Von Klaus-Dieter Oettrich

Endlich kam Peter dazu, mal wieder richtig seine Kleidungsstücke im Schrank zu sortieren. In der Hosentasche seiner Jeans entdeckte er einen Notizzettel mit einer Telefonnummer. Aber keine Adresse und Namen waren angegeben.

Von wem war die Telefonnummer?

Er bemerkte, dass es sich um eine österreichische Telefonnummer handelte.

Wann hatte er zum letzten Mal die Jeans an? Fragte sich Peter.

Ja, es war vorgestern beim wöchentlichen Bierabend. Nach einigen Bierchen konnte er sich an nichts mehr erinnern. Er hatte wohl einen Filmriss.

Da er wissen wollte, wem die Telefonnummer gehörte, tippte er sie in sein Handy ein.

Nach 3 Pipstönen kam die Verbindung zustande.

„Monika von Linen. Mit wem spreche ich bitte?“

„Mein Name ist Peter Zimmermann.“

„Na mein kleiner Schluckspecht, wie geht es Dir?“

Peter konnte sich an gar nichts mehr erinnern und wollte zuerst gleich das Gespräch beenden.

 

„Hallo,“ sagte Peter nur.

„Du wolltest doch mir gestern 200 € bringen“.

Um Gottes willen, dachte Peter, hatte er mit einer Nutte geschlafen?

„Für was sind die zu bezahlenden 200 € ?“

„Aber lieber Peter, für meine Dienste natürlich.“

Also doch. Blödheit kennt keine Grenzen. Diese Sauferei muss ein Ende haben, nahm sich Peter vor.

„Hat es Dir die Sprache verschlagen?“

„Ja, das kann man wohl sagen. War ich wenigstens gut?“

„Ich weiß nicht, Du hast nicht gesungen.“

„Was habe ich nicht?“

„Gesungen, sag mal Peter geht es Dir wirklich gut?“

„Eigentlich schon, aber glaube, dass ich auf einem falschen Dampfer mich befinde.“

„Ich denke, man könnte Flotte dazu sagen“, meinte Monika.

„Können wir uns heute treffen? Bist Du hier in der Stadt?“

„Ja gerne, wir können zusammen Kaffee trinken.“

„Ich dachte Du wärst vielleicht in Österreich aufgrund der Telefonnummer.“

„Aber Peter, das habe ich Dir doch ausführlich schon erklärt. Ich schlage vor, wir treffen uns um 19 Uhr im Schloßcafé.“

„O.k. ich werde pünktlich sein.“

 

Hoffentlich erkennt sie mich wieder, denn er hatte keine Ahnung wie sie aussieht, dachte Peter als er ins Café eintrat. Zur Erkennung trug er die gleiche Kleidung wie vor 2 Tagen. Jeans mit schwarzem Hemd und schwarzer Lederjacke. Er trug diese Kleidung gerne, sie passte einfach zu ihm. Peter, 180 cm groß, sehr schlank und seine blonden Haare reichten bis zu seinen Schultern. Bedenken hatte er nur, dass die Kleidung noch nach Kneipe stank.

 

Es dauerte nur 5 Sekunden, bis ein sehr hübsche junge Frau – man könnte schon „Dame“ dazu sagen – ihm gleich zuwinkte.

Peter ging sofort auf sie zu.

Ihre langen schwarze Haar hatte sie nach hinten zusammen gebunden und trug eine fast durchsichtige weiße Bluse, sowie eine eng anliegende rote Cordhose. Sie war ca. 175 groß.

 

Mit „Hallo Peter“, begrüßte sie ihn.

„Hallo Monika“, antwortete Peter.

„Du machst einen Gesichtsausdruck, als hättest Du mich noch nie gesehen.“

„Zugeben, so ist es auch.“

„Bin ich so unattraktiv?“ Fragte Manuela.

