Von Franck Sezelli

Es war einmal eine Witwe, Frau Geiß mit Namen, die hatte sieben Töchter, eine schöner als die andere, und hatte sie lieb, wie eine Mutter ihre Kinder lieb hat. Die jüngste zählte gerade mal siebzehn Jahre und die älteste war schon dreiundzwanzig. Weil sie nun mal so hießen, machte sich die Mutter oft den Spaß und nannte die Kinder ihre Geißlein.

Eines schönen Tages nach dem Frühstück sagte die Mutter: »Ich muss nochmal weg, auf dem Markt in der Stadt soll es heute französische Delikatessen und italienische Stoffe geben. Nach denen will ich sehen und uns vielleicht davon etwas kaufen.«

Da riefen die Töchter alle gleichzeitig: »Darf ich mitkommen, liebe Mutter?«

Aber die Alte erklärte: »Ich habe es euch schon oft gesagt. Ich schwache alte Frau kann euch unterwegs nicht beschützen. Es gibt so viele Männer, die haben nur das Eine im Sinn, wenn sie euch sehen. Das wäre viel zu gefährlich. Besonders vor dem bösen Frauenjäger Wolf Bock vom Walde warnen die guten Leute in der Gegend. Wenn ich euch jetzt allein lasse, so schließt hinter mir ab und seid auf eurer Hut und lasst niemanden ein!«

Da sprachen die Mädchen: »Liebe Mutter, wir wollen uns schon in Acht nehmen, Ihr könnt ohne Sorge fortgehen.«

Wolf Bock vom Walde hatte die Geiß-Familie schon oft beobachtet und es gelüstete ihn schon eine Zeitlang, das eine oder andere der süßen jungen Weiblein zu vernaschen. So dauerte es nicht lange, da klopfte er an die Haustür und rief: »Macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat jedem von euch etwas mitgebracht.«

Aber die Mädchen merkten an der Stimme, dass es nicht ihre Mutter war, und riefen durch die Tür: »Wir machen nicht auf, du bist der Wolf.«

Da dachte sich der Mann eine List aus. Er ging zu einem Krämer, kaufte sich ein großes Stück Kreide, um damit seine Stimme fein zu machen. Diesen Trick kannte er aus einem Märchen. Weil er aber dachte, dass dies vielleicht nicht reicht, kaufte er auf dem Jahrmarkt einige Glitzerringe und Klunkersteine und legte sie in ein mit rotem Samt ausgeschlagenes Kästchen. Dann ging er wieder zum Häuschen der Geiß, und sagte mit seiner nun feinen Stimme, dass er die Mutter sei und jedem etwas mitgebracht habe. Aber die Mädchen waren misstrauisch und wollten noch seine Hände sehen. Da hielt er das Schmuckkästchen mit all dem Glitzerzeug ins Fenster, sodass von seinen breiten Männerhänden nicht viel zu sehen war. Auf die Ringe und Klunker waren die Töchter so scharf, dass sie alle Vorsicht fahren ließen und die Tür öffneten.

Wer aber hereinkam, das war der Wolf. Sie erschraken und wollten sich verstecken. Die Älteste sprang unter den Tisch, die zweite unters Bett, die dritte in die Ofenecke, die vierte in die Küche, die fünfte in den Schrank, die sechste hinter einen Vorhang. Alle fanden ein Versteck bis zur Jüngsten, die sich in der Standuhr sicher wähnte.

Voller Begierde nach den jungen Weiblein schaute sich der Eindringling um, als sich die Älteste besann. Wer weiß, vielleicht kann ich meine Schwestern vor Argem bewahren. Der junge Mann sieht gar nicht übel aus und ich will schon lange wissen, was das Eine ist, was die Männer immer wollen. Sie kroch unter dem Tisch hervor, lief zu dem Mann und fragte ihn: »Warum hast du uns überlistet? Du bist doch der Wolf, vor dem uns die Mutter gewarnt hat. Was willst du? Vielleicht kann ich dir geben, was du dir wünschst?«

Oh ja, das konnte sie. Wolf machte nicht langes Federlesen, hob ihren Rock hoch und nahm sich, was er wollte. Mit großem Erstaunen ließ die Älteste den Mann gewähren und fand zunehmend Gefallen daran. »Ist das im Bett nicht viel bequemer?«, wagte sie zu fragen. Das schien dem jungen Mann auch so, stieg aus seiner Hose und schob die junge Frau zum Bett. Auf dem Weg dahin befreite diese den Mann noch von Wams und Hemd und erfreute ihre Augen an dem kräftigen Männerkörper. In den weichen Kissen setzte Wolf sein erregendes Tun mit der schönen Geiß fort, die ihn fest umarmte und schließlich ihre Lust laut herausstöhnte.

Neugierig war währenddessen die Zweite unter dem Bett hervorgekommen und hatte das Paar beobachtet. Ist es das, wovor uns unsere Mutter immer gewarnt hat, fragte sie sich. Es sieht doch überhaupt nicht schlimm aus, sondern scheint ein gar vergnügliches Spiel. Warum nur hat sie uns das bisher versagt, indem sie uns immer im Haus gehalten hat?

