Von Anne Zeisig

Röstaromen durchziehen die Küche.
„Lara will ein Fünf-Minuten-Ei“, sagt Maria, stolpert über die Barbiepuppen, hält ihrem Mann ein Ei hin, damit er es in den Eierkocher legen kann. „Und Felix liebt es weich und cremig.“ Sie wischt sich ihre Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Du weißt doch“, sagt sie und ‘fegt’ die töchterlichen Puppen mit den Füßen unter den Tisch,
„er mag sein Ei wachsweich, seit er kauen kann.“
„Und das wären wieviel Minuten?“, fragt Marcus grinsend. „Felix ist Neun, er könnte also auch ohne weiteres ein härter gekochtes Ei gebissmäßig bewältigen.“
„Marcus!“ Sie bindet den Gürtel ihres Morgenmantels eng um die Taille: “Wir haben das so oft geübt! Es geht um den Geschmack und nicht ums Gebiss!“
„Okidoki.“
Heute ist sein erster Tag als Hausmann, denn seine Frau tritt nach Jahren Familienarbeit einen Job in der Nachbarstadt an.
Die Weißbrotscheiben schnellen im Toaster nach oben.
Er nimmt die Scheiben aus dem Röster, bestreicht sie mit Butter und legt alles auf den Teller seiner Frau.
„Wird das hier so eine Art Premieren-Prüfung?“
Lara schüttelt den Kopf. „Die Kiddys sollen nur alles so haben, wie sie es von mir gewohnt sind.“
Sie fischt das Weißbrot mit den Fingerspitzen vom Teller, lässt es von einer Hand in die andere gleiten, pustet daran, lässt es auf den Tisch fallen, zeigt auf die Scheibe. „Schwarz!“ Öffnet den Abfalleimer und wirft das misslungene Röstbrot mit hochrotem Teint und vorwurfsvollem Blick hinein.
„Schwarz?“ Marcus nimmt es heraus, wendet den Toast. „Das sind Röstaromen.“ Er beißt genussvoll und lächelnd hinein. „Schmeckt gut.“
„Das ist krebserregend!“
Flink holt er eine Bratpfanne aus dem Unterschrank, stellt sie hart auf die Herdplatte, gießt Rapsöl hinein und schaltet auf die höchste Stufe. „Das gu-te O-me-ga-Öl.“, sagt er gedehnt.
Und wirft die gekochten Eier, welche inzwischen fertig sind, in die Pfanne.
Es bruzzelt.
„Du brätst die gekochten Eier?“ Maria reißt ihre Augen weit auf, klammert sich an der Kochinsel fest. „Ich glaube nicht, dass die Kinder das auf ihren Toasts mögen!“
Marcus nimmt die Eier lachend aus der Pfanne, legt sie zwischen Weißbrotscheiben, drückt sie mit dem Pfannenwender flach und bugsiert die Kreation in die Plastikdosen der Kinder, klickt die Deckel zu.
„Sie werden das lieben! Eiersandwich! Zwischen fünf und dreieinviertel Minuten gekocht, oder so ähnlich!“
Wischt sich den Schweiß von der Stirn. „Du hast sie viel zu lange verwöhnt.“
„Was? Du hälst mir vor, dass ich die Kinder verhätschelt habe?“, gellt Maria unvermittelt.
Marcus überrascht ihre Reaktion. „Das ist kein Vorwurf, das ist eine Feststellung. Mehr nicht.“ Er will seine Arme versöhnend um sie schlingen.
Seine Frau weicht zurück.
„Das ist und bleibt ein harter Vorwurf, mein Lieber.“
„So meinte ich das nicht!“
„Ich weiß, was ich gehört habe!“ Ihre Zornesfalte kraust sich drohend über Marias Nasenwurzel zusammen.
„Du bist einfach nur nervös, weil du deinen ersten Arbeitstag hast“, lenkt Marcus ein.
„Ich und nervös?“ Sie lacht schrill. „Was willst du mir noch alles vorhalten!“
Er zuckt hilflos seine Schultern. „Dann bin ich eben nervös! Weil ich heute, weil ich …“
„Weil du unfähig bist, den Haushalt zu schmeißen!“, unterbricht sie Marcus.
Wischt den Toaster schwungvoll von der Arbeitsplatte, die Steckdose hat wegen der Wucht den Stecker freigegeben, das Gerät landet krachend auf den Küchenboden, etliche Krümel und abgeplatzte Plastikteile liegen verstreut drumherum.
„Was soll das?“ Marcus glaubt nicht, was er da gerade sieht.
Maria bückt sich flink und stellt den Toaster auf die Arbeitsfläche, ergreift das Kabel und schlingt es ihm schnaubend um den Hals.
Ihr Mann keucht, bläht seinen Brustkorb schwer atmend auf und stößt sie kraftvoll von sich.
Maria fällt unsanft auf die Eckbank, er setzt sich stöhnend auf einen Stuhl und zischt: „Ich mache den Kids in Zukunft die Schulbrote auf meine Weise!“
Maria zeigt auf den ramponierten Toaster und blickt ihren Mann an. „Du und deine Vorwürfe!“
Just in dem Moment kommen die Kinder in die Küche, wischen die Tupperware beiseite und verkünden, dass sie keinen Lunch mehr mitnehmen wollen, weil es in der Mensa besser schmeckt.
„Der Toaster ist sowieso kaputt“, stottert Maria und geht schlurfend ins Bad.
Lara und schnallt sich ihren Schulrucksack um.
Der Papa nickt. „Mensabrötchen finde ich gut.“

endFASSUNG