„Nein, nein ganz im Gegenteil. Verdammt noch mal, ich hatte einen Filmriss.“

„Ich helfe Dir auf die Sprünge. Meine Künstleragentur hilft jungen Künstlern bekannt und erfolgreich zu werden. Diese Tätigkeit übe ich schon seit 8 Jahren aus. Viele bekannte Schlagersänger und Musikgruppen habe ich unter Vertrag. Als Du mir mitgeteilt hast, dass Du Leadsänger einer Band bist, kamen wir in Kontakt. Die 200 € die Du mir gestern bezahlen wolltest, war eine Anzahlung auf mein Honorar. Da ich schon mit den zuständigen Herren des SWR  gesprochen habe und für Euch am Samstag einen Auftritt beim Nachmittagskonzert vereinbart habe, sind nun weitere 300 € fällig.“

„Ja, so langsam dämmert es bei mir.“

„Da bin ich aber froh, dass ich nicht nochmals alle Referenzen meine Agentur aufzählen muss. Möchte aber nochmals betonen, dass ich die besten Beziehungen zu Rundfunk- und Fernsehanstalten, Konzertveranstalter, zu Tonstudios und der Presse etc. besitze.“

 

Nach diesem Redeschwall von Monika dachte Peter, so schlecht kann eigentlich die Sauferei nicht sein, wenn man dabei die besten Kontakte knüpft.

Peter saß verschwiegen da. Monika fragte: „Über was denkst Du nach?“

„Ich bin gerade dabei meine Erinnerungen, die langsam zurückkommen, zu sortieren.“

„Sehr gut, dann kannst Du mir ja die 500 € gleich geben.“

„Hier bekommst Du eine Anzahlung von 250 €. Den Rest dann morgen.“

„Einverstanden, möchte mich aber gerne noch persönlich von Eurer Musik überzeugen. Da Du sagtest, ihr übt jeden Tag, schlage ich vor, dass ich morgen vorbeikomme.“

„Das ist o.k., bis 13 Uhr sind wir auf der Musikhochschule.“

„Studiert Ihr alle vier Musik?“

„Ja, für mehr hat es für uns nicht gereicht“, erwiderte verschmitzt Peter.

„Das ist doch ein schönes Studium.“

„Wir wollen unser Hobby zum Beruf machen und dafür ist das Studium eine gute Grundlage. Hier

ist die Adresse in Stuttgart-Degerloch. Wir erwarten Dich so um 14 Uhr.“

„Du hast mir ja schon Eure erste CD gegeben. Hoffentlich werde ich bei der Live Music nicht enttäuscht.“

„Ganz bestimmt nicht.“

„Peter leider muss ich mich jetzt schon verabschieden, da ich um 20 Uhr noch einen weiteren Besprechungstermin vereinbart habe. Wir können ja morgen, das weitere besprechen.“

Monika gab Peter noch ein Küsschen auf die Wange und verließ mit federnden Schritten das Café.

 

Wie erstarrt schaute Peter Ihr nach. Monika war für ihn eine Persönlichkeit. Obwohl sie vielleicht erst 28 Jahre war und somit ca. 5 Jahre älter war wie er, hatte sie einen geschäftlichen Power an sich, dass er jetzt erst mal wieder zu sich kommen musste. Dazu war sie noch super hübsch. Was will man eigentlich mehr?

 

Am Abend traf sich Peter mit den anderen Bandmitglieder. Alle waren begeistert von Monika. Tom fragte Peter: „Weißt Du eigentlich nichts mehr von dem Gespräch mit Ihr in der Kneipe? Zwei Stunden habt Ihr Euch ja unterhalten.“

„Ich hatte einen Filmriss.“

„Soviel ich weiß, war dies das erste Mal. Sollte es immer öfters vorkommen, bekommst Du von uns nach der 4. Halbe Bier Alkoholverbot. Du weißt ja, wir wollen weit nach oben kommen und dürfen uns keine so Mätzchen leisten.“

„Genau solche Storys sucht die Presse“, meinte Charly der Schlagzeuger.

