu.

„Und du, halte deine Matratze fest“, rief der Schrank zurück und beide lachten.

„Wie schön ist es doch, sich so leicht zu fühlen“, stellte der Schrank fest.

Das Bett stimmte zu. „Jetzt müssen wir nur noch unsichtbar werden, dann kann es los gehen“, rief das Bett.

„Ich arbeite schon daran“, rief Ambrosius. Er musste sich konzentrieren, schließlich durfte er sich keinen Fehler erlauben. Zu oft war schon etwas schief gegangen und das wollte er auf keinen Fall. Alle freuten sich auf den Ausflug. Ambrosius stöberte in seinem großen Zauberbuch und dann hatte er ihn, den passenden Zauberspruch.

„Hokus bokus fillibus, Zauber werde wahr, mach die Möbel unsichtbar.“

Es machte puff und die Möbel waren unsichtbar. Der Schrank und das Bett lachten, sie fanden es so witzig. Sie schwebten und waren unsichtbar.

„Was wir erleben, das erlebt außer uns kein anderes Möbelstück“, stellte das Bett fest und man merkte ihm an, wie stolz es war.

 

„So, jetzt ist genug geredet, wir müssen los. Schließlich wollen wir heute zu den Nashörnern und den Zebras“, ermahnte Ambrosius. Die beiden rissen sich zusammen, auch wenn es ihnen schwer fiel. Sie verließen das Haus und Ambrosius bestieg sein Fahrrad. Die Möbel folgten ihm schwebend. Das Wetter war passend, es war trocken, die Sonne schien und alle hatten die beste Laune.

 

Nachdem sie eine kurze Strecke zurück gelegt hatten, sahen sie auch schon das große Schild, das  auf den Eingang des Zoos hinwies. Ambrosius stellte sein Fahrrad in den dafür vorgesehenen Ständer und löste eine Eintrittskarte. Dann konnte das Abenteuer für die drei starten.

 

„Dort geht es zu den Nashörnern“, erklärte Ambrosius leise. Er wollte schließlich kein Aufsehen erregen. Die anderen Zoobesucher konnten die schwebenden Möbel ja nicht sehen. Er schlug die passende Richtung ein und die Möbel schwebten hinter ihm her.

Keiner wagte etwas zu sagen. Doch dann passierte es. Ein kleines Mädchen rannte mit voller Wucht vor den Schrank. Sie konnte ihn ja nicht sehen. Sie prallte zurück und landete auf ihrem Popo.

„Was war das denn?“. Sie schaute verwundert und vergaß augenblicklich ihre Schmerzen. Die Augen weit aufgerissen schaute sie um sich herum, aber sie konnte nichts entdecken.

„Was machst du wieder für Sachen?“, rief ihre Mutter und kam ihrer Tochter entgegen.

„Schnell, zur Seite“, gab Ambrosius seinen Möbeln eine Anweisung. Er wollte nicht noch einmal riskieren, dass jemand mit den Möbeln in Berührung kommt. Der Schrank und das Bett drängten sich so weit zur Seite, wie es irgendwie möglich war und sie versuchten sich  dünn zu machen. Aber das funktionierte nicht. Als die Mutter ihr Kind erreicht hatte, half sie ihr aufzustehen und sagte:

„Du bist aber auch immer woanders mit deinen Gedanken. Pass doch auf. Ich habe es dir schon so oft gesagt, wenn du in den Tag hinein träumst, dann passiert dir noch etwas.“

Die  Kleine guckte etwas unglücklich und es schien so, als wenn sie es nicht verstehen konnte. Wie auch, der unsichtbare Schrank, war schließlich im Wege gewesen, aber sie wusste ja selber nicht einmal was ihr passiert war. Ihre Mutter nahm ihre Hand und zog sie mit sich.

„Es ist wohl besser, du bleibst bei mir an der Hand“, erklärte sie und ging mit ihrer Tochter fort.

 

„Puh, das  ist ja gerade noch einmal gut gegangen“, stellte Ambrosius erleichtert fest. „Ich habe an diese Situation überhaupt nicht gedacht. Wir müssen noch vorsichtiger sein als gedacht.