Die Älteste und die Zweite schauten sich an und verstanden sich ohne Worte. Als Wolf innehielt und sich dann auf den Rücken drehte, nahm die Zweite den Platz der Ältesten im Bett ein und sprach: »Wolf, komm her und bring mich auch zum Stöhnen wie meine Schwester!«

Das ließ sich der junge Bock vom Walde nicht zweimal sagen, sodass er sich sogleich mit der zweiten jungen Geiß wollüstig im Bett vergnügte. Die anderen Schwestern hatten von ihren Verstecken aus bemerkt, was vor sich ging, dass da keine Gefahr, sondern eher eitel Freude war. So kamen sie alle heran und umstellten das Bett. Nur die Siebente blieb schüchtern in ihrem Uhrenkasten.

In der Folge setzte die Dritte das von den ersten beiden Töchtern begonnene Spiel fort. Als Wolf und die Zweite sich trennten und noch heftig nach Atem rangen, lag sie bereits neben ihnen und forderte Gerechtigkeit. »Wir Geschwister haben immer alles gemeinsam gemacht und alles geteilt«, sprach sie zu dem erschöpft wirkenden Wolf. Ihm blieb nichts anderes übrig als auch bei ihr seinen Mann zu stehen.

Und so ging das fort. Kaum war er mit der einen fertig, so wollte die nächste bedient werden. Wundersamerweise passten die Geißlein, die Töchter der Witwe Geiß, ganz hervorragend mit dem jungen Herrn Bock vom Walde zusammen, wie sie immer wieder aufs Neue ausprobierten. Nur selten gönnten die lüsternen Weiblein dem von ihnen beanspruchten Wolf eine kleine Pause. Soviel muss aber gesagt werden: Er machte seinem Nachnamen alle Ehre und erwies sich als starker und geschickter Bock, sodass alle sechs Töchterchen der Familie Geiß, die sich am und im Bett versammelt hatten, auf ihre Kosten kamen. Allerdings musste sich die Sechste mit Unterstützung ihrer Schwestern ihren Teil mehr nehmen als dass er es ihr gab.

All das lustbetonte Ächzen und Stöhnen, Wimmern und Schreien, Getuschel und Geraschel konnte die Siebente in ihrem Versteck nicht mehr überhören, so sehr sie auch vor Furcht die Augen schloss und sich die Ohren zuhielt. Sie lugte eine Weile aus dem eine Spaltbreit geöffneten Uhrenkasten und begriff das erregende Spiel. Also stürzte sie, als die Sechste mit Wolf fertig war, mit den Worten »Jetzt bin aber ich dran!« zum Bett.

Da riss Wolf vor Schreck die Augen auf, sprang aus dem Bett und rannte husch husch zur Tür hinaus.

Kichernd sahen die Weiblein dem davoneilenden nackten Mann aus dem Fenster hinterher. Nur die Jüngste rief: »Und ich?«, und verdrückte eine Träne, als die anderen laut lachten.

Weit kam Wolf nicht. Entkräftet ließ er sich unter einer in der Nähe stehenden Eiche nieder und war fast im selben Moment eingeschlafen. Da nahmen die sieben jungen Weiblein aus Anstand seine Kleidung und legten sie neben ihn.

Wie sie so um ihn herumstanden und vergnügt betrachteten, begann die Älteste leise zu summen: »Der Wolf ist tot! Der Wolf ist tot!« Die anderen stimmten mit ein, bis sie immer lauter werdend den schlafenden Wolf umtanzten.

Danach liefen sie wieder in ihr Häuschen. Bald kam auch die Mutter aus der Stadt und als sie auf die Wiese vor ihrem Haus kam, so lag da der Wolf an dem Baum und schnarchte, dass die Äste zitterten. Sie betrachtete ihn von allen Seiten und sah, dass er nackend war. Ach Gott, dachte sie, was mag da mit meinen armen Kindern passiert sein?

Angstvollen Herzens lief sie zum Haus und war froh, alle ihre Geißlein gesund und munter anzutreffen. Die herzten ihre liebe Mutter und hüpften wie ein Schneider, der Hochzeit hält. »Was ist denn hier passiert?«

Worauf die Älteste erzählte: »Du hast Recht, liebe Mutter, dieser Frauenfänger Wolf ist echt böse. Er hat uns überlistet und ist ins Haus eingedrungen und wollte uns allen Gewalt antun. Aber wir haben das gemeinsam zu verhindern gewusst.« Da schaute Frau Geiß stolz von einer zur anderen Tochter und als sie an die jüngste kam, da nickte diese und sagte: »Ja, ich habe alles gesehen!« Mehr sagte sie nicht und dafür waren ihre großen Schwestern ihr immer dankbar.

Die sieben Töchter liefen noch einmal mit ihrer Mutter zu dem Schlafenden, riefen laut: »Der Wolf ist tot! Der Wolf ist tot!«, und tanzten vor Freude um ihn herum.

Da wachte er plötzlich schreckensbleich auf, schnappte sich seine Sachen und rannte fort. Er ward in der Gegend nie wieder gesehen.