Von Franck Sezelli

Es war einmal, da lebte in einem Dorf ein stattlicher junger Bursche, der hieß Martin. Er war überall gern gesehen, weil er zupacken konnte und alle Arbeit gut verrichtete.

Martin war auch sonst recht tüchtig und im Dorf hinter allen Röcken her. Das war auch nicht verwunderlich, hatten doch alle Maiden ein Auge auf ihn geworfen. Viele zeigten ihm freigiebig ihr Honigtöpfchen, wovon er liebend gern naschte und nicht nur seine Finger hineinstupste. In den Winternächten wärmte er manches Bett, sodass die Dirnen in den kalten Kammern nicht frieren mussten. Im Sommer wusste er um versteckte kleine Gärtchen, die er bestellen und düngen durfte.

Nur eine Jungfer hielt ihm stand, obwohl er sie schon lange umwarb. Es war Marie, die Stieftochter einer Witwe, die war schön und fleißig. Das arme Ding musste sich täglich an den Brunnen setzen, und so viel spinnen, dass ihm das Blut aus den Fingern sprang. Oft stand Martin dabei und flüsterte Marie allerlei Löbliches ins Ohr und versprach ihr das Glück auf Erden.

 Nun trug es sich zu, dass ihr die Spindel in den Brunnen fiel, als sie das Blut abwaschen wollte. Die Stiefmutter, der Marie das Unglück beichtete, war so unbarmherzig, dass sie sprach: »Hast du die Spule hinunterfallen lassen, so hol sie auch wieder heraus!«

Da ging das Mädchen zum Brunnen zurück und weinte bitterlich. Das tat Martin so leid, dass er mutig in den Brunnen sprang, um die Spindel für Marie herauszuholen.

Er verlor die Besinnung, und als er wieder zu sich kam, war er auf einer schönen Wiese, über der sich ein bunter Regenbogen spannte. An dessen Ende stand in der Ferne ein Haus.

Ganz nah aber hörte Martin rufen: »Ach, zieh mich raus, zieh mich raus, sonst verbrenn’ ich.« Es war das Brot in einem Backofen, das da rief. Schnell holte er mit dem Brotschieber alles nacheinander heraus.

Da trat hinter einem Busch ein wunderschönes Mädchen mit langen braunen Haaren hervor, das lobte ihn für seinen Fleiß und gab ihm einen Kuss. »Offenbar kannst du mit Hitze gut umgehen. So fühle mal, wie heiß ich hier bin …« Die Maid nahm seine Hand und legte sie in ihren Schoß. »Ob dir wohl zu dieser Glut etwas einfällt?« Darob fiel Martin schon ein, was zu tun sei. Er schürte das Feuer weiter, bis beide gemeinsam von der Hitze verschlungen wurden und atemlos innehielten. Zum Abschied rief das Mädchen ihm nach: »Bis bald mal wieder!«

Frohgelaunt ging er weiter in Richtung des Regenbogens und kam zu einem Apfelbaum, der rief: »Ach schüttel mich, schüttel mich, wir Äpfel sind alle miteinander reif.« Das tat er, bis die Äpfel alle herunterfielen. Er sammelte sie auf einen Haufen und wollte weitergehen, da trat ihm ein schönes Mädchen entgegen. Die blonden Haare der Maid fielen von den Schultern herab auf ihre runden Brüste. Martin glaubte zu träumen, als sie die Haare beiseite schob und sprach: »Du warst so fleißig, schöner junger Mann, möchtest du dafür von meinen Äpfelchen kosten?« Sie hielt ihm keck ihre Brüste entgegen, die von süßen Himbeeren gekrönt schienen. Das ließ sich Martin gern gefallen, naschte an den Himbeeren, streichelte die runden Äpfelchen und küsste die Maid auf ihre vollen roten Lippen. Bald darauf zeigte sie ihm noch ihr reifes Pfläumchen. Auch damit wusste Martin gut umzugehen. Zum Abschied rief sie ihm hinterher: »Bis bald mal wieder!«

