Von Winfried Dittrich

»Hallo Schatz! Ich wollte mal hören, wie das Geschenk bei deinen Kollegen so ankommt, das ich dir ins Büro geschickt habe. Zensiert? Womit hat er denn mein Gemächt überklebt? Aha … Und? Was sagt dein Chef zu der Rose zwischen meinen Zähnen? Haha! Volltreffer!

Na ja, mein Tag läuft so mittelgut. Der Alte ist sauer auf mich. Irgendein Foto von mir, also von dem Kanzleishooting von neulich, ist im Internet auf so einer Fotoplattform aufgetaucht.

Ja, der steigert sich mal wieder in was rein.

Wo ich das Geschenk hab machen lassen? Ehh … Moment, Schatz, ich leg’ den Hörer mal zur Seite. Der Senior kommt gerade rein …«

 

»Hallo Herr Doktor Bauer!

Na klar, kein Problem. Ich habe jetzt Zeit für Sie.

Das Bild hat die Fotografin dort hochgeladen, um Lizenzen daran zu verkaufen. Ich hab’ sie vorhin angerufen und das aufgeklärt.

Haben Sie den Vertrag nicht gelesen, Herr Kollege? Sie haben ihn doch unterschrieben! Da steht doch eindeutig, dass die Fotografin nicht bestellte Aufnahmen für andere Zwecke verwenden darf, es sei denn, der Auftraggeber schließt das bei Einsichtnahme ausdrücklich aus. Die Fotografin verdient sich nebenbei noch den ein oder anderen Euro, indem sie den Ausschuss verkauft. Hätte ich das vorher gewusst, dann hätte ich die Aufnahme von der Regelung ausgeschlossen.

Ja, also, nachdem wir die Portraitaufnahmen für unsere Webseite und die neuen Visitenkarten angefertigt hatten, bat ich die Fotografin, noch weitere Aufnahmen von mir anzufertigen. So kam es zu den Aufnahmen.

Ich wollte meiner Frau zum Hochzeitstag ein neues Foto für ihren Schreibtisch schenken. Ihre Kollegen finden ständig fadenscheinige Ausreden, um ihr etwas am Computer zu erläutern und deswegen hinter ihren Schreibtisch zu kommen. Aber eigentlich sehen sie sich dann unsere Familienfotos an.

 Letztendlich hat sich ergeben, dass meine Schwägerin – die war ihnen ja zu teuer – ein noch etwas ausgefalleneres Bild von mir machen konnte. Darum habe ich dieses hier nicht genommen.

Haben Sie sich nicht auch mit ihrem frischpolierten Altauto für Ihre Verkaufsanzeige ablichten lassen? Ich hätte meine Aufnahmen natürlich selbst bezahlt! Was glauben Sie denn? Dass ich das auf Kosten der Partnerschaft gemacht hätte?

Ach, Quatsch. Auf Kosten der Partnerschaft? Machen Sie sich nicht lächerlich! Ich weiß, unsere Profession lebt von Seriosität, Sachlichkeit und Kompetenz. Aber darf man nicht auch mal lachen? Wie sind Sie überhaupt auf das Bild aufmerksam geworden?

Oh, wirklich? Hmm … Das ist ja nicht so gut … Komplett entzogen? … Wirklich alle Fälle? Oh … Spaß verstehen die aber auch nicht. Gut, das mit dem Berliner Ballen auf dem Foto beißt sich ein bisschen mit der Vertretung Ihres Zuckerfreiprodukteherstellers.

Mein Mittelfinger ist gegenüber den anderen Fingern doch nicht deutlich angehoben! Jetzt bilden Sie und Ihr ehemaliger Mandant sich aber etwas ein. So esse ich einfach. Das ist kein erhobener Mittelfinger, also wirklich! Hätte ich lieber den kleinen Finger abspreizen sollen?

Nein, Herr Dr. Bauer, die Marmelade auf der Krawatte ist keine verborgene Beleidigung. Das ist abwegig!

Ja, ich weiß, diese Krawatten haben wir von dem Textilfabrikanten, den der Kollege Müller vertritt, zu Weihnachten bekommen. Ich wollte meiner Frau damit lediglich signalisieren, dass ich sie ausrangieren werde. Also, die Krawatte. Also, meine Frau kann diese Krawatte nicht leiden. Ehh …

Na ja. Nein. Das finde ich natürlich nicht lustig! Aber Lustig finde ich, dass Sie, Herr Kollege, diese Klausel von der Fotografin nicht gesehen und uns darüber informiert haben. Wann haben Sie den Vertrag nochmal unterschrieben? Ach ja, am neunten November. Da haben Sie doch ihren neuen Neun-Elfer abgeholt. Kein Wunder, dass Sie da in Gedanken woanders waren. Wahrscheinlich schon bei dem Sportauspuff, den Sie zum Abschalten von laut auf ganz laut schalten können. Im Alter wird man ja schwerhörig.

Ok, wir wollen nicht persönlich werden. Ich werde die Fotografin bitten, das Foto von der Plattform wieder löschen zu lassen. Sie wird sich sicherlich nicht mit der Nummer-Eins-Kanzlei am Platz im Urheberrecht anlegen.

Nein, Herr Kollege, ich bin nicht sarkastisch.

Machen Sie sich keine Sorgen. Das Foto ist bestimmt noch nicht verkauft worden. Und, falls doch, dann wird daraus schon keine große Sache werden. Allenfalls wird das irgendein Scherzkeks auf seiner Webseite verwenden. Das können wir für ein paar Euro abkaufen und löschen lassen.

Ach, hören Sie auf, Herr Kollege, so ein Foto druckt doch niemand in einem Buch ab! Dieses Bild? Schnappen Sie mal nicht über …«

 

»Du, Schatz, das wollte ich dir ja eigentlich vorher noch gesagt haben, dass ich dieses Shooting letzte Woche mit deiner Schwester gemacht habe. Die Rose habe ich bei ihr vergessen. Bleibt doch in der Familie, Schatz.

Hallo? Schatz? Bist du noch dran?«

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