 

„Jetzt reicht es aber“,  sagte Peter. „Seid Ihr hier die Moralprediger? Obwohl ich beschwipst war, habe ich einen Auftrag an Land gezogen.“

„Es war ja nicht so bitterernst gemeint. Wir wollen nur nicht, dass Du Deine Kontrolle über Dich verlierst.“

„Das muss gerade der Kiffer sagen.“

„So jetzt aufhören mit den Streitigkeiten. Eigentlich gibt es ja so etwas bei uns nicht. Jetzt müssen wir am Samstag die Zuschauer beim SWR Konzert überzeugen. Also bis morgen um 13 Uhr“, sagte Charly.

 

Die Proben fanden wie immer im Untergeschoss der Villa der Eltern von Charly in Degerloch statt.

Pünktlich um 14 Uhr kam Monika. Sie begrüßte alle Bandmitglieder.

„Ich muss schon sagen, hier habt Ihr aber einen luxuriösen Proberaum“, stellte sie fest. „Los legt los, ich habe nur eine Stunde Zeit.“

 

Nach ein paar vorgetragenen Musikstücke, meinte Monika: „Ich muss sagen, das klingt sehr gut. Nach oben habt Ihr aber noch Luft um noch besser zu werden. Aber wir werden es gemeinsam schaffen.“

„Danke, danke für die lobenden Worte. Das tut uns gut,“ erwiderte Peter. Er überreichte Ihr einen Briefumschlag und sagte: „Hier ist noch Dein restliches Honorar.“

„Um 12 Uhr müsst Ihr am Samstag im Sendesaal des SWR sein“.

„Das vergessen wir bestimmt nicht.“

 

Pünktlich traf man beim Sender ein. Nur Monika fehlte. Man wartete eine halbe Stunde. Peter sagte dann: „Ich werde nun persönlich mit dem Programmdirektor sprechen.“

Vor lauter Aufregung zitterten seine Beine, als er die Sekretärin fragte, ob er mit dem Direktor sprechen könnte.

Freundlich wurde Peter von ihm begrüßt.

„Was ist Ihr Anliegen?“

„Meine Band soll hier im Nachmittagsprogramm auftreten.“

„Mit wem wurde dieser Termin vereinbart?“

„Unsere Agentin Monika von Linen hat den Termin für uns bei Ihnen vereinbart.“

„O je, die Monika ist uns bekannt. Sie ist keine Agentin, sondern eine Betrügerin. Sie zieht den jungen Künstlern einen Honorarvorschuss aus der Tasche. Und das war es dann auch schon.“

„Eine Betrügerin? Das kann ich nicht fassen. Sie hatte uns so viel von den Stars erzählt welche bei Ihr unter Vertrag stehen.“

„Sie ist eben eine richtige Profi Betrügerin. Aber warten Sie bitte einen Moment.“

Der Direktor verließ den Raum und kam nach 5 Minuten wieder zurück.

„In unserem Programm ist eine Band ausgefallen. Diesen Platz können Sie übernehmen. Haben Sie eine CD von Ihrer Band dabei?“

„Ja, das habe ich und übergab die CD.“

„Einen Moment noch einmal“, bat der Direktor und verließ das Büro.

Nach 10 Minuten kam er zurück.

„Die Musik passt genau in unser Programm. Um 16.30 Uhr ist Ihr Auftritt. Ihre Gage beträgt aber nur 5.000 €, da die Band ja vollkommen unbekannt ist.“

„Einverstanden.“

 

Peter kam mit lächelndem Gesicht zu seinen Bandmitgliedern zurück.

„Wir sind einer Betrügerin auf den Leim gegangen. Monika besitzt gar keine Künstleragentur“, berichtete er.

„Und da grinst Du noch?“

„Wir können trotzdem auftreten und bekommen für 15 Minuten Spielzeit 5.000 € Honorar.“

„Das hast Du ja super verhandelt und dies ohne Bier.“

„Seht Ihr, es geht auch so.“