Endlich kam er an das Haus am Ende des Regenbogens. Aus der Türe trat eine stolze Frau von großer Wohlgestalt, die ihm zurief: »Hab keine Angst, kräftiger Bursche! Bleib bei mir, wenn du alle Arbeit im Hause ordentlich tun willst, so soll dir’s gut gehn.«

Da willigte Martin gern ein. Die Frau klatschte in die Hände und rief laut: »Ihr Lieben, kommt und begrüßt unseren neuen Knecht!«

Dem Ruf folgte eine Schar junger Mägde, eine schöner und anmutiger als die andere und umringten den erstaunten Burschen. Sie trugen nur kurze Röckchen, jedes in einer anderen Farbe. Martins Blick glitt erfreut über ihre nackten Brüste, die sie nicht vor ihm verbargen. Er erkannte auch das Brot- und das Apfelmädchen, die ihm zuzwinkerten.

»Sieh her, Martin!«, sprach die Frau: »Ich bin die Frau Holle und das sind meine sieben fleißigen Mägde. Willst du mit ihnen arbeiten und überall deinen Mann stehen, wo du verlangt wirst?«

»Oh ja, das möchte ich gerne!«, antwortete der überraschte Bursche und schaute voller Freude im Kreis herum.

Frau Holle sprach weiter: »Wir hoffen, dass du dich auch fürderhin als tüchtiger Kerl erweist. Du hast meine Proben auf dem Weg hierher bereits glänzend bestanden.«

Sie gab ihm einen blauen Schurz aus wertvoller Seide. »Das wird dir Kleidung genug sein, bei uns ist es warm und meine Maiden tragen auch kaum mehr auf dem Leib«, beruhigte Frau Holle den etwas unsicher gewordenen Burschen. 

So verbrachte Martin den ersten Tag bei Frau Holle mit gemeinsamer Arbeit in Haus und Garten. Es bereitete ihm viel Vergnügen, mit den hübschen Mägden zusammenzusein. Allein ihr Anblick war ihm eine große Freude. Die fleißigen Mädchen scharten sich um ihn und wie unabsichtlich kam es immer wieder zu zarten Berührungen. Ihre Augen erfreuten sich an seinem kräftigen Körper, seiner glatten Haut und dem Spiel seiner Muskeln. Unter dem erregenden Eindruck der Schönheit der Mädchen und zu deren Erbauung erhob sich ab und zu der leichte Seidenschurz des tüchtigen Kerls.

Des Abends fragte Martin seine neue Herrin, wo er sich zur Nacht niederlegen könne. »Oh, mein lieber Martin«, antwortete schmunzelnd die kluge Frau Holle, »wir haben keine extra Kammer für dich, aber die sieben Betten meiner Mägde sind alle breit genug, sodass sich wohl in jeder Nacht ein Platz für dich finden wird.« So geschah es dann. Jede Nacht lud ihn eine andere Maid ein, mit ihr das Bett zu teilen.

Auch am Tage bei der gemeinsamen Arbeit war Martin stets tüchtig und stand seinen Mann, wann immer nach ihm verlangt ward. Im Garten spielten die Mägde gern Fangen und Verstecken mit ihm. Sie wussten sehr genau, was sie fangen und wo verstecken wollten. Es gab unter den liebreizenden Helferinnen der Frau Holle auch Meisterinnen des Flötenspiels, die Martin in besonderer Weise entzückten.

Es mochte wohl schon wieder Winter sein, als Frau Holle ihn zu sich rief: »Komm mit und hilf mir die Betten zu machen. Wenn wir sie fleißig aufschütteln, dass die Federn fliegen, dann schneit es in der Welt.«

