Von Jutta Wulfes

Ah, sie ist einzigartig. Seine Augen wandern über ihren Körper. Nichts kommt ihr gleich. Eine Schönheit. Wohlgestaltet, mit vollendeten Proportionen.

Sein Herz schlägt schnell, rast beinahe. Seine Hände zittern.

Sie liegt auf ihrem ultramarinblauen Samtbett. Anziehend. Wie ihn kaum eine zuvor angezogen hat. Er kann nicht gehen. Er kann nicht einmal den Blick abwenden. Sie hat ihn bereits eingefangen.

Diese Formen. Die makellosen Rundungen. Er stellt sich vor, wie sie sich anfühlt. So sinnlich, so jungfräulich. Von niemandem berührt außer ihrem Schöpfer. Davon hat er immer geträumt.

Er wippt auf den Füßen, hat Schweißperlen auf der Stirn. 

Ihr leises Gewisper, edel zurückhaltend. Kaum zu hören. Er stellt sich vor, wie dieses sich verändert, wenn er seine Hand um ihren Körper wölbt. Wie wird es sein, über ihre Erhabenheit zu streicheln; ihre Glätte unter seinen Lippen, ihren sanften Druck gegen seinen Körper zu spüren. Ihm stockt der Atem.

Er streckt einen Finger nach ihr aus und wagt doch nicht, sie zu berühren. Noch nicht einmal mit der Fingerspitze. Diese Vollkommenheit. Ist sie nicht viel zu kostbar für ihn?

Doch das Schicksal hat sie zusammengeführt. Er hat sie gefunden. Ganz still lag sie auf ihrem weichen Bett und wartete auf ihn. Er könnte … er würde … er muss sie haben. 

Ein Gefühl so nah am Glück, so nah an der Wunschlosigkeit. Sein Herz sprengt beinahe seinen Brustkorb. Sie muss ihm gehören. Um jeden Preis. Sofort, auf der Stelle.

Sein Mund ist trocken. Sein Schlucken klingt zu laut.

Sie soll die Seine sein. Er will sie – nur sie. Nicht nur für diesen Augenblick, nein, für immer. Sie soll ihn jeden einzelnen Tag seines Lebens beglücken. Der Gedanke, dass ein anderer sie besitzen, sie streicheln, sie entweihen könnte – unerträglich.

„Der Preis?“ Seine Stimmbänder sind wie eingerostet und er räuspert sich. Seine Hände sind feucht.

Eine horrende Summe. Er ist schließlich kein Krösus. Er fühlt sich, als würde ihm jemand das Herz aus dem Leib reißen.

Ihre Anmut unterscheidet sie von allen anderen. Er kann sich nicht erklären, dass er jemals eine andere eines Blickes gewürdigt hat. Sie stellt alle seine Vorherigen in den Schatten, wirkt beinahe rein und ätherisch. Und dennoch kann er in ihren Linien die Zeichen der Zeit lesen. Sie verbirgt nichts vor ihm.

So viel Geld hat er bisher nie auf einmal ausgegeben. Auch nicht für diese Passion.

Nein, das ist kein kurzfristiges Begehren, da ist er sich sicher. Sie wird ihn immer entzücken. Dies ist keine kopflose Handlung aus einer verrückten Schwärmerei heraus. Sie ist, was er sich immer erträumt und bisher nicht gefunden hat. Jeder müsste ihn um sie beneiden, doch er würde sie nie beflecken, indem er sie fremden Blicken aussetzt.

Seine Kehle ist wie zugeschnürt. Sie sprengt beinahe seinen Kreditrahmen.

Er kann nicht ohne sie gehen, auf gar keinen Fall. Er würde sich nie verzeihen, wenn er diese Gelegenheit verstreichen ließe. Wenn ein anderer an seiner Stelle sie mitnehmen würde. Sie zu verlieren, nachdem er sie endlich gefunden hat. Nein, sie muss ihm gehören. Er kann nicht mehr ohne sie sein, will nicht mehr ohne sie leben.

Ein Nicken, er bringt keinen Ton heraus.

Neben ihrer Schönheit werden alle anderen verblassen, alltäglich wirken. Ihr Detailreichtum ist jeden einzelnen Cent wert. Sie ist ein wahres Kunstwerk. Etwas Besonderes: Der noble Goldschimmer, die ausgewogene Ziselierung im Gehäusedeckel, das dezente Ziffernblatt, ihr vornehmes Ticken. Die ideale Größe für seine Hand, wie für ihn gemacht. Für ihn allein.

Er könnte summen und tut es nicht. 

Beinahe überhört er die Frage: „Soll ich sie als Geschenk verpacken?“

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