Von Clara Sinn

Was sollte das? Abgekämpft, hungrig, zusammengesackt zu einem Häufchen Elend saß sie in ihrem Sitz, unfähig, die Augen offen zu halten. Noch zwei Stationen. Dann war sie zu Hause. Zwei Kreuzungen und zwei Etagen. Und dann nur noch aufs Sofa.

„… fährt ohne Halt durch bis Hürth-Kaltscheuren.“ 

Mal wieder Bombendrohung? 

„… stehen für Sie Ersatzbusse bereit …“

Sie ließ los. Sie lebte. In einem geordneten Land. Einer verlässlichen Bürokratie. Da war für alles ein festgelegter Ablauf, eine Vertretungsregelung, ein Notfallplan da. Wie sie je auf ihr Sofa gelangte? Zu müde, es sich auch nur auszudenk… 

Irgendwie träumte ihr von der Höllenfahrt dieser entfesselten und durch tiefer und tiefer glühendere Erdschichten direkt zum Mittelpunkt aus brodelnder Lava rasenden Bahn, immer heißer belagerten sie zunehmend verätzende Gedanken an seelischen Missbrauch durch die Mutter, wie schon durch deren Mutter, es nahm kein Ende … keine Luft … da schreckte sie auf, das halbe Gesicht hinabgerutscht in den dicken Schal, fand sich um Längen übers Ziel

„… Gefahr weiträumig umfahren …“

hinaus. 

Die Blaupause! 

Sich von der ganzen Familiengeschichte ausspeien zu lassen auf friedliches Land: Als ob sie ein vormals gierig verschlingender Schlund heraufgespuckt hätte auf die Füße, stand sie knallhart in einem brutal chaotischen Leben – endlich entbunden. 

Weise Mutter. Ihrer selbst. Geworden. Auf einen ziemlich groben Schlag.

Die sich an jedwedem Gehabe der Vorgenerationen nicht mehr störte. Sich nicht mehr mit Schuldzuweisungen bis ins x-te Glied belastete. Ermüdete. Bis zum Fertigsein. 

Es reichte. 

Wenn sie ihr eigenes Leben befreit führte. Beschwingt 

den Ersatzbus bestieg, frisch belebt 

die Treppen emporlief. 

Zum Sofa. Zwischen lauter Verwesungsstapeln alter Zeitungen, Zeitschriften. Allerhand Artikeln. Halb angefangenen Abheftordnern. Aber 

mit kuscheligem Angorawollplaid. 

Und ihrer treuen teuren 


Katze.