Von Helga Rougui

Ich muß noch mal weg …

Ich sage das zu meinem Mann, um halb elf in der Nacht, während Wilsberg im Fernsehen läuft.

Er nimmt mich nicht mal wahr, geschweige denn das, was ich gerade gesagt habe.

Wilsberg ist spannend, einer der seltener wiederholten Fälle, daher relativ unbekannt, was den Spannungsfaktor erhöht.

Aber es könnte auch eine Sendung über das Leben in der Savanne laufen auf Phoenix, mein Satz bliebe drum nicht weniger unbeachtet.

Fakt ist – wenn ich um halb elf in der Nacht verkünde, daß ich noch mal weg muß, dann lachen sich alle tot, die das hören.

Ich schaffs mit meinem Rollator ja nicht mal bis zum Kühlschrank, um mir die nächste Flasche Wein zu holen.

Okay, das war jetzt gelogen, das schaffe ich gerade noch.

Aber die täglichen Verrichtungen des Lebens, besonders wenn sie mit Laufen und sich Fortbewegen verbunden sind, fallen mir schwer.

 

Moment mal, zurück marsch marsch.

 

Ich erfahre gerade, er hat mich tatsächlich akustisch nicht gehört, als ich sagte, ich müsse noch mal weg.

Jetzt kam er für den Gutenachtkuss,und ich sage ihm, ich muß noch mal weg.

Und er:

– Okay, du weißt, wo die Autoschlüssel sind. Aber ich geh jetzt schlafen. Gute Nacht, mein Schatz.

So ist das in unserer Ehe – ein bißchen Freiheit braucht der Mensch

Ich liebe diesen Mann.