Von Helga Rougui

Erika stand am Herd und bewachte die Eier. Die lagen fröhlich in ihrem blubbernden Eierkochwasser und strebten dem gewünschten Härtegrad entgegen. Oder Weichheitsgrad – sie verdrehte die Augen – wenn es nach ihrem Gatten ging. Der wollte seine Eier wachsweich, während ihr von all dem Geglibber richtiggehend schlecht wurde. Also hieß es aufpassen, um nicht wie bei Loriot zu enden: nach drei Minuten kamen seine Eier raus (sie dachte gehässig, daß das tatsächlich die einzig mögliche schlüpfrige Anspielung auf ihrer beider momentan nicht vorhandenes Sexleben darstellte), dann nach weiteren drei Minuten spritzte sie ihre Eier kalt ab (haha – ein Morgen voll verquerer Anspielungen, wie es schien), und damit war dann wohl die Stimmung für den Vormittag gerettet.

Während Erika die Eier bewachte, schweifte ihr Blick durch die Küche. Ihr Mann saß hinter ihr auf seinem Küchenstuhl, hatte sich bereits ein halbes Brötchen mit Butter beschmiert, und während er auf seine Eier wartete (ein vergebliches Unterfangen, dachte sie  – aber sie wollte nicht schon wieder mit dem Thema anfangen), schaute er auf Sat1Gold einen alten Krimi aus den Siebzigern. Sie hätte lieber Frühstücksfernsehen geguckt, aber in dieser Ehe war er der Herr der Fernbedienung, und die lag brav und zielgerichtet neben seinem Teller mit dem halben Brötchen. Der Krimi hatte gerade erst angefangen, einer von denen, wo der Mord ganz am Anfang passiert, so daß alle wissen, wers getan hat, und dann dem Detektiv zuschauen, wie er neunzig Minuten lang den Täter durch gnadenlose Freundlichkeit erfolgreich in die Enge treibt.

Erika schaute interessiert hin. Mit dieser Ehe stand es nicht zum Besten, denn was die Frau da tat, war ungeheuerlich.

Er hatte ihr wohl gerade eröffnet, daß er sich scheiden lassen wolle. Und sie? Sie hörte auf, in dem Topf zu rühren, der auf dem Herd stand, griff oben ins Regal und – was wollte sie denn damit? Damit konnte man doch keinen umbringen, außer wenn man zufällig das Opfer in der Badewanne erwischte. Aber jetzt – was machte sie da? Ein Ruck und das Kabel war ab – und jetzt verstand sie, was die Filmgattin vorhatte ….

Erika hatte die vor sich hin kochenden Eier völlig vergessen. Versonnen blieb ihr Blick an dem Toaster auf der Anrichte hängen, mit seinem schönen langen schwarzen Kabel  …

 

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