Von Monika Heil
Elses Liste ist lang und Else wild entschlossen, sie abzuarbeiten. Gleich nach dem Frühstück drängelt sie:
„Komm in die Gänge, Rudi. Ich will ins Phönix-Center und wenn wir nicht frühzeitig dort ankommen, finden wir keinen Parkplatz mehr.“
„Wenn du fährst, vielleicht“, erwidert er grinsend. „Ich finde immer einen, weil ich nicht so tue, als hätten wir einen LKW.“
„Und wer hat kürzlich den Spiegel abgefahren beim Einparken?“, trumpft sie auf.
„Nur, weil du mich so blöd eingewunken hast.“
„Wenn du hier noch länger rummeckerst, können wir es gleich lassen. Dann komme ich morgen aber nicht mit zu Lisas Geburtstag. Ohne ein neues Kleid gehe ich da nicht hin.“
„Ist mir nur recht. Ottos Großmäuligkeit geht mir eh auf die Nerven.“
„Das sagt der Richtige. Kommst du jetzt oder nicht?“
Zehn Minuten später sitzen sie im Auto, nach weiteren zehn Minuten stecken sie im Stau fest. Rudi meckert, Else schweigt verbissen. Als sie endlich das Einkaufszentrum erreichen, reden sie nicht mehr miteinander.
Else strebt mit eiligen Schritten zum Lebensmittelmarkt. Kurz vor der Schwingtür holt Rudi seine Frau ein.
„Kannst du mir mal erklären, was du jetzt vorhast?“, fragt er.
„Einkaufen!“ Else ist wütend.
„Dass du hier keine Strümpfe stricken willst, weiß ich auch. Willst du etwa erst Lebensmittel kaufen und dann Kleider?“
„Na und? Die stehen oben auf der Liste. Also kommen sie zuerst dran.“
„Frauen und Logik. Gib mal her deine Liste.“ Er wirft einen kurzen Blick auf das Geschriebene. Dann reißt er den Zettel in zwei Teile.
„Hier, geh du in die Drogerie, den Fön und dein komisches Haarwachs kaufen. Ich gehe ins Fischgeschäft für die Gambas, kaufe anschließend bei Rewe den Rest und bringe alles ins Auto.“ Rudi schaut auf die Uhr. „In zehn Minuten ist das erledigt. Ich lasse anschließend noch schnell den Wagen waschen und komme dann hierher zurück. Reicht dir das, um bei Mode-Mayer nebenan auch noch ein neues Kleid zu finden?“
„Na, das mach mir mal vor, wie du am Samstagmorgen an der Fleischtheke, an der Fischtheke und am Backstand das alles schaffen willst.“
„Wieso Fleischtheke, Backstand? Ich denke, du brauchst nur noch Avocados, Sekt und diese komische Sprühsahne?“
„Du immer mit deiner Besserwisserei. Hast du mal auf die Rückseite geschaut?“
„Ach du Schreck. Wer kann das denn lesen? Wieso hast du das so winzig klein geschrieben?“
„Weil sonst nicht alles auf den Zettel gegangen wäre. Gib mir die Liste zurück. Ich kaufe allein ein. Fahr Autowaschen, geh zum Friseur, mach was du willst, aber lass mich in Ruhe.“ Wütend versucht sie, ihm die zweite Papierhälfte aus der Hand zu reißen. Der Klügere gibt nach, denkt Rudi und gibt seiner Frau auch den bei ihm verbliebenen Fetzen.
„Mach doch, was du willst. Ich fahre jetzt nach Hause.“
„Das Auto bleibt hier. Das brauche ich!“
„Dann fahr ich eben per Anhalter heim. Mich nimmt jede Frau gerne mit.“
„Pah, fahr doch!“
Den nächsten Satz hört Rudi nicht mehr.
Else kauft ein hübsches Kleid und im Schuhgeschäft nebenan auch noch ein passendes Paar Slingpumps, geht zu Rossmann, ins Blumengeschäft und zuletzt in den Lebensmittelmarkt. Bepackt mit all ihren Tüten läuft sie eine Stunde später Richtung Parkplatz. Plötzlich fällt ihr ein, dass Rudi die Autoschlüssel hat.
„Scheiße,“ murmelt sie. Da sieht sie ihren lieben Mann unweit am Seitenstreifen gleich neben dem Flaschencontainer stehen. Offenbar wartet er noch immer auf eine Mitfahrgelegeheit. Versöhnlich grinsend bietet sie ihm diese an.
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