Von Ernad Bradaric

Da draußen, da ist eine Reflexion, weit draußen und abgeschlagen von all dem hier, von dieser hölzernen Hütte, ein Dach, auf dem der Efeu wächst. Das dunkelgrüne Wunder ist nicht besonders gewachsen, die Hütte an sich ist klein. Ist es eine Einbildung oder ist es wirklich ein Teich, irgendwo in der Ferne. In der Distanz Wahrheiten suchen, so einfach stellt man es sich vor. Irgendwo ein glitzerndes Gewässer finden und es für echt halten, das geht nicht, nicht mehr. Ich habe es versucht, ich bin in das Innere gegangen, in mir eingekehrt, aber da draußen, da ist so viel Lärm, der alles verwischt. Und in den Schlieren dieses verregneten Glases, da habe ich auch gesucht, förmlich umgegraben; immer noch nichts. Die Kanten, die sind zu weit auseinander, ich kann nicht drumherum schauen, die wissen, wie man das verhindert. Der Staub sammelt sich schon seit Monaten, Jahren auf dieser unwissenden Platte an, Schicht um Schicht vereint sich, um zu einem großen Ganzen zu vereinen, wie gewollt, sie müssen, etwas ganz vom Inneren treibt sie an. Und da ist es wieder: Das ganz persönliche Innere, die private Welt, individuelle Gedanken. Gegen Staub, da hilft doch Wasser, vielleicht noch ein Fetzen, ein Stück Textil. Einfach wegwischen, wie neu dastehen lassen. Wasser reinigt und hilft, lässt dich nicht austrocknen, es muss nur sauber sein. Halbwegs. Also: Die Vereinigung von Lappen, Wasser und Schmutz auf Glas und der Staub muss weichen und alles wird plötzlich viel klarer, eine Sicht, man stellt es wieder auf- diese Platte-und plötzlich ist das alles keine Reflexion, keine Einbildung, es ist wirklich da und es bleibt jetzt.

 

Da draußen, da ist ein Spiegel, ganz weit abgeschlagen da draußen, irgendwo im Nebel wurde er aufgestellt. Ich sehe das von dieser kleinen grauen Hütte hier, ein hoher Spiegel, der aber schon weitgehend seinen Glanz verloren hat. Eine Erscheinung wie keine andere, wenn draußen, weit draußen etwas passiert, etwas Neues und man selber nur vom Holztisch beobachtet und wartet. Man sieht an diesem Morgen so wenig, der Nebel ist dicht, aber man hört den alten Fischer von der anderen Seite noch leise sein Lied pfeifen. Jeden Morgen dasselbe abspulen, von vorne und immer wiederholen, stetiges Nochmalmachen, es muss auch keinen Erfolg versprechen. Wo wären wir, wenn wir unsere Gewohnheiten abstellten?

Den gelben Hut, den hat er schon längst verkaufen lassen, abnehmen lassen, ohne Rebellion. Dabei hat er ihn doch so gut vor Regen geschützt. Manchmal muss man weiter, auch wenn man was verloren hat auf den Weg dahin; jetzt kann sich der Nebel nicht mehr verdichten, die Sonne muss doch irgendwann scheinen, die Pflanzen Konferenz abhalten, Neuigkeiten müssen durch das Dorf getragen werden, viele Nachrichten an diesem Morgen. Also macht der Nebel Platz für alles Kommende, jeden Morgen, manchmal will man es gar nicht glauben, aber dann ist das nun mal so. Jetzt schluckt man erstmal, und die Sonne steigt empor, bahnt sich ihren Weg, ist jetzt ganz oben und man schwitzt und verspürt Durst. Tropfen für Tropfen. Durst lässt dich Austrocknen, Durst will dir bei deinen Problemen nicht behilflich sein. Kannst du jetzt noch schwitzen? Am Ufer, da wo der Fischer seine Gassenhauer summt, da kann dir noch geholfen werden. Wasser hilft, Wasser ist der Feind von Durst. Und man rennt, während man hofft, sich doch nichts eingebildet zu haben, da drinnen in seiner Hütte, weiß gestrichen, ist jetzt übrigens neu. Wer Zeit für viele und für neue Gedanken hat, der ist noch nicht durstig, sagt man hier. Also verbleibt man und trocknet aus, und der Abend kehrt ein, der milde Abend und man trinkt wieder, man sauft. Und die Sonne, sie will wieder entschwinden, auf das nächste Mal warten, sich selber irgendwo anders einsetzen. Da draußen, da ist er immer noch, der Spiegel, in der Abenddämmerung nimmt er immer an Größe zu. Das macht mir Angst. Ein Feldhase setzt sich nun vor dem Spiegel, er ist neugierig, er beschnuppert das ausgenutzte Glas, den Rahmen mit diesen Einkerbungen, er rennt schließlich wieder weg, auf ein anderes Feld. Suchen. Ich will nichts weiter als immer weiter suchen. Es braucht nicht mehr als eine Einbildung, im Spiegel, im Traum, das wächst schließlich zusammen. Danach sucht man. Man wird nicht fündig, keine Angst, man vollendet kein angefangenes Werk. Der Fischer macht es vor. Er pfeift ein Lied seiner Eingebung. Irgendwo irgendwann gehört. Vielleicht. Und stetig wiederholt, es ändert sich der Klang, es ändert sich die Melodie, nicht aber die Aufgabe. Der Fischer hat Recht. Er pfeift und summt unentwegt, er hat seinen Spiegel gefunden, er poliert unsauberes Glas immer wieder neu, und nie kann er die Einkerbungen am Rahmen verstecken.