Er folgte seiner schönen Herrin ins Schlafzimmer, wo sie das große Federbett nahm und sich aus dem offenen Fenster lehnte. Frau Holle drehte sich zu Martin um und sagte: »Komm, schau mir über die Schulter, damit du siehst, wie man die Betten ausschütteln muss!« Also lehnte sich Martin über den Rücken der Frau und sah nun Wange an Wange mit ihr aus dem Fenster. Ihr weicher Po reizte ihn auf besondere Weise, worauf die gute Frau sprach: »Stört dich der Rock, lieber Martin, so hebe ihn doch einfach hoch!« Der Bursche glaubte seinen Ohren nicht zu trauen, doch befolgte er brav den Rat seiner liebenswerten Herrin. Er schmiegte sich ganz eng an sie und bewegte sich, seiner Natur folgend. So wurde sie und mit ihr das Bett gewaltig geschüttelt, auf dass die Federn wie Schneeflocken umherflogen. Das war ganz nach dem Gefallen der Frau Holle.

So musste Martin ihr nun beim Bettenmachen oft zur Seite oder besser fest hinter ihr stehen. Er besorgte auch alles nach ihrer Zufriedenheit, dafür hatte er ein gut Leben bei ihr und wurde nach Herzenslust von ihr und ihren Mägden verwöhnt.

Nach einer langen Zeit erfasste ihn trotz aller vergnüglichen Kurzweil ein großes Heimweh. Er hatte ein Verlangen nach seinem Dorf, vor allem zu Marie am Brunnen, wegen der er hierher gelangt war.

Endlich fasste er Mut und sprach davon zu seiner so gutherzigen Dienstherrin. Sie antwortete: »Einerseits will mir und meinen Mägden das gar nicht gefallen. Andererseits zeigt es, dass du ein treues Herz hast, wenn du wieder nach Haus verlangst.«

Als Frau Holle den Mädchen von Martins Sehnsucht nach dem Heimatdorf und seinem Entschluss zur Rückkehr erzählte, hub ein großes Jammern und Klagen an. Die Maiden beschworen ihn, doch bei ihnen zu bleiben. Allerdings blieb sein Wille eisern, auch wenn es ihm schwerfiel.

»Weil du mir so treu gedient hast und meinen Mädchen eine große Freude warst, so will ich dich selbst wieder hinaufbringen«, sprach darauf Frau Holle. Sie gab ihm die Spule wieder, die in den Brunnen gefallen war, ließ ihn seine Kleidung antun und führte ihn in Begleitung der schluchzenden Mädchen vor ein schillerndes Regenbogentor. Das ging auf, und wie der Bursche gerade darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen, und alles Gold blieb an ihm hängen, sodass er über und über davon bedeckt war.

Frau Holle aber sprach: »Das sollst du haben, weil du so fleißig gewesen bist und tüchtig immer deinen Mann gestanden hast.« Die Mädchen winkten ihm mit tränennassen Gesichtern und riefen mit erstickten Stimmen: »Lebewohl!«

Dann fiel das Tor zu und der Bursche stand oben auf der Welt. Er lief schnurstracks in sein Dorf, wo ihn ein unbändiges Verlangen zum Brunnen führte. Als er dort aber Marie nicht fand, lief er in den Hof ihrer Stiefmutter. Hier saß der Hahn auf der Mauer und rief: »Kikeriki, der goldene Martin ist wieder hie!«

Da kamen Marie und ihre Mutter voll Erstaunen aus dem Haus. Marie fiel dem Burschen um den Hals, hatte sie sich doch auch nach ihm verzehrt und ihn tot geglaubt. Martin gab Marie ihre Spindel zurück, die ganz vergoldet war. Weil er doch so mit Gold bedeckt ankam, ward er auch von der Mutter gut aufgenommen. Er erzählte, was ihm begegnet und wie er zu dem großen Reichtum gekommen war, wobei er manches, was ihm gegenüber den Frauen nicht so wichtig dünkte, der Einfachheit halber wegließ.

Martin hielt um die Hand von Marie an, welche Bitte ihm nur zu gern gewährt wurde. Bald wurde das Hochzeitsfest mit dem ganzen Dorf gefeiert. Dabei machte die Frage unter den Dorfleuten die Runde, ob denn auch des tüchtigen Burschen ganz eigene Spindel vergoldet sei. Das aber wissen nur die Brautleute Marie und Martin ganz allein.