Von Ursula Strauch
(Version für Minderjährige)
Der König stand gebeugt am Grab,
Sah auf den Eichensarg hinab.
Er warf darauf drei Handvoll Sand,
Die Tochter ging an seiner Hand.
„Das Kind braucht ein lieb Mütterlein,
ich werde Nachbars Mechthild freien.
Sie ist ordentlich und nett
Und sicher brauchbar in der Küche.“
Der König warb, die Zeit ging hin
Und Mechthild wurde Königin.
Das wäre auch sehr schön gewesen,
ohne die Tochter, diesen Besen.
So frühreif, frech und voller List
Wie sonst es kaum zu finden ist.
Einst heiß erfleht hieß sie Flehschnittchen,
Im Dorf nannt man es kleines Mädchen.
„Spieglein, Spieglein in der Hand,
Wer ist schöner hier im Land?“
„Ach Kind, laß diese Eitelkeiten
Und mach endlich Schularbeiten.
Üb Geige noch und auch Klavier,
Der Vater kommt so gegen vier
Und trinkt mit dir dann warme Milch.“
„Mich interessiert er nicht der König.“
So sprach sie und verließ das Schloß
Und lief in Richtung Wald hin los.
„Ich werde sie finden, denn zu gern
will ich besuchen diese Herrn,
die tief versteckt im Walde wohnen.
Der Besuch soll sich dort lohnen.
Sie haben Gold und Edelsteine
Und ganz beachtlich kurze Nasen.“
Sie lief und lief, sah dann ein Haus,
Das sah recht manierlich aus.
Sieben Hocker und ein Tisch,
Mitten drauf die Blumen frisch,
Sieben Teller, sieben Tassen,
Sieben Löffel, kaum zu fassen,
Steh‘n auch noch sieben Betten feil.
Da schreit sie laut: „Huch, bin ich müde!“
Sie legt sich über alle sieben,
Die Beine wärn sonst kalt geblieben.
Als nun die Herren gut gelaunt
nach Hause kam, haben sie gestaunt.
„Mein Stuhl zersplittert!“ “Hin mein Glas!“
„Was meint ihr nur, wer macht so was!“
Da sahen sie das Mädchen schlafen
Und sagten „die muß man beschützen.“
So blieb das Kind in ihrem Haus
Und täglich fegt ein anderer aus.
Doch Mechthild war vor Kummer krank,
Nahm sich ein Tuch aus ihrem Schrank
Und wandert wie das nun so geht,
Bis sie das kleine Haus erspäht.
Flehschnittchen sieht von weitem sie,
Denn sie macht draußen gerade Gymnastik.
„Mein Kind komm bitte mit mit mir,
ich hab auch einen Apfel hier,
sogar nen Gürtel und nen Kamm,
nun sei doch bitte zahm wien Lamm.
Du kannst nicht bei den Männern bleiben,
Man weiß ja, wie die Herrn das treiben.
Wenn das erst dein Herr Vater weiß!
Nun komme und mache keinen Aufstand.
Das Mädchen schreit Allotria
Und gleich sind alle Männer da.
„Die Hexe, die will mich ermorden,
Ruft eure wilden Nachbarhorden
Und jagt das Weib so weit ihr könnt,
Weil sie mir nichts Gutes gönnt.“
Und Mechthild kommt mit knapper Not
Bis hin zum Schloß, dort ist sie atemlos.
Das Kind, das ist im Wald geblieben
Bei den Herren allen sieben.
Und, so sagt das Mädchen scharf
An jedem Tag ein anderer darf
Kochen, bügeln, waschen, scheuern
Und den Blumenstrauß erneuern.
Sie alle wischen, nähen, malen
Und sich mit Flehschnittchen streiten.
Den Männern ist das bald ein Graus,
Ihnen hängt das Girl zum Halse raus.
Da kommt ein Reiter galoppiert,
Der wird von ihnen gleich hoffiert.
„Du willst zu dieser Stadt hin reiten?
Da kann das Kind dich doch begleiten.
Nimm’s mit, es wird dich nicht gereuen,
Es wird dich unterwegs viel fragen.“
Flehschnittchen will nicht, gibt nicht Ruhe,
Man steckt sie drum in eine Truhe.
Die bindet man am Pferde an
Und schon jagt er los, der Mann.
Polternd zwischen Stock und Steinen
Hört er nicht das Mädchen weinen.
Die flennt in ihrer Kiste rum:
„Warum war ich nur so lieb?“
In der Stadt dann angekommen,
wird das Kindlein rausgenommen
dem Jugendamt gleich übergeben,
nun muß im Jugendheim es leben.
Mechthild kommt es oft besuchen
Und bringt frischen Pflaumenkuchen.
Und die Moral von der Geschicht:
Treib es mit sieben Männern nicht!