Haltet euch bitte ganz am Rande des Geländers auf und macht euch so schmal wie es nur geht.“

Die Möbel nickten und Ambrosius meinte: „Wir bekommen das schon hin, macht euch keine Gedanken. Dort ist das Gehege der Nashörner. Kommt, wir gehen näher heran.“

Als sie näher kamen, vernahm Ambrosius Stimmen.

„Oh, wie schrecklich“, rief ein Nashorn. „Oh, wie schrecklich.“

„Was hast du denn?“, fragte Ambrosius. Das Nashorn schaute verwirrt auf Ambrosius.

„Warum kannst du mich verstehen?“, fragte es.

„Ich bin ein Zauberer und kann mit allen Tieren sprechen“, erklärte Ambrosius. „Was ist denn so schrecklich?“, fragte er. „Kann ich dir helfen?“

 

„Ich sehe immer dieses Flimmern vor Augen. Es ist wie Hitzeflimmern“, erklärte das Nashorn. „Es macht mich wahnsinnig. Zuerst dachte ich, es liegt an dieser schlimmen Hitze. Aber heute ist es nicht so heiß und dieses  Flimmern vor meinen Augen, will nicht verschwinden. Ich glaube nicht, dass du da etwas machen kannst, oder“?, fragte das Nashorn hoffnungsvoll.

Die anderen Nashörner nickten und ein Nashorn mischte sich ein.

„Unsere Rosa ist wirklich verzweifelt. Sie findet an manchen Tagen nicht einmal ihre Essensportion und das soll schon etwas heißen“, erklärte es.

„Sie fällt schon richtig vom Fleisch“, mischte sich ein weiteres Nashorn ein.

„Ich heiße Otto und bin hier der Chef in der Gruppe, aber ich kann Rosa auch nicht helfen. Sie klagt immer über dieses  Flimmern.“ Ambrosius überlegte was er tun könnte, dann fiel es ihm ein. Er glaubte, dass Rosa schlechte Augen hatte. Kurzer Hand zauberte er ihr eine Brille. Den Zauberspruch dazu hatte er noch im Kopf, schließlich hatte er für sich selber schon so  oft eine Brille gezaubert. Er musste es immer wieder machen, weil er ja so unordentlich ist und diese immer wieder verlegte und nicht wieder fand. Rosa sah bezaubernd damit aus. Sie strahlte dazu über ihr ganzes hübsches Gesicht. Ihr Horn, kam jetzt noch besser zur Geltung.

„Ich kann alles sehen und nichts flimmert mehr“, rief sie und sie jubelte. „Ich bin das glücklichste Nashorn im ganzen Zoo“, rief sie. Ambrosius freute sich so sehr darüber und strahlte genau wie Rosa.

„Wie können wir dir das wieder gut machen?“, fragte Otto der Nashornchef.

„Ihr habt nichts gut zu machen, ich freue mich, dass ich helfen konnte. Wenn ich das nächste Mal wieder zu Besuch bin, dann komme ich bei euch vorbei und schaue, wie es euch geht.“

„Das ist eine gute Idee“, riefen die Nashörner. „Bis bald.“

„Bis bald“, rief Ambrosius und winkte ihnen noch einmal zum Abschied, bevor er sich umdrehte und eine andere Richtung einschlug.

„Da hast du die Rosa glücklich gemacht“, flüsterte das Bett.

„Das war so lieb von dir“, stimmte auch der Schrank zu.

„Danke euch beiden“, sagte Ambrosius leise.

„Ich sehe es als meine Pflicht,   da ich diese Gabe habe, den Tieren zu helfen. Wenn ich es kann, dann tue ich es auch. Es macht mich glücklich.

Jetzt werden wir zu den Zebras gehen. Dort hinten habe ich schon ein Hinweisschild gesehen. Kommt mit, wir laufen diesen Weg entlang, dann gelangen wir direkt zu ihrem Gehege, aber haltet euch an der Seite auf, ich möchte nicht, dass noch jemand in euch hinein läuft“, erklärte Ambrosius.

