Von Michael Pick

Für mich scheint die Sonne nimmer.

Keine Chance auf einen Regenbogen.

Obgleich ich am Meer wohne, nur drei Schritte von der Stelle, an der kühles Nass meine Zehen umspült.

Du hast immer die Sonne hinter den Wolken gesehen. Wenn das Leben auch geregnet hat. Bist auf jeden Regenbogen gesprungen.

Als du hier warst, habe ich Hunderte von ihnen gesehen. Dort, zwischen Himmel und Erde, wo sie geboren werden. Dort, wo eine dunkelblaue Linie den Horizont zeichnet. Wenn ein Regenbogen auf die Welt kommt, singt die Sonne im Takt des Regens einen Tango.

Ich lasse meine nackten Zehen vom Wasser umspülen und suche nach dem Regenbogen.

Jenen Einem, der mich mitnimmt.

Ich habe es ohne Regenbogen versucht. Hunderte Male daran gescheitert, das Ende zu erlangen.

Am Ende eines Regenbogens verschwinden Raum und Zeit zu einem strahlenden Weiß. Löscht die Erinnerung Tag für Tag rückwärts – die Neueste zuerst. Am Ende des Regenbogens bin ich allein.

Ich träume davon, auf diesem letzten Regenbogen zu reiten. Dann kann ich ihn plötzlich hören – unseren Tango. Dann existiert nur dieser Tango auf dem Regenbogen. Und ich. Wenn ich diesen Tango höre, dort oben auf dem Regenbogen. Dann schließe ich die Augen.

Dann nimmst du mich in den Arm. Wir tanzen diesen Tango. Spüre deinen Atem auf meiner Haut. Wenn wir diesen Tango hören, dann endet der Regenbogen in strahlendem Weiß.

Ich stehe am Strand. Drei Schritte von der Stelle entfernt, an der kühles Nass meine Zehen umspült. Ich warte auf ihn. Den letzten Regenbogen. Auch wenn ich die Sonne nimmer sehe. Dann summe ich sie im Takt des Regens; die Melodie von unserem Tango.

 

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