 

Die Möbel schwebten still hinter ihm her. Sie freuten sich genauso wie Ambrosius auf die Zebras.

„Dort hinten sind sie“, erklärte Ambrosius aufgeregt und zeigte mit dem  ausgestreckten Arm auf die Herde.

„Wie schön sie sind“, schwärmte Ambrosius.

Doch als er sich zu seinen Möbeln umdrehte, da sah er ein Flackern. Seine Möbel waren abwechselnd sichtbar und dann wieder unsichtbar. Ambrosius traute seien Augen nicht.

„Wie konnte das passieren?“, fragte er sich.  „Den Zauberspruch habe ich doch schon beim letzten Besuch im Zoo verwendet und alles ist gut gegangen. Es darf auf keinen Fall jemand die Möbel sehen, dann sind wir aufgeflogen und wir habe keine ruhige Minute mehr“, dachte er. Panik stieg in ihm hoch. Gerade an dieser Stelle, war niemand zu sehen, aber es konnte in jeder Minute jemand um die Ecke kommen und die schwebenden Möbel bemerken.

 

„Was hast du denn?“, fragte der Schrank, der bemerkte, wie angespannt Ambrosius war.

„Ach nichts weiter“, erklärte Ambrosius hektisch. Er wollte die beiden nicht verunsichern. Ihm würde bestimmt schnell etwas einfallen. Aber was? Die Möbel wurden mittlerweile mehr sichtbar als unsichtbar. Wenn ihm nicht schnell der passende Zauberspruch einfiel, dann würden sie entdeckt werden und das durfte auf keinen Fall passieren.

„Abra kadabra, Zauber werde wahr, mach die Möbel unsichtbar“, sprach Ambrosius den bekannten Zauber. Doch als er näher hin schaute, da flackerten die Möbel genauso wie vorher. „Warum ist das so?“, fragte er sich und seine Verzweiflung wurde immer größer. Irgend etwas hatte seinen Zauber außer Kraft gesetzt, aber was, oder wer?

Ambrosius überlegte fieberhaft. „Wer könnte dazu in der Lage sein?“ Er überlegte und dann fiel es ihm ein. Es konnte nur jemand sein, der selber magische Fähigkeiten besaß.

„Diese alte Hexe Ella. Es kann nur sie sein. Immer wieder kommt sie mir in die Quere“, rief Ambrosius. „Ella, komm und zeige dich“, rief er. „Wenn du den Mut dazu hast. Aber du ziehst es ja vor  im  Verborgenen mit feigen Sprüchen, anderen das Leber schwer zu machen.“

Ambrosius war außer sich vor Wut und diese entlud sich in Blitzen. Um ihn herum, blitze es und es flackerte. So würden sie noch mehr Aufsehen erregen. Ambrosius versuchte sich zu beruhigen.

Jetzt, wo es ihm klar war, warum der alte Zauberspruch nicht mehr funktionierte, da hatte er die Lösung.

Schnell griff er zu einem neuen Zauberspruch.

„Abra kadabra, Ring des großen Zaubers, Spinnennetz und Kröte, Schleim der Morgenröte,  bestärkte meinen Zauber und werde wahr, mach die Möbel unsichtbar.“

Es macht puff und die Möbel waren wieder unsichtbar, wie vorher auch.

„Puh, das  war knapp“, stellte Ambrosius erleichtert fest. Denn eine Minute später kamen die nächsten Zoobesucher um die Ecke. Er hatte es geschafft und es war ihm eine Lehre. Er musste die Augen und Ohren offen halten. Diese alte Hexe, Ella  war ihm schon lange auf den Fersen. Sie versuchte ihn zu vernichten. Seit Jahren hatten sie diesen Streit. Dabei hatte sie angefangen. Sie hatte es gewagt, ihm den letzten fliegenden Besen vor der Nase weg zu schnappen. Seitdem waren sie Feinde. Er hätte nicht damit gerechnet, dass sie sich so plötzlich einschaltetet. Aber jetzt wusste er, er musste auf der Hut sein.

Sie standen immer noch vor den Zebras und Ambrosius beruhigte sich wieder.

„Kommt, wir gehen näher an sie heran“, rief er den beiden zu und versuchte so zu tun, als wäre nichts gewesen.

 Als sich die drei der Herde näherten vernahmen sie erneut Stimmen. Dieses Mal war es ein  Weinen.

„Wer weint denn da?“, fragte Ambrosius. Die Herde staunte nicht schlecht, als der Zauberer sie ansprach. Ein Tier, kam nach vorne an den Zaun und erklärte:

„Unsere Lilly. Sie weint ständig.“

„Warum weint sie?“, fragte Ambrosius.

„Ihre Streifen sind nicht so wie unser Steifen. Ihre Streifen sind quer, so wie ein Zebrastreifen. Es heißt zwar Zebrastreifen, aber kein Zebra sieht wirklich so aus.“

„Das habe ich so noch nie gesehen?“, erklärte der Zauberer. Wer macht sich auch darüber Gedanken? Dann trat die kleine Lilly aus der Herde nach vorne.

„Kannst du mir helfen?“, fragte sie. „Du kannst uns ja auch verstehen.“

„Ich glaube, ich könnte deine Streifen in eine andere Richtung zaubern, so wie die anderen Tiere es haben,“ überlegte Ambrosius. „Ich muss nur den passenden Zauberspruch finden, dann könnte ich es schaffen. Aber ich finde dich so schön, so wie du bist“, erklärte der Zauberer. „Du hast etwas wertvolles an dir. Du bist zwar anders als die anderen, aber du bist besonders. Du stichst aus der Herde heraus. Ich halte dich für das schönste Zebra, was ich je in meinem Leben gesehen habe“, erklärte Ambrosius.

„Ist das wahr?“, fragte Lilly erstaunt. „So habe ich es noch gar nicht gesehen“, überlegte sie laut.

„Natürlich ist es wahr. Du bist etwas ganz besonderes und so, wie du bist, ist es perfekt.“

„Lilly freute sich, jetzt lächelte sie. „Danke, dass du mir die Augen geöffnet hast. Jetzt weiß ich, dass ich gut bin, so wie ich aussehe. Jeder ist etwas besonderes auf seine Art“, stellte sie fest.

„Vielen lieben Dank“, rief Lilly. Sie sprang vor Freude hoch und wieherte so laut,  dass sich alle Zoobesucher wunderten. Sie wussten ja nicht, warum sich Lilly so freute. Aber alle schienen zu spüren, wie glücklich Lilly ist.

 

„Ich werde euch bald wieder besuchen“, rief Ambrosius und verabschiedete sich.

„Darauf freuen wir uns“, riefen die Tiere hinter ihm her und wieherten zum Abschied noch einmal so laut sie konnten. Ambrosius strahlte über sein ganzes Gesicht.

„Ich bin so glücklich, unser Ausflug hat den Tieren geholfen. Für heute ist es aber Zeit, nach Hause zu fahren. Es ist schon spät, aber wir werden wieder hierher kommen und natürlich dürft ihr mich erneut begleiten. Ihr habt euch vorbildlich benommen und ich weiß, wie sehr ihr es genießt.“

 

„Juhu“, jubelten die Möbel. „Dann kommen wir für heute gerne mit nach Hause. Es war ein aufregender Tag für uns und wir sind genauso glücklich wie die Tiere“, erklärte der Schrank.

„Ich danke dir, das hast du schön gesagt“, lächelte Ambrosius zufrieden. Er setzte sich auf sein Fahrrad und fuhr los in Richtung Zuhause. Die Möbel schwebten hinter ihm her und alle waren noch in Gedanken im Zoo, bei den Tieren.

 

„Das nächste Mal, würde ich gerne die Bären und die Giraffen besuchen“, erklärte Ambrosius.

„Aber das ist eine andere Geschichte.“

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